Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
ersten Grau des dämmernden Morgens umgesehen hatte, um die Lage zu peilen und festzustellen, wo sie sich befanden und in welcher Verfassung die Schiffbrüchigen waren. Was er festgestellt hatte, war alles andere als ermutigend gewesen.
    Sie waren irgendwo am Rande der Sunda-Straße an der javanischen Küste gelandet, in einer tief eingeschnittenen, zwei Meilen breiten Bucht mit einem schmalen Strand, hinter dem die wuchernde Vegetation begann, ein dichter, undurchdringlich erscheinender Dschungel, der sich ins Innere erstreckte und überging in den hohen Urwald, der die Hänge der niedrigen Hügel im Süden bedeckte. Auf dem Strand der Bucht war nichts Lebendes zu entdecken, keine Spur tierischen oder menschlichen Lebens; da war nichts als ihre eigene kleine Reisegesellschaft, die in dem kümmerlichen Schutz einer Palmengruppe hockte, und rund hundert Meter weiter lag kieloben das Rettungsboot am Strand.
    Mit dem Boot sah es übel aus. Neben dem Kiel war ein großes Leck in die Verplankung gerissen, mehr als vier Meter lang. Der Kiel war gebrochen. Das Boot war hin, irreparabel. Es blieb ihnen nur noch der Dschungel, und die Geretteten waren kaum in der Verfassung, der Bedeutung dieser Tatsache ins Auge zu sehen.
    Kapitän Findhorn war, bei all seinem Mut, ein schwerkranker Mann, der nicht imstande war, zehn Schritte zu gehen. Auch van Effen war geschwächt, hatte erhebliche Schmerzen auszustehen und wurde in regelmäßigen Abständen von Anfällen heftigen Unwohlseins befallen; er war im flachen Wasser beinahe ertrunken, ehe es Nicolson und McKinnon gelungen war, sein übel zugerichtetes Bein von der großen Muschel zu befreien, die mit ihren scharfen Schalen zugeschnappt hatte, während er den Jungen auf seinen Armen an Land trug. Dies, in Verbindung mit der Schrapnellverwundung im Oberschenkel, die er vor einigen Tagen erlitten hatte, und dem Schlag auf den Schädel, den er erst kürzlich von Farnholme bekommen hatte, hatten seine Widerstandskraft bedrohlich herabgesetzt. Sowohl Walters als auch Evans hatten geschwollene Arme als Folge infizierter Wunden, und auch sie litten pausenlos heftige Schmerzen, während McKinnon, der keine sonderlichen Schmerzen auszustehen hatte, mit einem steifgewordenen Bein herumhumpelte. Willoughby war schwach, Gordon zu nichts zu gebrauchen und nur eine Last, und Siran und seine Leute waren offensichtlich entschlossen, niemandem behilflich zu sein, als nur sich selbst.
    Blieben nur noch Nicolson und der Vierte Offizier, und Nicolson war sich darüber klar, daß sie nichts für die anderen tun konnten, jedenfalls nicht direkt. Etwa zu versuchen, das Rettungsboot zu reparieren, kam überhaupt nicht in Frage, und irgend etwas wie ein Boot oder Floß mit dem bißchen Handwerkszeug bauen zu wollen, das sie noch hatten, war einfach lächerlich. Sie waren an Land, und an Land würden sie auch bleiben müssen. Aber sie konnten nicht ewig an diesem Strand bleiben. Denn dann würden sie verhungern. Nicolson machte sich keine Illusionen darüber, daß sie sich auch nur für kurze Zeit mit Hilfe dessen am Leben erhalten könnten, was sie an den Bäumen und Büschen, auf oder unter der Erde etwa an Eßbarem finden konnten. Ein Mann mit Dschungelerfahrung war vielleicht in der Lage, genügend Nahrung zu finden, um sich am Leben zu erhalten. Bei ihnen aber bestand alle Aussicht, daß sie sich mit der ersten selbstgesuchten Mahlzeit vergiften würden. Und selbst wenn das nicht der Fall sein sollte, so waren doch Beeren und Borke nicht geeignet, schwerkranke Leute längere Zeit am Leben zu halten. Ohne Medikamente und frisches Verbandszeug für infizierte, eiternde Wunden waren die Aussichten in der Tat alles andere als rosig.
    Nahrungsmittel, ein Dach über dem Kopf, Verbandszeug und Medikamente – diese Dinge waren lebenswichtig, und sie würden nicht von allein zu ihnen kommen. Sie mußten sich auf die Suche danach machen, mußten Hilfe holen. Wie weit die Hilfe entfernt sein mochte, und in welcher Richtung man sie suchen sollte, das war reichlich unklar. Nicolson wußte, daß die nordwestliche Ecke von Java dünn besiedelt war, und er erinnerte sich auch, daß irgendwo ein Stück landeinwärts ein oder zwei größere Ortschaften lagen. Doch diese größeren Orte lagen zu weit im Innern – ihre beste Chance waren die Fischerdörfer an der Küste. Vielleicht fanden sie dort keine Hilfe, sondern stießen auf feindselige Ablehnung. Es war sogar mit der Möglichkeit zu rechnen, daß sie auf

Weitere Kostenlose Bücher