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Die Tulpe des Bösen

Die Tulpe des Bösen

Titel: Die Tulpe des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Kastner
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Holzpferd gespielt, das sich auf Rädern hin und her schieben läßt. Ich kam mir vor wie Odysseus im Bauch des Trojanischen Pferdes, als sei ich da, um aus heiterem Himmel Unheil und Schrecken zu verbreiten.« Er richtete sich auf, seine Gestalt straffte sich, und er zeigte mit dem Stiel seiner Pfeife auf Katoen. »Jeremias, Ihr müßt endlich etwas unternehmen, um den Tulpenmörder unschädlich zu machen! Ganz gleich, wie, aber handelt bald! Bringt mir den Mann in Fesseln oder gevierteilt, oder serviert mir meinetwegen bloß sein Haupt auf einem silbernen Tablett! Wir müssen ihn kriegen, schnell!«
    »Wenn ich ihn in dieser Woche nicht fasse, gebe ich den Fall ab«, sagte Katoen und erwiderte van der Zyls erwartungsvollen Blick. Er sah, daß diese Antwort dem Amtsrichter nicht genügte. »Ich werde dann selbstverständlich alle Verantwortung für das Versagen in diesem Fall auf mich nehmen.«
    Van der Zyl atmete kaum merklich auf und nahm einen Zug aus seiner Pfeife, bevor er sagte: »Gut, mein Lieber, Ihr seid ein Mann von Ehre, das habe ich schon immer gewußt. Mir scheint, Ihr verfolgt eine bestimmte Spur.«
    »Das schon, aber sie ist nicht bestimmt genug, um etwas darüber zu sagen. Noch nicht.«
    Katoen dachte an Joan Blaeu und die Kartenschnapper und fragte sich, ob ihn das überhaupt weiterbringen würde. Je länger sich diese Geschichte hinzog, desto mehr erhärtete sich sein Verdacht, daß er sich, was Blaeu betraf, in etwas verrannt hatte. Aber es war zu spät; er stand bei Blaeu im Wort, und er hatte Geld von ihm genommen. Ein Kaufmann, der Geld gab, erwartete eine Gegenleistung, immer.
    »Hat denn niemand den Mörder gestern auf der Insel Marken gesehen?« fragte der Amtsrichter.
    »Niemand, und bei dem Wetter ist das auch kein Wunder. Unsere Büttel sind von Haus zu Haus gegangen, haben an jede Tür geklopft, vergebens. Aber wer schaut auch aus dem Fenster, um den Nebel anzustarren? Den einzigen Hinweis, wenn man das so nennen kann, stellt eine Handlaterne dar, die in der Nähe von van Rosvens Haus auf der Straße gefunden wurde. Sie ist beschädigt, könnte bei einem Kampf kaputtgegangen sein. Rote Flecke am Rahmen der Laterne sehen aus wie Blut.«
    »Eine Handlaterne? Wie soll uns das weiterhelfen?«
    »Es ist genau so eine Laterne, wie die Nachtwächter sie benutzen. Aber keiner unserer Nachtwächter hat seine Laterne als vermißt oder beschädigt gemeldet.«
    Als van der Zyl begriff, was Katoens Worte bedeuteten, setzte er eine erstaunte Miene auf. »Wollt Ihr damit sagen, der Mörder ist einer unserer Leute, ein Nachtwächter? Das wäre nicht gut, das wäre gar nicht gut. Es würde das Vertrauen der Bürger in die Obrigkeit erschüttern, und gerade jetzt können wir das überhaupt nicht gebrauchen.«
    »Das muß es nicht bedeuten. Aber der Mörder könnte sich als Nachtwächter verkleidet haben, um sein Opfer in falscher Sicherheit zu wiegen und um nicht aufzufallen, wenn er einem unserer Männer begegnet. Das Blut an der Laterne könnte von Paulus van Rosven stammen, von seiner Kopfverletzung.«
    »Aber der Mörder wußte nicht, daß wir das Gebiet um die Jodenbreestraat überwachen.«
    »Da er gewiß nicht dumm ist, konnte er sich das denken. Und sollte er doch Nachtwächter sein, hat er es auch gewußt. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr spricht für diese Annahme. Wer kennt sich im nächtlichen Amsterdam besser aus als ein Nachtwächter? Er kann sich überall bewegen, ohne Verdacht zu erregen.«
    Der Amtsrichter legte seine Pfeife in eine flache Schale, faltete die Hände und rieb nervös die Daumen aneinander. »Ich weiß nur zu gut, daß unsere Nachtwächter keine Engel sind. Einige von ihnen stecken schon gern mal etwas ein, das ihnen nicht gehört, und wenn es zuviel wird, bekommen sie es mit mir zu tun. Aber diese Morde sind doch etwas ganz anderes! Traut Ihr das ernsthaft einem von diesen Männern zu?«
    »Was bleibt mir übrig? Solange der Mörder nicht gefaßt ist, kann jeder da draußen es sein.« Katoen wies auf die beiden Fenster in van der Zyls Rücken, durch die die umliegenden Häuser nur schemenhaft zu sehen waren.
    Van der Zyl nickte ihm ermutigend zu. »Ihr werdet ihn fassen, Jeremias, in den nächsten Tagen, da bin ich mir sicher. Ihr seid der rechte Mann, um die Schatten über Amsterdam zu vertreiben, das habt Ihr mehr als einmal bewiesen. Und wenn das alles überstanden ist, werde ich persönlich dafür sorgen, daß Catrijn sich mit Euch versöhnt. Ihr dürft

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