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Die Ueberlebenden von Mogadischu

Titel: Die Ueberlebenden von Mogadischu Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Rupps
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aufzulockern.
    Sie haben in der Hektik der Befreiung Ihr Toupet verloren und sind später noch einmal in die Maschine gegangen, um es zu holen.
    Ja, ich war ganz alleine drin.
    Haben Sie das Toupet eigentlich weiter getragen ?
    Vielleicht bis 1980.   Irgendwann habe ich mir gesagt, was soll der Quatsch? Ein Toupet behindert mich, es ist darunter warm, es ist umständlich, man kann nicht richtig Sport damit machen. Und ich habe mir gesagt, muss ich mich denn schöner machen? Ich bin eben so, wie ich bin!
      288 Wie ist es denn, wenn Sie diese »alten Geschichten« immer wieder erzählen ? Fühlen Sie sich da wie ein Prominenter interviewt, oder kommt da auch noch mal etwas hoch ?
    Nein, ich fühle mich nicht als Prominenter. Ich bin Zeitzeuge so wie Gabriele von Lutzau. So wie sie die Ereignisse ab und zu aus ihrer Kabinensicht schildert, tue ich es aus der Cockpitsicht. Wenn ich gefragt werde, fühle ich mich in einer Pflicht, Antwort zu geben. Über das Ereignis wurden so viele verdrehte oder falsche Dinge geschrieben, da fühle ich eine Verpflichtung, manches geradezurücken, etwa was Kapitän Schumanns Abwesenheit in Aden betrifft.
    Träumen Sie noch manchmal von Mahmud ?
    Nein, überhaupt nicht. Die Geschichte ist längst abgehakt. Ich habe auch nie Albträume gehabt. Verglichen mit dem, was andere hinterher erlebt haben, ging es mir recht gut. Ich hätte ja sonst auch nicht fliegen können.
    Waren Sie ab und zu auch hinten in der Maschine ?
    Als Pilot war ich zwangsläufig weniger hinten als die Stewardessen.
    Sie haben mit den Passagieren wenig Kontakt gehabt ?
    Ja, auch weil mich das Elend so mitgenommen hat. Es hat mich belastet zu sehen, wie die Menschen in ihren Sitzen kauerten, wie sie da verschwitzt saßen und kaputt waren und nicht reden durften. Am ersten Tag mussten sie stundenlang die Hände in die Höhe halten. Das bereitete ihnen starke Schmerzen. Da habe ich mir gesagt, ich überlasse die Betreuung der Passagiere den drei Damen und konzentriere mich aufs Fliegen. Das war zu meinem eigenen Schutz. Und es ging ja auch darum, das System »Flugzeug«, das während dieser Tage nicht gewartet wurde, in Gang zu halten.
    Sie hatten von allen Geiseln während der fünf Tage die größte Konzentrationsanstrengung zu erbringen. Zunächst standen Sie im Visier von Mahmud, Jürgen Schumann musste Ihnen zwei Mal das Leben retten . . .

    Abb.   13 : Jürgen Vietor, Kopilot des entführten Fluges. Er hat die Maschine vom Start in Rom an geflogen. 289

    ... das kann man so sagen, ja ...
      290 . . . später hatten Sie die Maschine alleine zu fliegen und Mahmud als »Kopiloten« zu betreuen. Das haben Sie alles gut weggesteckt ?
    Ja. Später war ich noch einmal bei Professor Ploeger. Er hatte ja gleich nach der Entführung von der Bundesregierung den Auftrag zu einer Gruppentherapie bekommen. Daran habe ich nicht teilgenommen, ich war später privat bei ihm. Ich hatte einmal so ein bisschen Tiefgang Ende der achtziger Jahre, da fuhr ich zu ihm nach Aachen. Als ich Kapitän wurde, habe ich ihm geschrieben, er hat sich sehr darüber gefreut. Seither haben wir uns aus den Augen verloren.
    Sie sind schon kurze Zeit nach der Befreiung wieder geflogen.
    Nach unserer Rückkehr kam Herr Heldt zu mir und fragte, »Herr Vietor, meinen Sie, Sie können noch fliegen?« Ich sagte, »Herr Heldt, ich weiß es nicht.« Da sagte er: »Probieren Sie es aus!« Am 5.   Dezember, ich weiß das Datum noch ganz genau, habe ich einen »Umlauf« mitgemacht, das heißt, ich bin fünf Tage mit einem Ausbildungskapitän geflogen. Während dieser Tage habe ich mich völlig angstfrei gefühlt und hinterher das OK bekommen, wieder zu fliegen. Danach nahm ich noch Resturlaub. Den ersten Flug habe ich am 29.   Dezember 1977 ausgerechnet mit der »Landshut« gemacht.
    Manche frühere Geiseln der »Landshut« feiern am 18. Oktober ihren zweiten Geburtstag. Tun Sie das auch ?
    Nein, nie. Wissen Sie, ich konnte mich nicht dauernd mit diesen Dingen beschäftigen, das beeinflusst einen zu sehr beim Fliegen. Ich erinnere mich, ich bin am ersten Jahrestag der Entführung geflogen. Ich grübelte ständig darüber nach, etwa: Jetzt ist Mittag, in diesem Augenblick vor einem Jahr sind wir entführt worden. Oder: Jetzt sind wir in Larnaka gewesen. Aber das lenkte von der Fliegerei ab. Vom nächsten Jahr an habe ich jeweils um diese Zeit herum Urlaub genommen oder ich bin im Oktober so geflogen, dass ich vier Tage nacheinander freihatte. Das ging etwa

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