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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Idiot!« brüllte er. Van Effen war inzwischen am Ende der Leiter angelangt. »Haben Sie keine Augen im Kopf, oder sind Sie wahnsinnig geworden?«
    »Passen Sie auf sich selber auf, mein Freund«, rief van Effen und war verschwunden. Nicolson wartete nicht länger, er mußte wirklich auf sich selber aufpassen, und zwar nicht zu knapp. Es waren nur wenige Schritte, nur ein paar Sekunden bis zu der Tür des Ruderhauses, doch Fraser hing jetzt völlig kraftlos in seinen Armen, und die japanischen Maschinen würden vielleicht noch sechs Sekunden brauchen, höchstens, bis sie heran waren. Schon konnte er das dünne, hohe Heulen der Motoren hören, das gedämpft aber bedrohlich durch das unablässige Prasseln der Flammen drang, doch er wagte nicht hinzusehen, er wußte ohnehin, wo sie waren, keine zweihundert Meter mehr entfernt, die Visiere ihrer Bordwaffen auf seinen ungeschützten Rücken gerichtet. Die Pendeltür zum Ruderhaus war verklemmt, er bekam sie mit der linken Hand nur einen Spalt breit auf, doch dann wurde sie plötzlich von innen aufgerissen, der Bootsmann zog Korporal Fraser herein, und Nicolson machte einen Satz und warf sich flach an Deck; er zuckte unwillkürlich zusammen, in Erwartung des betäubenden Schlags der Granate, die jeden Augenblick in seinen Rücken schmettern mußte. Und dann hatte er sich zur Seite gerollt in sichere Deckung, hörte ein kurzes, anschwellendes Dröhnen, und im nächsten Augenblick waren die Maschinen, nur wenige Meter über dem Ruderhaus, vorbeigebraust. Nicht ein Schuß war gefallen.
    Nicolson schüttelte den Kopf, betäubt und ungläubig, und stand langsam wieder auf. Vielleicht hatten der Rauch und die Flammen den Piloten die Sicht genommen, möglicherweise waren auch sie mit ihrem Munitionsvorrat am Ende. Doch das waren Fragen, die im Augenblick nicht mehr wichtig waren. Nicolson sah, daß Farnholme jetzt auf der Brücke war und McKinnon dabei half, den jungen Soldaten nach unten zu tragen. Vannier war fort, doch Evans war noch da und saß bei dem Kapitän. Dann ging die Tür zum Kartenraum auf, und von neuem erstarrte Nicolsons Gesicht ungläubig.
    Der Mann, der vor ihm stand, war fast nackt, nur bekleidet mit den verkohlten Resten dessen, was ursprünglich einmal eine blaue Hose gewesen war; diese restlichen Fetzen rauchten noch und glimmten an den Rändern. Die Brauen und das Haar waren versengt und gekräuselt, die Haut auf der Brust und an den Armen rot und verbrannt, der Brustkorb hob und senkte sich in raschen flachen Atemzügen, wie bei einem Mann, dessen Lungen solange keine Luft bekommen haben, daß er nicht mehr Zeit hat, durchzuatmen. Sein Gesicht war sehr bleich.
    »Jenkins!« Nicolson war auf ihn zugegangen und ergriff den Mann bei den Schultern, ließ dann aber rasch wieder los, als der andere vor Schmerz zusammenzuckte. »Wie um alles in der Welt sind Sie denn – ich habe gesehen, wie die japanischen Maschinen –«
    »Da ist jemand eingesperrt, Sir!« unterbrach ihn Jenkins. »Im Pumpenraum auf dem Vorschiff.« Er sprach hastig und drängend, aber stoßweise, er brachte nur ein oder zwei Worte zwischen zwei Atemzügen heraus. »War vom Laufsteg hinuntergesprungen an Deck – landete auf der Luke. Hörte jemanden klopfen, Sir.«
    »Und da bekamen Sie es mit der Angst zu tun? War es so?« fragte Nicolson behutsam.
    »Nein, Sir – die Riegel waren verklemmt.« Jenkins schüttelte erschöpft den Kopf. »Konnte sie nicht aufkriegen, Sir.«
    »Aber da an der Luke ist ein Stück Rohr festgemacht, zum Öffnen der Riegel«, sagte Nicolson heftig. »Das wissen Sie genausogut wie ich.«
    Jenkins sagte nichts, sondern hielt ihm nur das Innere seiner geöffneten Hände hin. Nicolson erschrak. Auf den Handflächen war keine Haut mehr, nur das rote, rohe Fleisch, in dem das Weiß der Knochen zu sehen war.
    »Großer Gott!« Nicolson starrte auf diese Hände und sah dann wieder in die schmerzerfüllten Augen. »Verzeihen Sie mir, Jenkins. Gehen Sie jetzt nach unten, und warten Sie auf dem Gang vor der Funkbude.« Er wandte sich rasch um, als er eine Hand auf der Schulter fühlte. »Van Effen! Sie sind sich hoffentlich klar, daß Sie nicht nur ein verdammter Idiot sind, sondern außerdem ein unverschämtes Schwein haben, ja?«
    Der hochgewachsene Holländer legte zwei Gewehre, eine Maschinenpistole und Munition auf das Deck und richtete sich wieder auf. »Sie hatten übrigens recht«, sagte er ruhig. »Es war Zeitverschwendung – da oben lebt keiner mehr.« Er

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