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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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gepflegte, schlanke Hand entgegen. »Es war schön, dich einmal persönlich kennenzulernen, und ich darf doch hoffen, dass es recht bald mal wieder geschieht.« Und mit einem versteckten Schmunzeln. »Jetzt weiß ich auch, wieso gerade du der Lieblingssohn deiner Mutter bist.«
    Unter den leuchtenden Blick ihrer dunklen Augen und der unvergleichlichen Anmut ihres aufreizenden, formvollendeten Körpers, konnte er nicht verhindern, dass ein Schwall heiß aufwallender Blutstrom sein Herz schneller schlagen ließ; so dass er einen Augenblick lang größte Verlegenheit verspürte, und einer noch größeren Anstrengung bedurfte, um es ihr nicht merken zu lassen. Doch seine Hand, die er ihr zum Abschied entgegenstreckte, blieb zu seinem Erstaunen völlig ruhig. Sogar die Stimme, als er sagte: »Das freut mich ungemein, dass du mich, selbst als ein nur rein zufälliges Familienmitglied, wenigstens in etwa sympathisch findest«, wies keinerlei Schwankungen auf, höchstens etwas hohler klang, aber das war ohne Belang.
    »Du meinst wohl«, berührte sie mit der Fingerspitze zart seine Lippen, »trotz der erheblichen Zweifel an meinen Gefühlen für Uwe, nicht wahr?«
    »Ja – und nein«, bekannte er stockend. Seine beharrliche Beklommenheit begann ihn zu ärgern, und dennoch, ob er wollte oder nicht, er konnte den Blick nicht von ihr wenden – zu eindrucksvoll, zu reizend war sie anzusehen. Und das ausgerechnet alles für Uwe! dachte er mit komischen Entsetzen.
    »Was siehst du mich so seltsam an, ist an mir etwas nicht in Ordnung?«
    »Nein, nein, ich …«, unterbrach er sich.
    Sie drohte ihm lachend mit dem Finger. »Du vergisst, mein Lieber, dass du sehr leicht zu durchschauen bist.« Sie lachte volltönend, wobei eine Reihe sehr weißer, gleichmäßig gewachsener Zähne sichtbar wurde. Ihrer momentanen Wirkung voll bewusst, fasste sie mit der Hand unter sein Kinn und zwang ihn so, sie anzusehen. »Ich weiß was du eben gedacht hast – aber genau das ist unfair, weil alle so denken.«
    Knut zuckte die Schultern. »Wir werden ja sehen …«
    »Jane, jetzt komm endlich!«, hörten sie da Uwe ärgerlich rufen.
    »Also dann, alles Gute!«, küsste sie ihn zum Abschied herzlich auf die Wange und eilte davon.
    Vom Wagen aus winkte sie ihm noch einmal kurz zu, dann war das Auto auch schon hinter der hohen Hecke am Haus verschwunden. Und obwohl vom Auto längst nichts mehr zu sehen war, blickte er noch immer in besagte Richtung.
    »He, Knut, die flotte Deern hat dir wohl auch ganz schön das Hirn vernebelt?!«, rief Max mit aufdringlich lauten Gelächter.
    Dieses raue Lachen war es dann auch, was Knut ziemlich abrupt wachrüttelte. Fast hätte er über sich selbst gelacht, wenn da nicht tief innerlich, so ein stechender Schmerz von Sehnsucht gewesen wäre; jener Sehnsucht, die er in diesem Umfang bisher nicht kennengelernt hatte, oder sie auch nur nicht merken wollte. Dieser urplötzliche Drang nach Geborgenheit, nach einer harmonischen Zweisamkeit, verunsicherte ihn auf eine direkt belastende Art und Weise. Angefangen hatte diese Misere mit seiner Krankheit, seiner plötzlichen körperlichen Hilflosigkeit, gut, anfangs, da tolerierte er es als einen ganz normalen Zustand, doch jetzt, nach so vielen Wochen fortschreitender Genesung, fand er das Ganze irgendwie beängstigend. Vor allem, wenn auch nur noch gelegentlich, aber das allein war schon ausreichend genug, ihm eine heimtückische Müdigkeit heimsuchte. Nicht so sehr körperlicher, mehr seelischer Art. Seine ehemals ruhelose Vitalität, die seinen Körper stählte, begann sich mehr und mehr in eine unschöne Lustlosigkeit zu verwandeln. Besonders seine Unerschütterlichkeit, sein absoluter Gleichmut im Umgang mit den oftmals quälenden Widrigkeiten des täglichen Lebens, sowie der unumstößliche Hang zur vollkommenen Unabhängigkeit, samt seiner persönlichen Freiheit, gerieten zunehmend ins Wanken. Doch das konnte und wollte er nicht zulassen, und schon gar nicht seinem Bruder merken lassen. Nein, das ging nun doch zu weit, ging gegen seine Ehre.
    Daher winkte er, als Antwort auf die abfällige Bemerkung seines Bruders, nur lässig mit der Hand ab. Und ohne ihn noch weitere Beachtung zu schenken, schritt er schnurstracks auf das Haus zu, wo ihn Edda bereits an der Tür erwartete.
    »Gut, dass du kommst, Dagmar hat vor ungefähr einer halben Stunde angerufen – du sollst bitte zurückrufen.« Aber als Knut sich sofort zum Telefon begeben wollte, rief sie ihm hinterher:

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