Die Ueberbuchte
abfällig zu tun«, erwiderte sie brüsk. »Auch wenn du noch so erhaben tust, bleibt das Leben was es ist, nämlich ein uralter Kampf um Besitz und Macht, dem gewissen Statussymbol. Ohne diesen Status, mein Lieber, kannst du dich abrackern wie du willst, du kommst zu nichts. Oder, wie mögen sich das unsere Herren Söhne vorgestellt haben? Etwa den Erfolg auf einem silbernen Tablett serviert?«, sagte sie erregt. Und ohne auf seine Antwort zu warten, fuhr sie in unterdrückter Trauer, gemäßigter fort: »Was wissen die schon, wie sehr das Wohl und Weh des Einzelnen, mitunter von einem Tag auf den anderen, von diesen oft alles entscheidenden Wort ›Beziehung‹ abhängt. Ohne die, das haben wir oft genug am eigenen Leib erfahren müssen, bist du heutzutage ein absolutes Nichts.«
Knut lächelte. »Sicherlich, dem kann ich mich nicht gänzlich verschließen, da bereits ein von einer anerkannten Größe bescheinigter Leumund, mitunter Wunder bewirken kann. Doch als ein Allheilmittel würde ich das nicht gelten lassen. Weißt du, liebe Edda, fälschlicherweise wird Cleverness allzu oft mit Intelligenz verwechselt; und dabei übersehen, dass das eine überwiegend im Augenblick und das andere mehr im Zeitlosen zu suchen ist. Deshalb bezweifel ich auch, das, wie du meinst, der Weg zum Erfolg, nur durch die geeignete Unterstützung garantiert werden kann.«
Ungeduldig warf sie ein: »Wenn auch nicht generell, so doch im großen Maße, das musst du mir schon glauben.«
»Nun gut, wenn du meinst«, gab er sich geschlagen. Denn was kümmerte ihn schon, wer welche Karriere, mit welcher Hilfe erreichte.
Über sein plötzliches Einlenken sichtbar erleichtert, sagte sie einigermaßen tief befriedigt: »Siehst du, deshalb können wir auch Uwes Wahl nicht so ohne weiteres akzeptieren.«
Knuts verdutztes Gesicht nicht achtend, fuhr sie unbeirrt fort: »Diese Jane kann einfach nicht gut für ihn sein, erstens ist sie viel zu hübsch und zweitens stammt sie aus einem eher zweifelhaften Elternhaus. Ihre Mutter soll ein recht lockeres, wenn nicht gar verruchtes Leben geführt haben. Selbst ihr Vater, ein Ausländer, Spanier oder Italiener, so genau weiß ich das nicht, spricht nicht gerade für sie. Dann das Kind, wie mir scheint, auch so ein fragwürdiges Produkt eines wahrscheinlich hergelaufenen Hallodris, an dessen Stelle Uwe nun die Vaterrolle übernehmen soll. Nein, bei aller Liebe, das muss der Junge schon einsehen, dass das entschieden zu weit geht. Dagegen die Kerstin, eine fast gleichaltrige, reife junge Frau, ja, die würde eine großartige Frau für ihn abgeben; zumal sie über ein weit und breit angesehenes Elternhaus verfügt, und in absehbarer Zeit sogar als Erbe eingesetzt wird. O ja, das ist eine Deern, die würde wunderbar zu uns passen; pardon, zu Uwe natürlich«, verbesserte sie sich schnell, nachdem sie die steile Unmutsfalte auf seiner Stirn bemerkt hatte.
»O je«, sagte Knut mit Blick zur Uhr hin. »Es wird höchste Zeit Dagmar anzurufen.«
»Du kannst auch gleich von hier aus anrufen«, bot sie ihm eilfertig an.
»Ist nicht nötig, da ich nachher sowieso gleich schlafen gehe. Also gute Nacht, Edda, und schlaf recht gut.«
»Ja, danke, das wünsche ich dir auch. Und viele Grüße an Dagmar und ihren Mann.«
Gerade als Knut die Wohnzimmertür seiner Mutter erreicht hatte, hörte er die bekannten Geräusche des Aufschließens an der Haustür. Das konnte nur sein Bruder sein. Also beeilte er sich, um ihm nicht mehr begegnen zu müssen. Denn Eddas ausgiebige Aussprache hatte ihn wahrlich gereicht, noch mehr wollte er jetzt nicht davon hören. Sein Bedarf an Familienproblematik war restlos gedeckt. Und in diesem Augenblick, Anbetracht seiner herrlichen Unabhängigkeit, spürte er eine tiefe Dankbarkeit in sich aufsteigen; so zufrieden hat er sich schon lang nicht mehr gefühlt.
Gleich darauf rief er gutgelaunt seine Schwester an.
»Grüß dich, Knut! Ich dachte schon, Edda hätte es vergessen dir auszurichten«, hörte er sie sagen.
»Nein, hat sie nicht. Wir hatten uns nur etwas festgequatscht.«
»Nanu?«, wunderte sich Dagmar. »Max hat doch noch nie viel geredet?«
»Wer spricht denn von Max«, lachte er. »Es war Edda, die mir ihr gestresstes Herz ausschüttete.«
»Oh, wie interessant, das muss ja ziemlich berauschend gewesen sein«, kicherte Dagmar.
»Berauschend – ja, das scheint das richtige Wort zu sein. Aber du wolltest mich doch bestimmt nicht deshalb sprechen, oder …?«
»Nein,
Weitere Kostenlose Bücher