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Die Ueberbuchte

Die Ueberbuchte

Titel: Die Ueberbuchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Rawolle
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seine Schwester. Und wie beiläufig fügte sie noch hinzu: »Die Jahreszeit ist günstig, da kannst du dir das schönste Zimmer aussuchen.«
    »Wenn es dir recht ist, nehme ich das Eckzimmer mit freien Blick zum Meer hin.«
    »Das dachte ich mir schon«, lächelte sie. Bereits die Türklinke in der Hand haltend, drehte sie sich noch einmal um. »In einer halben Stunde etwa wird der Kaffee fertig sein, denn du wirst sicherlich hungrig sein.«
    Noch bevor er antworten konnte, hatte Dagmar bereits die Tür hinter sich zugezogen.
    Sein Blick wanderte nun aufmerksam im kleinen, aber gemütlich ausgestatteten Zimmer umher. An die extrem niedrige, mit klobigen Balken versehene Holzdecke musste er sich erst noch gewöhnen, denn obwohl er nur mittelgroß ist, hatte er ständig das Gefühl anzustoßen – was natürlich purer Unsinn war.
    Die zwei gleichgroßen Bilder, mit dem schmalen Holzrahmen an der Stirnseite des Zimmers, zogen unwillkürlich seine Blicke auf sich, denn obwohl sie im Grunde die gleichen Motive darstellten; beide Bilder im matten Graublau, ein mit schwarzen losen Strichen angedeutetes Fischerboot auf vom Morgendunst verhangenem Meer, wirkten beide dennoch grundverschieden.
    Außerdem fiel ihm auf, dass die bewusst spärlich gehaltene Raumausstattung, von erlesenen Geschmack zeugte. Nichts spontan Auffälliges und dennoch eine unübersehbar vertraute Zusammengehörigkeit, die irgendwie verblüffte. Noch dazu in diesem Augenblick der schräg einfallenden, stark gebündelten Sonnenstrahlen, die die amphoreähnliche Bodenvase bronzen aufleuchten ließen, musste auch den Unempfindlichsten in seinen Bann ziehen.

    »Entschuldige bitte, Knut, Ernst musste noch einmal weg, um Mareike, ein sechsjähriges Mädchen aus der Nachbarschaft zu holen«, sagte Dagmar, als er zu ihr an den Tisch trat.
    »Bitte, setz dich«, wies sie mit der Hand auf den Platz nahe dem Fenster.
    Doch bevor er sich setzte, ließ er seinen Blick aufmerksam durchs Zimmer schweifen. »Mir ist es, als wenn ich vieles von eurer Behausung das erste Mal sehe. Habt ihr wirklich so viel verändert, oder habe ich früher wirklich so wenig wahrgenommen?«
    »Wohl beides«, lächelte sie nachsichtig. »Wir haben in der Tat einiges verbessert – wohl mehr unseren zu erwartenden Gästen zuliebe. Diese Notwendigkeit musste sogar Ernst einsehen, auch wenn es ihm unwahrscheinlich schwerfiel. Allein die Tatsache, dass in seinem kleinen Häuschen fremde Leute ein- und ausgehen, und gar noch unter seinem Dach schlafen sollten, das war für ihn einfach undenkbar.« Sie lächelte fein. »Im Nachhinein hat es ihm sogar gefreut, auch wenn er es nie zugeben würde.«
    »Na ja, du musst zugeben, er war schon immer ein seltsamer Kauz.«
    »Das ist es ja gerade, ihr habt ihn ja erst dazu gemacht, denn seine Lebensweise, seine Anschauungen, schlichtweg seine gesamte Lebensphilosophie wich eindeutig vom herkömmlich gewohnten ab, und das allein reichte aus, um aus ihm einen Sonderling, sprich, einen Trottel zu machen. Was aber gibt uns das Recht, die eigene Lebensauffassung als die einzig Richtige hinzustellen? Etwa nur, weil sie der Masse entspringt? Nein, Knut, so kann es doch wohl nicht sein!«
    Er legte beruhigend seine Hand auf die ihre. »Ist ja schon gut, Dagmar, ich habe ja begriffen, und ich bin überzeugt, viele andere auch.«
    »Oh, da irrst du dich aber gewaltig! Nichts vertragen die Menschen weniger, als anders wie sie selbst zu sein. – Jetzt aber mal etwas anderes, wie sieht es eigentlich mit deinem weiteren Leben aus? Ich meine, wenn du nicht mehr auf große Fahrt gehen kannst?«
    »Mein Leben …?«, begann er, und verstummte. Er trank einen Schluck Kaffee, schob die Tasse leicht zurück und seufzte. »Ehrlich gesagt, liebe Dagmar, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht.« Kaum dass er dies ausgesprochen hatte, erkannte er die Lüge, seine Lüge, da er gerade in letzter Zeit ziemlich oft darüber nachgedacht hatte.
    »So so, darüber hast du dir also noch keine Gedanken gemacht«, wiederholte sie mit skeptischen Augenzwinkern. »Wenn ich dir alles glaube, aber das nicht! Oder glaubst du, mir ist entgangen, dass die Jahre auch an dir nicht spurlos vorübergegangen sind; nicht nur äußerlich, auch innerlich. Deine lockere Selbstzufriedenheit zumindest, hat sich ganz gewaltig in eine befremdende Nachdenklichkeit verwandelt. Nicht doch«, wehrte sie seinen versuchten Einwand ab, »das kannst du doch nicht abstreiten wollen. Du hast dich

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