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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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die Augen, atmete mehrmals tief durch, und stand sofort auf. Sie trat an die weit geöffnete Balkontür, dehnte den Körper und atmete befreit auf. Und obwohl noch immer ein kleiner Rest Wehmut ihre zurückkehrende Zuversicht störte, setzte sich dennoch mehr und mehr die Freude am schönen Tag durch.
    Ihre Gedanken, allmählich von der animalischen Sehnsucht befreit, konnten sich nun ungehindert dem freudigen Ereignis, dem baldigen Krankenhausbesuch zuwenden. Denn als sie gestern, gegen Abend noch im Krankenhaus angerufen hatte, lautete bereits die erfreuliche Diagnose: Sein Kreislauf habe sich weitgehend stabilisiert – es gehe ihm den Umständen entsprechend recht gut. Und während Lena noch überlegte, ob sie nicht doch lieber, trotz morgendlicher Kühle, das Frühstück auf den Balkon einnehmen sollte, hörte sie Franziska rufen: »Guten Morgen, Lena, hätten Sie nicht Lust mit mir zu frühstücken? Alleine, das ist doch zu öd!«
    »Gern.«, erwiderte Lena knapp – obwohl sie viel lieber allein gewesen wäre. Andererseits, dachte sie beklommen, war es möglicherweise gar nicht so gut, zu lang alleine in diesen Wänden zu verweilen - das konnte höchstens den Abschied erschweren.
    Sie warf schnell noch im Vorübergehen einen prüfenden Blick in den Spiegel, dann ging sie zu Franziska hinunter.
    Die Tür zum Wohnzimmer stand weit offen, woraus ein aromatischer Kaffeeduft drang. Lena blieb an der Tür stehen und sah sich interessiert um. Ein feines Lächeln umspielte ihre Mundwinkel, als sie die auserlesene, geschmackvolle Einrichtung betrachtete. Hier regierte der uneingeschränkte Reichtum! Nichts, aber auch gar nichts, war dem Zufall überlassen, jedes einzelne Stück, selbst das Unscheinbarste, zeugte von einer absoluten Perfektion.
    »Kommen Sie doch!«, rief Franziska von der Terrasse aus.
    Der eisige Unmut, der Lena einen Augenblick lang angesichts dieses Wohlstandes überfallen hatte, verflüchtigte sich zusehends, als Franziska ihr in einem wadenlangen, zart roséfarbenen, sie weich umfließenden Kleid entgegentrat. Was für eine Frau! dachte sie voller Bewunderung. Was für eine vollendete Erscheinung! Und sie musste plötzlich neidlos erkennen, dass diese Umgebung, diese Eleganz, nur der rechte Rahmen für diese Frau darstellen konnte. Nur sie, die hochgewachsene, makellos schöne Frau, passte in dieses glanzvolle Szenarium aus Antike und Moderne. »Wenn es Ihnen vielleicht noch etwas zu kühl sein sollte, dann können wir auch im Zimmer sitzen«, unterbrach Franziska ihre Gedanken.
    »Nein, nein, die wenigen schönen Tage noch, die sollte man ausgiebig nutzen – es werden nicht mehr viele folgen.«
    »Möchten Sie Tee oder Kaffee?«, wollte Franziska wissen.
    »Kaffee, bitte.«
    Franziska schenkte den Kaffee ein. »Ich trinke morgens lieber Tee, der bekommt mir besser als Kaffee«, sagte sie, während sie Lena den warmen Toast reichte. »Sie haben sich doch gestern Abend noch nach Knuts Befinden erkundigt; und wie steht’s?«
    »Positiv! Erfreulich positiv sogar!« Lena streckte die Hand aus. »Könnte ich bitte etwas von dem Käse haben? süße Sachen sind mir am Morgen ein Gräuel.«
    »Wohl wegen der Figur, wie?«, lachte Franziska.
    »Übrigens«, sagte Lena, ohne auf Franziskas Anspielung einzugehen, »Dagmar hat gestern Abend angerufen. Sie hat sich angeboten, Knut nach der Entlassung aus dem Krankenhaus tatkräftig zu unterstützen.«
    »Ach ja …?«, tat Franziska überrascht. »Das wäre ja das erste Mal.«
    Darauf etwas zu erwidern, ließ Lena mit gutem Grund sein, da sie familiären Diskrepanzen nicht ausstehen konnte.
    Eine lockige Haarsträhne hatte sich aus dem im Nacken zusammengebundenen Haar gelöst und flatterte ihr in spielerischer Verwegenheit ins Gesicht. Von diesem störenden Spiel verärgert, öffnete sie kurzerhand das schmale Band im Nacken und legte ein zu ihrem Kleid passendes Stirnband um, welches die lockige Haarpracht nun endgültig aus ihrem Gesicht verbannte. Anschließend lehnte sie sich entspannt zurück und warf Lena unter halbgesenkten Lidern einen neugierigen Blick zu. »Sagen Sie mal, stimmt das, dass die Frau, die neulich Knut besucht hat, eine Freundin von Ihnen ist?«
    Lena lachte. »Wenn Sie Ruth meinen? Ja, das ist meine Freundin.«
    »Komisch«, zog Franziska die Stirn kraus, »und das lassen Sie so einfach geschehen.«
    »Was hätte ich denn dagegen tun sollen, schließlich wusste ich es nicht einmal«, bemerkte Lena ungezwungen.
    »Das versteh ich

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