Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tunnel der Seele

Die Tunnel der Seele

Titel: Die Tunnel der Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
Vom Netzwerk:
irgendwo eine Dosis Koffein auftreiben kann. Willst du irgendetwas?«
    »Nein, danke.«
    Als Anna ins Zimmer zurückkam, sammelte Cris gerade ihre Skizzenblöcke zusammen. Auf dem Nachttisch stand eine Tasse mit dampfendem Kaffee. »Ich habe Jefferson Spence getroffen. Du weißt schon, den fetten Schriftsteller. Es ist irgendwie cool, mit richtig berühmten Leuten hier zu wohnen.«
    Anna zuckte mit den Schultern. »Wir haben sein
Die Jahreszeiten des Schlafes
in Amerikanischer Literatur durchgenommen. Ehrlich gesagt, fand
ich
es todlangweilig.«
    »Er hat es hier geschrieben, im Herrenhaus. Angeblich schreibt er über echte Leute. Er ändert bloß die Namen, damit ihn niemand verklagen kann. Ob wir wohl in seinem nächsten Buch vorkommen?«
    Anna ging zu ihrer Kommode, um ein paar Kleidungsstücke herauszuholen. »Ich werde die Geister jagende Traumtänzerin mit der großen Nase sein und du bist—«
    »—die dumme Hausfrau, die nachts feuchte Träume bekommt.«
    »Bis auf dass es in dem Buch nicht ganz so unkompliziert wäre«, meinte Anna und schniefte theatralisch. »Du wärst die bebende Venus, die sich an die Bettlaken krallt, den Rücken zur dunklen Decke des Himmels gekrümmt, dem endlosen Dach der Ewigkeit, dem Gefängnis der Nacht, et cetera, et cetera.«
    Cris lachte so heftig, dass sie in ihren Kaffee prustete. Jemand klopfte an die Tür. Anna kreuzte die Arme vor der Brust, weil sie sich nicht sicher war, ob ihr Nachthemd vielleicht durchsichtig war. Zurzeit ging sie Spiegeln eher aus dem Weg.
    Cris legte anscheinend weniger Wert auf Anstand. Sie war in dem gelben Slip hinuntergegangen, den sie noch immer trug. »Herein«, rief sie. »Wir sind angezogen.«
    Miss Mamie trat ins Zimmer. Sie hatte die Hände zusammengefaltet und trug ein Lächeln im Gesicht, das aussah wie in Holz geschnitzt. »Haben die Damen gut geschlafen?«
    »Mehr oder weniger«, antwortete Cris. »Die Betten sind sehr bequem.«
    »Und Sie, Miss Galloway? Sie waren gestern noch spät unterwegs?« In den Augen der Hausherrin spiegelte sich das warme Flackern des Feuers.
    Wollte Miss Mamie sie tadeln oder einfach nur ein Gespräch anfangen? Die Gastgeberin wusste, dass Anna Parapsychologin war. Anna hatte keinen Grund gesehen, in ihrem Antrag für die Künstlerklausur zu lügen. Vielmehr hatte sie gelernt, einen starrsinnigen Stolz auf ihre Eigenheiten zu entwickeln.
    Darum sah sie auch jetzt keinen Grund, die Wahrheit zu verschweigen. »Ich bin spazieren gegangen«, sagte sie. »Auf dem Bergkamm, der in Richtung Osten führt.«
    »Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?« Die Herausforderung in Miss Mamies Stimme war unüberhörbar.
    »Nein.« Das war keine Lüge. Bis jetzt war sie sich noch nicht sicher, wonach sie suchte, mal abgesehen von ihrem eigenen Geist.
    »Vielleicht kommt es von allein zu Ihnen, Miss Galloway. Halten Sie Ihre Sinne offen.« Miss Mamie verzog die Lippen zu einem reptilienhaften Lächeln und schaute auf das Porträt von Ephram Korban.
    »Sie haben ein sehr seltsames Haus«, sagte Cris.
    »Das Haus gehört ihm«, erwiderte Miss Mamie und verbeugte sich leicht vor dem Gemälde. Sie berührte das Medaillon, das an der Perlenkette um ihren Hals hing. »Ich sorge nur dafür, dass das Feuer in den Kaminen nicht ausgeht.«
    Dann ließ sie die beiden allein, damit sie sich anziehen und über die Bedeutung des kryptischen Verhaltens der Gastgeberin spekulieren konnten.

18. KAPITEL
    »H ier entlang, Mr. Jackson.«
    Lilith lief die schmale Treppe hinunter. Mason verlagerte das zehn Kilogramm schwere Stück Rotahornholz in seinen Armen und folgte ihr. Die modrige, feuchte Luft haftete sich an seinem Gesicht fest. Er starrte hinunter in den dunklen Keller und prüfte bei jeder Stufe, ob sie auch richtig fest war, bevor er sein ganzes Gewicht auf ihr niederließ.
    Lilith wartete am Ende der Treppe, auf Schulterhöhe hielt sie eine Laterne. Als Mason endlich unten angekommen war, spähte er in die düsteren, sich immer wieder verändernden Schatten und versuchte, ein Gefühl für den Grundriss des Kellers zu bekommen. Hoch oben in den Wänden direkt über dem Boden befanden sich kleine Fenster, allerdings drang durch sie nur schwaches, gräuliches Sternenlicht. Der Geruch von getrockneter Fäulnis wies auf tiefer gehenden, älteren Verfall hin.
    Er stolperte und sein Werkzeugbeutel schlug gegen seine Hüfte. Dort, wo die Tasche auf der Schulter auflag, begann sich der Gurt in seine Haut hineinzubohren. Lilith führte

Weitere Kostenlose Bücher