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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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völlig zerwühlt, und seine Stirn fühlte sich heiß an, was sie in ihrer Vermutung bestärkte; er hatte Fieber.
    Durch die Berührung ihrer Hand, öffneten sich seine fiebrig glänzenden Augen und sahen sie teilnahmslos an. Seine trockenen Lippen bewegten sich, aber nur ein undeutliches Murmeln war zu hören. Doch Lena hatte schon viel zu oft am Krankenbett ihrer eigenen Familie zugebracht, als dass sie nicht gewusst hätte wonach er verlangte.
    Sie eilte in die Küche, bereitete einen Tee zu und während der noch etwas ziehen musste, suchte sie im Bad, wo sich ein kleiner Medikamentenschrank befand, nach einem Fieberthermometer. Sie konnte aber keines finden. Also ging sie mit dem frisch zubereiten Tee zu Knut zurück, um ihn beim Trinken behilflich zu sein. Gierig schlürfte er das gereichte Getränk, und verschluckte sich dabei so sehr, dass er heftig Husten musste und den Rest dabei verschüttete.
    Lena fragte leise: »Hast du nicht irgendwo ein Fieberthermometer?«
    Er hob langsam die Hand und zeigte in Richtung Kopfende.
    Ach ja, in dem offenen Fach, neben dem Radiowecker, da lag es in einer ovalen Kristallschale.
    »O je, fast neunundreißig Grad«, murmelte sie bekümmert, und etwas lauter fügte sie hinzu: »Das ist entschieden zu viel, da müssen wir sofort den Arzt benachrichtigen.«
    Die mühsame Handbewegung, mit der er ihr Ansinnen abzuwehren versuchte, war so kläglich, so hilflos, dass es sie schmerzlich berührte.
    Geräuschlos hantierte sie in der Wohnung herum, um die Sachen herbeizuholen, die zu seiner Versorgung notwendig waren. Behutsam zog sie ihn den schweißnassen Schlafanzug aus, um seinen Körper mit lauwarmen Wasser und einer duftenden Seife abzuwaschen, damit der penetrante Krankheitsgeruch, den sie schon damals bei ihren Kindern nicht ausstehen konnte, aus dem Zimmer verschwand. Erst als er angenehm duftend in seinem frisch bezogenen Bett lag und die fiebersenkenden Wadenwickel für eine entsprechende Linderung sorgte, verließ sie das Zimmer, um sich endlich selbst anzukleiden.
    Kaum war sie fertig, da läutete es an der Tür. Ein gedrungener kleiner Mann, mit geröteten Gesicht und Stirnglatze stand vor ihr und wischte sich keuchend den Schweiß von der Stirn. »Eine eklige Schwüle heute Morgen«, stöhnte er, während er Lena zum Schlafzimmer folgte.
    Nachdem der Arzt, Knut mit sachlich prüfenden Blick begrüßt hatte, fiel sein Blick auf das kleine Tischchen neben dem Bett des Kranken, auf dem säuberlich aufgereiht, die zur Betreuung und Untersuchung des Patienten, notwendigen Gegenstände bereitlagen. Er sah über den Brillenrand hinweg Lena fragend an. »Sie sind wohl Krankenschwester oder Pflegerin, wie?«
    »Nein, keines von beiden, ich bin nur zu Besuch hier«, antwortete sie schlicht.
    Der Mann lächelte freundlich, wobei sein sonst recht behäbig wirkendes Gesicht, eine plötzlich vertrauensvolle Lebhaftigkeit annahm, die gleichsam aufmunternd, ja belebend wirkte.
    Nach einer umfassenden, sehr gründlichen Untersuchung, sagte der Arzt zu Lena gewandt: »Herr Björnson muss umgehend stationär behandelt werden, um am Ende nicht noch eine Lungenentzündung zu riskieren.«
    Obwohl Lena sehr genau zugehört hatte, war es ihr im Augenblick unmöglich die volle Tragweite des eben Gesagten zu begreifen. Sie nickte zwar artig zu allem was der Arzt mit größter Sachlichkeit vortrug, jedoch ohne den Wortlaut richtig zu erfassen. Wie benommen, in völlig automatischen Bewegungen, tat sie alles was man von ihr verlangte, doch im Grunde ohne ihr eigenes Zutun.
    Mit einer direkt absonderlichen Ruhe packte sie Knuts Sachen für den Aufenthalt im Krankenhaus ein. Wobei sie einem inneren Zwang folgend, aller Augenblicke nach Knut sehen musste, obgleich sie genau wusste, dass die Spritze die er bekommen hatte, ihn längere Zeit schlafen ließ. Schließlich aber setzte sie sich an seinem Bett nieder und kühlte mit einem feuchten Tuch seine heiße Stirn. Die Lippen, die sie gestern Abend noch inbrünstig geküsst hatte, fühlten sich nun ausgetrocknet und spröde an.
    Plötzlich hörte sie, wie ein Wagen in der Einfahrt anhielt. Sie eilte zum Fenster. Es war der Krankenwagen. Und noch bevor die Klingel ertönen konnte, war sie bereits an der Tür und ließ die Männer mit der Trage eintreten. Was nun erfolgte, war so alltäglich und absonderlich zugleich, dass sie es kaum zur Kenntnis nahm. Wie lang sie danach noch an der offenen Tür gestanden hatte, um den längst aus ihren Augen

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