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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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der Falls, obwohl Nicolson den Männern erklärt hatte, wie die Patentvorrichtung zu handhaben war, zwei von ihnen schlugen, kopflos vor Furcht, aufeinander ein, und alle brüllten wild gestikulierend durcheinander. Nicolson wandte sich achtlos und gleichgültig ab. Mochten sie es unter sich allein ausmachen, und wenn ihnen das nicht gelingen sollte, um so besser für die Welt. Er hatte ihnen jedenfalls das gegeben, was sie dem kleinen Jungen versagt hatten – eine Chance, zu überleben.
    Weniger als eine Minute später rutschte Nicolson, der als letzter von Bord ging, an der geknoteten Rettungsleine nach unten in das bereits schwimmende Boot Nummer ein. Das Rettungsboot unter ihm war bis an den Rand vollgepackt mit Passagieren und Ausrüstung, und er machte sich klar, wie schwierig es sein würde, die Riemen auszubringen und vom Schiff wegzupullen, noch dazu bei nur drei bis vier Leuten, die zu pullen verstanden oder noch die Kräfte dafür hatten. Doch als seine Füße eben eine der Ruderbänke berührten, da fing der Motor an zu husten, spucken, hustete erneut, besann sich dann aber eines besseren und beruhigte sich zu einem leisen Tuckern, das durch den Lärm des Brandes gerade noch zu hören war.
    Keine Minute später waren sie ein gutes Stück von der Bordwand der Viroma entfernt und fuhren in einem Bogen rund um den Bug herum. Obwohl zwischen ihrem Boot und dem Vorschiff sechzig Meter Wasser lagen, war die Hitze der Flammen noch immer so groß, daß sie ihnen in die Augen stach und in der Kehle brannte. Doch Nicolson steuerte das Boot so nah, wie die Gefahr es erlaubte, um den Bug herum. Und dann lag plötzlich die lange Backbordseite der Viroma vor ihnen, und sie konnten das Rettungsboot Nummer zwei sehen. Es waren mindestens drei Minuten vergangen, seit es zu Wasser gelassen war; doch das Boot war noch immer kaum zwanzig Meter von der Bordwand entfernt. Siran hatte zwar schließlich mit Gebrüll und durch den rücksichtslosen Gebrauch des Bootshakens seine Leute zur Ordnung gerufen, da aber zwei seiner Leute ächzend unten im Boot lagen und ein dritter sich um seinen betäubten und im Augenblick unbrauchbaren Arm bekümmerte, so blieben Siran nur noch drei Mann, um die schweren Langriemen zu bedienen. An Bord von Rettungsboot Nummer eins preßte Nicolson die Lippen zusammen und sah zu Findhorn hin. Der Kapitän deutete den Blick richtig und nickte zustimmend, wenn auch langsam und widerstrebend.
    Eine halbe Minute später ließ McKinnon eine zusammengerollte Leine fachmännisch über das Wasser schnellen. Siran fing das Ende auf und machte es an der Mastducht fest; fast im gleichen Augenblick straffte sich die locker hängende Leine, und das Motorboot begann, Siran und seine Leute von der Bordwand klarzuschleppen. Diesmal machte Nicolson keinen Versuch, das Schiff zu umkreisen, sondern hielt geradeaus auf See hinaus, bemüht, in möglichst kurzer Zeit einen möglichst großen Abstand von der Viroma zu gewinnen.
    Fünf Minuten vergingen, fünfhundert Meter lagen hinter ihnen, und noch immer geschah nichts. Das Motorboot, mit dem anderen Rettungsboot im Schlepp, erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von vielleicht dreieinhalb Knoten; doch mit jedem Meter, den sie hinter sich brachten, waren sie der Sicherheit um einen Meter näher. Die Jäger kurvten immer noch am Himmel, aber offenbar ohne bösartige Absichten; seit Beginn der Einschiffung hatten sie keine Anstalten gemacht anzugreifen, und sie schienen auch jetzt nichts dergleichen zu beabsichtigen.
    Zwei weitere Minuten verstrichen, und die Viroma brannte noch heftiger als zuvor. Die Flammen auf dem Vorderschiff waren jetzt deutlich zu sehen und nicht mehr verschluckt von der flimmernden Helligkeit der Sonne; der Rauch von den beiden achterlichen Tanks erstreckte sich weiter als eine halbe Quadratmeile und hing über dem Meer wie ein Leichentuch, so dicht, daß nicht einmal die grelle Tropensonne seine intensive Schwärze zu durchdringen vermochte. Unter diesem dunklen Baldachin kamen die zwei großen Flammensäulen näher und immer näher zusammen, unerbittlich, majestätisch und grandios in der Unerbittlichkeit ihres Vorrückens. Die beiden großen Feuer neigten sich mit ihren Spitzen zueinander – irgendeine sonderbare Laune der überhitzten Atmosphäre –, und Findhorn, der sich auf seinem Sitz umgedreht hatte und zusah, wie sein Schiff starb, wußte mit plötzlicher Klarheit: wenn diese beiden Flammen sich berührten, dann würde das Ende kommen.

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