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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Skepsis. »Das verstehe ich nicht. Was soll denn mit dem Geld geschehen?«
    »Ich möchte es auf einen anderen Namen deponieren, wenn das möglich ist.«
    »Ach so, das geht selbstverständlich. Auf welchen Namen bitte?«
    Katoen nannte den Namen von Joris Kampens Witwe.
    Als er zu dem Hinterhaus im Jordaan kam, waren die beiden Kinder in der Schule. Noortje war trotzdem nicht allein, ein paar Nachbarn kümmerten sich um sie und hielten mit ihr zusammen die Totenwache. In dem kleinen Zimmer, in dem Joris Kampen aufgebahrt war, schliefen sonst die Kinder.
    Der offene Sarg war vollkommen schmucklos und mutete an wie eine grob zusammengezimmerte Kiste. Er mußte sehr billig gewesen sein oder hatte vielleicht auch gar nichts gekostet, falls einer der Nachbarn selbst Hand angelegt hatte. In den ärmeren Gegenden Amsterdams war es üblich, daß Nachbarschaftsvereine sich allein für den Fall bildeten, daß jemand einen Angehörigen verlor. Eine Bestattung und alles, was damit zusammenhing, war sonst oft kaum zu bewältigen.
    Der Tote lag mit den Füßen in Richtung Tür, wie es sich gehörte, war er doch in Erfüllung seiner Pflicht gestorben. Nur Verbrecher und Selbstmörder wurden mit dem Kopf zur Tür aufgebahrt und mit dem Kopf voran zu Grabe getragen. Joris hatte seine besten Kleider an und sah aus, als ob er schliefe. Ganz friedlich.
    Viel zu friedlich, wenn man bedenkt, wie er gestorben ist, dachte Katoen. Es war ein böser Tod gewesen, ein unnötiger Tod, und Katoen fragte sich zum wiederholten Mal, ob er sich etwas vorzuwerfen hatte. Auch wenn ihn keine unmittelbare Schuld traf, er, konnte sich von einer Mitverantwortung nicht freisprechen. Gerade weil Joris Kampen sein Büttel gewesen war.
    Er spürte Noortjes Blick, der unverwandt auf ihm ruhte. Es lag keine Anklage darin, und dafür war er dankbar. Vielmehr war es ein fragender Blick. Er enthielt die Frage nach dem Warum, aber auch noch mehr.
    Noortje führte ihn in das enge, überladen wirkende Wohnzimmer und bot ihm Bier und Kuchen an, wie es sich bei einem Totenbesuch gehörte. Er griff zu, auch wenn er weder Durst noch Hunger verspürte, Appetit schon gar nicht. Aber er wollte die Frau auf keinen Fall kränken.
    Bevor er sich an den Tisch setzte, überreichte er ihr das von dem Bankkontoristen ausgestellte Dokument, das sie zur Besitzerin von fünfhundertvierzig Gulden erklärte. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie das überhaupt begriff. Fünfhundertvierzig Gulden! Eine solche Summe hatte sie nie besessen, und sie hatte auch nie ernsthaft daran denken können, jemals über einen solchen Betrag zu verfügen.
    »Das hört sich jetzt sehr viel an«, sagte Katoen. »Trotzdem solltet Ihr sparsam damit umgehen, Noortje. Es soll Euch und Euren Kindern die Zukunft sichern. Schickt die Kinder auf gute Schulen, das ist wichtig!«
    »Ja, das hätte Joris auch gewollt. Aber woher stammt das Geld?«
    »Es ist die Belohnung dafür, daß wir eine Diebesbande festgesetzt haben«, sagte er, wie er es sich für diese Begegnung zurechtgelegt hatte, Wahrheit hin oder her. »Euer Joris hatte einen guten Anteil an den Ermittlungen, deshalb gebührt Euch das Geld.«
    »Joris war ein guter Büttel, nicht wahr?«
    »Der beste, den ich mir wünschen konnte.«
    »Danke«, sagte Noortje, und Tränen schossen ihr in die Augen. Sie wandte sich ab.
    Katoen setzte sich und aß gehorsam den schon etwas trockenen Kuchen, den er mit dem Bier, das sehr gut schmeckte, herunterspülte. Erst als er mit seiner kleinen Mahlzeit fertig war, sah er wieder zu Noortje hinüber. Sie hatte ihre Tränen getrocknet, und ihr Blick schien schon seit geraumer Zeit auf ihm zu ruhen. Es war derselbe Blick, den er schon im Totenzimmer gespürt hatte und der ihm unangenehm war.
    Und dann sprach Noortje die Frage, die in ihrem Blick lag, endlich aus: »Werdet Ihr Joris’ Mörder finden, Mijnheer Katoen?«
    »Das werde ich.«
    »Versprecht Ihr mir das?«
    Er holte tief Luft und sagte: »Ich verspreche es Euch, Noortje.«
    Es war nicht einmal ein erzwungenes Versprechen. Tief in seinem Innern wußte er, daß er gar nicht anders konnte, wollte er sich nicht um sein Seelenheil bringen. Er würde sich immer vorwerfen, Joris Kampen in den Tod geschickt und nichts getan zu haben, um seinen Tod zu sühnen.
    Ja, er würde den Tulpenmörder suchen und zur Strecke bringen, ganz gleich, ob als Amtsinspektor oder, wenn es nicht mehr innerhalb dieser Woche geschah, schlicht als Jeremias Katoen. Das Versprechen gab er nicht

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