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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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anders zu überlegen; außerdem war er sich bitter darüber klar, daß die Situation ihm ohnehin nicht gestattete, sich lange bei der Vorrede aufzuhalten. »Unser Schiff ist gesunken. Wir haben viele Kranke, viele Verwundete. Wir brauchen ein Dach über dem Kopf, etwas zu essen und Medikamente.«
    »Geben Sie uns das Gewehr zurück«, sagte der junge Mann unvermittelt.
    Nicolson sagte ohne jedes Zögern: »Geben Sie ihnen das Gewehr zurück, Vierter.«
    »Das Gewehr?« Vannier machte eine bedenkliche Miene. »Aber wieso wissen Sie –«
    »Nichts weiß ich. Aber geben Sie das Gewehr zurück«, sagte Nicolson und steckte den Colt in seinen Koppel.
    Widerstrebend händigte Vannier dem Mann mit dem Strohhut das Gewehr aus. Der Mann ergriff es, verschränkte die Arme über seiner Waffe, drehte den Kopf zur Seite und starrte in den Dschungel. Der jüngere Mann betrachtete ihn mißbilligend und sah dann mit einem entschuldigenden Lächeln zu Nicolson hin.
    »Sie müssen meinen Vater entschuldigen«, sagte er zögernd. »Sie haben ihn gekränkt. Keine Männer nehmen ihm Gewehre ab.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil Trikah sein Trikah, und niemand so was wagen.« In der Stimme des jungen Mannes klang ein Gemisch aus Zuneigung, Stolz und heimlicher Amüsiertheit. »Er sein Häuptling von unser Dorf.«
    »Er ist euer Häuptling?« sagte Nicolson und betrachtete Trikah mit plötzlich gesteigertem Interesse. Von diesem Mann, von seiner Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, Hilfe zu gewähren oder zu versagen, hing unter Umständen ihr Leben ab. Und als Nicolson ihn sich jetzt genau ansah, vermochte er in den markanten Zügen des ernsten und unbeweglichen braunen Gesichts die Autorität zu entdecken, die ruhige Würde, wie man sie sich vorstellte, wenn man an das Oberhaupt eines Stammes oder Dorfes dachte. In seiner äußeren Erscheinung hatte Trikah große Ähnlichkeit mit seinem Sohn und dem Jungen, der ein Stück hinter den beiden stand – vermutlich ein jüngerer Sohn, dachte Nicolson. Allen drei waren die niedrige, breite Stirn, die intelligenten Augen, die wohlgeformten Lippen und die schmale Nase gemeinsam, fast eine Adlernase; sie wiesen keinerlei negroide Merkmale auf und schienen offenbar unvermischtes Araberblut in den Adern zu haben. Ein Mann, dessen Hilfe von großem Wert sein konnte, dachte Nicolson – falls er bereit war, zu helfen.
    »Ja«, sagte der junge Mann, »er sein unser Häuptling. Und ich bin Telak, sein ältester Sohn.«
    »Mein Name ist Nicolson. Sagen Sie Ihrem Vater, daß ich an der Küste viele kranke englische Männer und Frauen habe, drei Meilen nördlich von hier. Wir brauchen Hilfe. Fragen Sie ihn, ob er uns helfen will.«
    Telak sprach etwa eine Minute lang rasch auf seinen Vater ein, in einer rauhen, abgehackten Sprache, hörte auf das, was sein Vater zu ihm sagte, und wandte sich dann wieder an Nicolson mit der Frage: »Wieviele sein krank?«
    »Fünf – aber wenigstens fünf von den Männern. Es sind auch drei Frauen dabei – ich glaube nicht, daß sie einen weiten Weg zu Fuß machen könnten. Wie viele Meilen sind es bis zu Ihrem Dorf?«
    »Meilen?« Telak lächelte. »Ein Mann kann dahin gehen in zehn Minuten.«
    Er sprach erneut auf seinen Vater ein, der aufmerksam zuhörte, mehrfach mit dem Kopf nickte und dann dem Jungen, der neben ihm stand, einige kurze Anweisungen erteilte. Der Junge hörte sehr genau zu und schien den Auftrag zu wiederholen, dann blitzte er Nicolson und Vannier lächelnd mit seinen weißen Zähnen an, machte auf der Hinterhand kehrt und schoß davon in der Richtung, aus der sie gekommen waren.
    »Wir werden Ihnen helfen«, sagte Telak. »Mein jüngerer Bruder sein fort zum Dorf – er wird kommen mit starken Männern und Tragbahren für die Kranken. Wir jetzt gehen zu Ihren Freunden.«
    Er wandte sich um und ging voran, hinein in ein undruchdringlich scheinendes Stück dichten Dschungels, umging den Sumpf, durch den Nicolson und Vannier eben erst gewatet waren, und führte sie wieder zurück auf den Pfad, alles in weniger als einer Minute. Vannier sah Nicolson an und grinste.
    »Man kommt sich wie ein Idiot vor, finden Sie nicht auch? Dabei ist die ganze Sache so einfach, wenn man nur weiß, wie und wo.«
    »Was sagt Ihr Freund?« fragte Telak.
    »Er bedauert nur, daß wir Sie nicht schon eher bei uns gehabt haben«, erklärte Nicolson. »Wir haben auf unserem Weg die meiste Zeit damit zugebracht, bis zu den Hüften durch sumpfige Stellen zu waten.«
    Trikah

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