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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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hielt das rechte Handgelenk des Gegners fest umklammert.
    Aber dann riß der sein Knie hoch und rammte es van Rosven in die linke Seite. Der Schmerz war unerwartet heftig, und für einen Augenblick ließen seine Kräfte nach. Das genügte dem Mörder, um ihn abzuschütteln.
    Taumelnd erhob der Unbekannte sich, und sein keuchender, rasselnder Atem zeigte van Rosven, daß der Kampf ihn deutlich mitgenommen hatte. Aber dasselbe galt auch für ihn. Noch immer schmerzte seine Seite, und seit dem Schlag mit der Laterne spürte er ein unangenehmes Pochen im Schädel, das ihn an den Rand der Übelkeit brachte.
    Er widerstand der Versuchung, sich auf der Stelle zu übergeben. Dazu blieb keine Zeit, wenn er die nächste Minute überleben wollte, denn schon wankte der Mörder, den todbringenden Degen in der Rechten, auf ihn zu.
    Van Rosven wollte aufstehen, um sich zu verteidigen, und da merkte er, daß der Kniestoß ihm mehr zugesetzt hatte als angenommen. Seine Bewegungen erschienen ihm unendlich langsam, und es kostete ihn schon Mühe, auch nur auf die Knie zu kommen. Niemals würde er sich ganz aufrichten können, bevor der Mörder, dessen starres Gesicht zu allem entschlossen wirkte, ihn erreicht hatte.
    Also faßte er einen anderen Plan. Zur Verwunderung seines Gegners ließ er sich wieder fallen und rollte sich über das Straßenpflaster, bis er den reglosen Büttel erreichte. Der hielt noch immer seine Doppelpistole in der Hand.
    Rasch griff van Rosven nach der Waffe und richtete sie auf den Mörder, der sich bereits über ihn beugte. Van Rosven sah die Degenklinge, die wie ein Blitzschlag auf ihn niederfuhr, und feuerte beide Pistolenläufe ab.
    Es war nicht nur die Nacht des Nebels, sondern tatsächlich auch die Nacht des Mörders!
    Dieser Gedanke durchfuhr Jeremias Katoen, als er die Detonation hörte. In seinen Ohren klang es wie ein Schuß. Oder wie zwei schnell aufeinanderfolgende Schüsse. Er besaß genügend Erfahrung mit Schußwaffen und dachte sofort an die Doppelpistolen, wie er selbst eine bei sich trug. An jeden Amtsinspektor und jeden Büttel, der an diesem Abend im Einsatz war, war eine solche Waffe ausgegeben worden. Und einer hatte soeben von ihr Gebrauch gemacht.
    Als Katoen aus seinem Versteck auf die Straße sprang, kam Nicolaas van der Zyl aus den Drei Tulpen und blickte ihn fragend an. »War das ein Schuß?«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Warum fürchten? Vielleicht hat einer unserer Männer soeben den Tulpenmörder zur Strecke gebracht!«
    Die Frage war berechtigt, aber Katoen konnte keine befriedigende Antwort geben. »Ich habe einfach ein ungutes Gefühl.«
    Der Amtsrichter bedachte ihn mit einem verwunderten Blick, bevor er fragte: »Von wo ist der Schuß gekommen?«
    Katoen zeigte in die Richtung, wo die Insel Marken hinter einer Nebelwand verborgen lag. »Von dort, glaube ich.«
    Seite an Seite liefen sie zu der Brücke, die hinüber auf die Insel führte, und trafen dabei auf mehrere Nachtwächter und zwei Büttel, darunter Jan Dekkert, der einen abgehetzten Eindruck machte.
    »Ich habe mich beeilt, als ich den Schuß hörte«, keuchte er. »Da drüben auf Marken haben wir Joris postiert.«
    »Ich weiß«, erwiderte Katoen und hastete, gefolgt von van der Zyl und den anderen, über die Brücke.
    Sie liefen die Straße entlang, die zum Haus der van Rosvens führte, bis eine Ansammlung von Menschen vor ihnen auftauchte.
    Mehrere Nachtwächter umringten zwei am Boden liegende Gestalten. Zwei Männer, und keiner von ihnen regte sich auch nur ein bißchen.
    Der eine war Joris Kampen. Seltsam krumm lag er da, auf der linken Seite, und sein starrer Blick ging ins Leere.
    Eine tiefe Wunde klaffte in seiner Brust, dicht unterhalb des Herzens, und neben seinem toten Leib bildete sich eine Blutlache.
    Van der Zyl sah Katoen an. »Das ist einer Eurer Büttel.«
    »Ja, Joris Kampen.«
    »Hm«, machte der Amtsrichter nur und wandte sich dem zweiten Mann zu, der auf dem Rücken lag. Er bot ein ähnliches Bild wie Kampen. Auch seine Brust war in der Herzgegend durchbohrt, und auch sein Blick war gebrochen. Neben seiner rechten Hand, die zur Faust geballt war, lag eine abgefeuerte Doppelpistole, wohl Kampens Dienstwaffe.
    »Sie werden doch nicht gegeneinander gekämpft haben«, brummte van der Zyl.
    »Kaum«, meinte Dekkert. »Ich sehe nämlich weder eine Stichwaffe noch eine Schußverletzung. Hier muß noch ein Dritter gewesen sein.«
    »Ja, der Tulpenmörder«, sagte Katoen, und seine Stimme klang in seinen

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