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Die Überlebenden der Kerry Dancer

Die Überlebenden der Kerry Dancer

Titel: Die Überlebenden der Kerry Dancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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machen. Unmittelbar, nachdem die letzte Granate in dem seichten Wasser krepiert war, setzte wieder das Geräusch der schweren Dieselmotoren ein, und das U-Boot entfernte sich mit hoher Fahrt und genau westlichem Kurs und nahm die beiden kleinen Inseln in Augenschein, die dort lagen. Eine halbe Stunde später entschwand es am südlichen Horizont aus dem Blickfeld.

Zehntes Kapitel
    T ot und regungslos lag das Rettungsboot auf dem unbewegten Spiegel der See. Nichts regte, nichts rührte sich, nicht die leiseste Ahnung einer Brise kräuselte die glatte, wie blauer Stahl schimmernde Wasseroberfläche, die jede Einzelheit der Bordwände des Klinkerboots mit erbarmungsloser Genauigkeit widerspiegelte. Ein totes Boot auf einem toten Meer, in einer toten und leeren Welt. Eine leere See, eine riesige, schimmernde Ebene des Nichts, die sich endlos nach allen Seiten dehnte, bis sie am fernen Horizont undeutlich überging in einen riesigen und leeren Himmel. Nicht eine Wolke in Sicht, und das schon seit drei Tagen. Ein leerer, ein schrecklicher Himmel, majestätisch in seiner grausamen Gleichgültigkeit, und nur noch leerer durch die grelle Sonne, die brennend heiß auf die See herniederglühte.
    Auch das Boot war tot, so schien es, doch leer war es nicht. In dem kümmerlichen Schatten, den die zerfetzten Reste der Segel boten, lagen Männer und Frauen, der Länge nach ausgestreckt, auf den Bänken, Duchten und Bodenplanken, völlig erschöpft und entkräftet durch die Hitze, einige in einer Art Ohnmacht, einige in einem unruhigen Schlaf, und einige in einem Zustand zwischen Schlaf und Wachen, ohne auch nur die geringste Bewegung zu machen, sorgsam darauf bedacht, das matte Lebensflämmchen, das noch in ihnen brannte, und den letzten Rest des Willens, es brennend zu erhalten, nicht unnötig zu vergeuden. Sie warteten darauf, daß die Sonne unterging.
    Unter den ausgemergelten, von der Sonne schwarzgebrannten Überlebenden, die sich in dem Boot befanden, gab es nur zwei, bei denen auf den ersten Blick zu sehen war, daß sie lebten. Sie waren in einer genauso üblen Verfassung wie die anderen, hohlwangig und hohläugig, mit aufgeplatzten Lippen und häßlich roten, eiternden Blasen, bekleidet mit Fetzen, die langsam vom Salzwasser und von der Hitze zerfressen wurden. Diese beiden Männer saßen ganz hinten im Boot, und daß sie lebten, war einzig und allein daran zu sehen, daß sie aufrecht auf der Ruderbank saßen. Doch sie saßen so unbeweglich, daß man auch bei ihnen hätte meinen können, sie seien tot oder Statuen aus Stein. Der eine Mann hatte den Arm auf die Ruderpinne gestützt, obwohl es schon fast seit vier Tagen weder Wind gab, um die zerfetzten Segel zu füllen, noch Männer, die imstande gewesen wären, die Riemen zu bedienen. Der andere Mann hielt eine Pistole in der Hand.
    Insgesamt befanden sich zwanzig Menschen an Bord. Es waren zweiundzwanzig gewesen, als sie vor sechs Tagen von der kleinen Insel im Südchinesischen Meer losgesegelt waren; doch jetzt waren es nur noch zwanzig. Zwei waren inzwischen gestorben. Für Korporal Fraser hatte es von Anfang an hoffnungslos ausgesehen; er war schon entkräftet und ausgehöhlt gewesen durch das Fieber, lange bevor die Granate der japanischen Maschine, gegen die er vom Dach des Ruderhauses der Viroma mit seiner Maschinenpistole ein wirkungsvolles Feuer eröffnet hatte, seinen linken Arm so gut wie abriß. Sie hatten keine Medikamente mehr gehabt, keine schmerzbetäubenden Mittel, doch er hatte sich trotzdem noch vier Tage am Leben gehalten und war erst vor vierundzwanzig Stunden gestorben, heiter und unter großen Schmerzen, während sein Arm schon bis zur Schulter schwarz war. Kapitän Findhorn hatte die bei einer Beerdigung auf See üblichen Worte gesagt, soweit er sie noch zusammenbrachte, und das war so ziemlich seine letzte bewußte Handlung gewesen, ehe er dann in einen unruhigen, einer Ohnmacht ähnlichen Schlaf fiel. Es schien unwahrscheinlich, daß er jemals wieder daraus erwachen würde.
    Der andere war einer der letzten drei Männer, die von Sirans Crew übriggeblieben waren. Er war gestern nachmittag gestorben, weil er McKinnons betuliches Lächeln und sein gemütliches Schottisch völlig falsch interpretiert hatte. Kurze Zeit nach Frasers Tod hatte McKinnon, den Nicolson für den Trinkwasservorrat verantwortlich gemacht hatte, entdeckt, daß der eine Kanister in der vorhergehenden Nacht beschädigt worden war. Vermutlich hatte ihn jemand angezapft; doch das

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