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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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herausgehalten und dies gedachte er auch weiterhin so zu halten. Sich in irgendetwas einzumischen, oder gar Partei für die eine oder andere Sache zu ergreifen, fand er absolut überflüssig – stiftete höchstens eine heillose Verwirrung. Deshalb sagte er mit spürbarer Zurückhaltung: »Meine Meinung, Mutter, das weißt du sicherlich am besten, dürfte in dieser Runde wohl am wenigsten gefragt sein. Außerdem kann ich eine momentan gefasste Meinung, ohne die entsprechenden Grundlagen, sowieso nicht ausstehen. Denn ich kenne weder Uwe noch Lars näher, geschweige denn Jane und Carola, um mir eine halbwegs brauchbare Meinung bilden zu können.«
    »Oh, nein«, unterbrach sie ihn. »Das dürfte nicht in jedem Fall zutreffend sein, da bekanntlich der erste Eindruck sehr entscheidend sein kann.«
    »Sicherlich, das mag schon sein.« Doch er schüttelte energisch den Kopf. »Was aber den Irrtum garantiert nicht ausschließt.«
    »Ich sehe schon«, bekannte seine Mutter zögernd, »du hältst dich bedeckt, weil du niemanden zu nahe treten willst, zumal du als Gast nicht unhöflich erscheinen möchtest. Gut, das ehrt dich sogar. Doch eines steht fest, ich mag diese Jane, auch wenn sie im Augenblick ziemlich unausgegoren erscheint; sie ist ein überwiegend aufrechter Mensch, was heutzutage schon einen gewissen Wert darstellt. Nur, wie soll sich diese junge Frau an Uwes Seite bewähren können, wenn sie pausenlos auf die hinterhältigste Weise daran gehindert wird? Es mag ja sein, dass sie sich nur schwer in das traditionelle Bild einer hiesigen Bäuerin einordnen lässt, doch die Zeiten haben sich verändert, sehr sogar, und dem sollte man meiner Meinung nach Rechnung tragen; ob einem das nun passt oder nicht.«
    »Wie wahr, wie wahr«, nickte Knut. »Aber ob Jane tatsächlich zu Uwe passt, oder richtiger gesagt, ein dauerhaftes Zusammenleben der beiden möglich ist, bleibt dahingestellt. Ich zum Beispiel, hätte da große Zweifel. Mir mutet das alles, besonders im Bezug auf ihre verpatzte Ehe, eher wie eine kindliche Trotzreaktion an. Sie versucht ihre vergangene Misere, mit aller Gewalt ins totale Gegenteil umzuwandeln, was sich eines Tages möglicherweise als ein gefährlicher Bumerang erweisen könnte.«
    »Meinst du wirklich?«
    »Ja, das meine ich. Selbst wenn sie im Augenblick davon überzeugt scheint, in Uwe den Wunschpartner fürs Leben gefunden zu haben, muss das nicht unbedingt ihrem Herzenswunsch entsprechen, sondern vielmehr die Reaktion auf ihre negative Erfahrung darstellen. Wobei die Verantwortung für das Kind die Hauptursache sein dürfte, da sie vermutlich ahnt, wie schwierig sich unter diesen Bedingungen eine dauerhafte Verbindung verwirklichen lässt. Aber wie weit sie das wahrhaft erkannt hat, oder aber nur gefühlsmäßig wahrnimmt, bleibt abzuwarten.«
    »Demnach stimmst du mit Edda und Max überein, die dieser Verbindung keinerlei Chance einräumen?«
    Knut seufzte und lachte gezwungen. »Siehst du, genau das wollte ich eigentlich vermeiden – eine Stellungnahme eben zu dieser Problematik. Denn was weiß ich schon? Woher sollte ausgerechnet ich einen Einblick in ihre tiefinnerlichen Gemeinsamkeiten haben? Ausgerechnet ich, ein profanes Produkt der Zufallsbegegnung.«
    »Ist ja auch egal«, winkte seine Mutter müde ab. »Wir könnten eh nichts daran ändern.«
    »Ja, genauso ist es«, pflichtete Knut ihr bei.
    Sie schwiegen nun. Jeder mit sich und seinen Gedanken beschäftigt.
    Nach einer Weile fragte seine Mutter ganz unvermittelt: »Was meinst du, Knut, ob Uwe nicht doch besser daran getan hätte, bei Kerstin zu bleiben?«
    »Das lässt dir wohl überhaupt keine Ruhe, wie …?«
    »Naja, du musst das verstehen, es geht schließlich um den Hof.«
    »Ich weiß – ich weiß.« Er legte seine Hand auf die ihre, die sich kalt, wie leblos anfühlte, und fügte halb bekümmert hinzu: »Keiner kann wirklich wissen, was für den einen gut und nicht gut ist – auch du nicht. Was wissen wir schon davon, was der andere denkt und fühlt; wissen wir es doch mitunter von uns selbst nicht.«
    »Ja, leider …«, Sie sprach nicht weiter, obwohl Knut ihren Drang zum Sprechen deutlich spürte. Daher sagte er ermunternd: »Nun red’ schon, Mutter, ich weiß doch, dass dich etwas bedrückt.«
    »Na ja, nicht direkt bedrückt, aber …«, druckste sie herum. Sie holte tief Luft, was sich eher nach einem gewaltigen Seufzer anhörte, feuchtete mit der Zunge die trockenen Lippen an, dann plötzlich wie ein gewaltiger

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