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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Nicolson schüttelte den Kopf. »Wenn die Japaner das sehen könnten, würden sie morgen um Waffenstillstand bitten.«
    »Was reden Sie da eigentlich?« fragte Miss Plenderleith spitz. »Sie wollen mir doch hoffentlich nicht erzählen, daß Sie auch die Nerven verloren hätten.«
    »Auch?«
    »Wie dieser bedauernswerte junge Mann hier.« Sie zeigte auf den jungen Soldaten. »Wir hatten, als wir hier hereinkamen, die Durchgabe da mit ein paar Blechtabletts zugebaut – die Klappe ist nur aus Holz, wissen Sie. Der Brigadier meinte, es würde einen gewissen Schutz gewähren.« Miss Plenderleith, die ihr Strickzeug inzwischen beiseite gelegt hatte, sprach sehr rasch und gedrängt. »Als die ersten Bomben fielen, versuchte dieser junge Mann, nach draußen zu kommen. Der Brigadier schloß die Tür ab. Dann fing er an, die Tabletts beiseite zu räumen – vermutlich, um durch die Luke hinauszukommen. Der – hm – Priester wollte ihn davon abhalten – als die Geschosse durch das Holz schlugen.«
    Nicolson sah rasch zu Farnholme hin und deutete mit dem Kopf nach unten auf den Mohammedaner. »Verzeihung, Brigadier. Und er – ist er tot?«
    »Gottlob, nein.« Farnholme richtete sich auf. »Eine Schramme, Gehirnerschütterung, sonst aber nichts.« Er sah hinunter auf den jungen Soldaten und schüttelte ärgerlich den Kopf. »Dieser törichte Knabe!«
    »Was ist mit ihm?«
    »Mußte ihn umlegen mit einer Whiskyflasche«, sagte Farnholme kurz und bündig. »Die Flasche zerbrach – muß einen Materialfehler gehabt haben. Schade um den Whisky, sehr schade.«
    »Schaffen Sie ihn nach draußen, ja? Und die übrigen begeben sich bitte auch nach draußen.« Nicolson wandte sich um, als jetzt jemand hinter ihm zur Tür hereinkam. »Walters! Sie hatte ich ganz und gar vergessen. Fehlt Ihnen auch nichts?«
    »Nein, Sir, mir fehlt nichts. Die Funkbude ist allerdings so ziemlich zu Bruch gegangen, leider.« Walters sah bleich und mitgenommen aus, im übrigen aber entschlossen und zielbewußt wie immer.
    »Ist jetzt nicht mehr wichtig.« Nicolson war froh, Walters dazuhaben, der in seiner Zuverlässigkeit ein großer Trost war. »Bringen Sie diese Leute hier nach oben auf das Bootsdeck – auf den Gang, noch besser in den Funkraum oder in Ihre Kabine. Lassen Sie sie nicht nach draußen aufs Deck. Falls sie sich irgend etwas aus ihren Kabinen holen möchten, dann sorgen Sie dafür, daß sie in ein paar Minuten zurück sind.«
    Walters lächelte: »Wir machen einen kleinen Ausflug, Sir?«
    »Ja, sehr bald. Nur für alle Fälle.« Es dürfte sich kaum sonderlich günstig auf die Moral der Passagiere ausgewirkt haben, sagte sich Nicolson, wenn er hinzugefügt hätte, worüber sich Walters selbst klar sein mußte – daß ihnen sonst nichts anderes übrig blieb, als entweder auf dem Schiff zu verbrennen oder mit dem Schiff in die Luft zu fliegen. Er trat rasch über die Schwelle, dann taumelte er und wäre fast gefallen, als eine ungeheure Detonation, genau achtern, das Heck der Viroma aus dem Wasser zu heben schien und den Rumpf des Schiffes bis in jede Platte und Niete erzittern ließ. Nicolson griff instinktiv mit der Hand nach oben, hielt sich am Türrahmen fest und fing Miss Drachmann auf, die mit Peter im Arm gegen ihn fiel. Er stellte sie wieder auf die Beine und wandte sich dann rasch zu Walters um.
    »Befehl geändert: keiner darf in seine Kabine! Gehen Sie mit den Leuten nach oben, und passen Sie auf, daß sie dort bleiben.« Mit vier Schritten war er am Schott nach achtern, das er vorsichtig öffnete. Wenige Sekunden später stand er draußen an Deck, am Anfang der eisernen Leiter, die hinunterging auf das Achterdeck, und sah nach achtern.
    Die Hitze traf ihn wie ein Faustschlag und trieb ihm vor Schmerz die Tränen in die Augen. Macht nichts, dachte er grimmig, dieser Brand war auch so nicht zu übersehen. Wogende, wirbelnde Wolken fettigen schwarzen Rauchs stiegen mehr als hundert Meter hoch in den Himmel und wurden mit jeder Sekunde immer höher; sie endeten nicht in einer schmalen Spitze, sondern gingen oben auseinander, verbreiterten sich zu einem großen Pilz, hingen über dem ganzen Schiff wie ein schwarzes Tuch über einer Bahre. Unten allerdings, direkt über dem Deck, war fast gar kein Rauch, nur eine einzige Flammenwand, rund achtzehn Meter breit, die zwölf Meter hoch aufstieg und dann auseinanderbrach in ein Dutzend einzelner Feuersäulen – wilde, züngelnde Flammen, die begierig aufwärts leckten, bis ihre

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