Die Ueberlebenden von Mogadischu
zehn Jahre so, danach war es egal. Ich konnte dann auch an diesen Tagen fliegen.
291 Und heute ?
Ich feiere nichts. Ich sage immer, gut, dass die Befreiung um kurz nach zwölf kam, dann brach ein sechster Entführungstag an und es gab eine weitere Woche Sonderurlaub. Für jeden Tag bekamen wir eine Woche Sonderurlaub. Das sind so die Scherzchen.
Der Opferbegriff ist schon 2007 weiter gefasst worden – zu der zentralen Gedenkveranstaltung in Berlin sind auch die früheren Geiseln aus der »Landshut« eingeladen worden.
Ja, das war das erste Mal. Das gehörte sich aber auch, wir waren ja praktisch der Mittelpunkt des Deutschen Herbstes, wie es immer heißt. Eine solche Einladung hätte eigentlich schon zehn Jahre nach dem Ereignis erfolgen müssen.
Heinrich Breloer hat sinngemäß geschrieben, Ihrer Mitwirkung an seinem Projekt »Todesspiel« sei ein Schweigen über 20 Jahre hin vorausgegangen – nach dem großen »Stern«-Interview gleich nach der Befreiung hätten Sie keine Interviews mehr gegeben.
Da war lange nichts, das stimmt. Aber nicht, weil ich keine Interviews geben wollte, sondern weil niemand an mich herangetreten ist. Mit dem Breloer-Film kam noch einmal eine Welle von Anfragen, und dann noch einmal mit Beginn des Andrawes-Prozesses. Ich habe bei diesen Anfragen auch jeweils zugesagt.
Es gab keine Phase, in der Sie gesagt haben, Sie möchten über die Ereignisse nicht mehr reden, Sie wollen in Ruhe gelassen werden ?
Nein, nie. Wie gesagt, empfinde ich so eine Art Verpflichtung, Auskunft zu geben, wenn ich gefragt werde, weil ich ein Zeitzeuge dieses Ereignisses bin. Ich möchte Unklarheiten ausräumen oder falsche Darstellungen richtigstellen.
Sie haben nach »Mogadischu« das Bundesverdienstkreuz erhalten und es vor wenigen Jahren zurückgegeben.
Das Bundesverdienstkreuz hat mir nicht so schrecklich viel bedeutet. Seit Bestehen der Bundesrepublik sind schon sehr viele mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Angela Merkel hat auch schon eines bekommen. Dabei habe ich gedacht, so etwas 292 kriegt man, wenn man etwas geleistet hat und nicht schon vorher. Das geben die sich alle gegenseitig. Als es in der Sendung von Anne Will darum ging, dass ich mein Bundesverdienstkreuz zurückgegeben habe, hätte ich noch einiges dazu sagen können ...
. . . sagen Sie es jetzt . . .
... ich hätte sagen können, dass ich mich freue, auf derselben Stufe wie Uschi Glas zu stehen. Sie hat das Bundesverdienstkreuz derselben Klasse. Aber darum ging es mir ja nicht. Ich habe es aus Protest zurückgegeben.
Ihre Rückgabe bezog sich jetzt auf die Person Christian Klar ?
Ja, nur. Ich wollte einfach protestieren. Ich habe das mit der Bild -Zeitung gemacht, obwohl das nicht die Zeitung ist, die ich normalerweise lese. Ich hatte während der Dreharbeiten zum »Mogadischu«-Film einen Redakteur der Zeitung kennengelernt. Zu ihm habe ich gesagt: Machen Sie die Sache öffentlich!
An wen haben Sie das Bundesverdienstkreuz zurückgegeben ? An den Bundespräsidenten ?
Ich habe es an das Bundespräsidialamt geschickt mit einem höflichen Brief dabei.
Haben Sie eine Antwort bekommen ?
Nein, ach wo!
Sind Ihnen Ehrungen überhaupt wichtig ?
Ich bin auf mein Sportabzeichen, auf den »Rettungsschwimmer« oder auf die Ehrung für häufiges Blutspenden stolz. Und natürlich auf die englische Tapferkeitsmedaille der Britischen Navigations- und Pilotenvereinigung. Jürgen Schumann hat sie postum verliehen bekommen. Monika Schumann und ich wurden dafür eigens nach London eingeladen. Es gab zur Verleihung ein großes Bankett. Diese Medaille war mir persönlich immer viel mehr wert als dieser Massenorden der Bundesregierung.
Mir ist Ihre Autonummer aufgefallen, PI - JV - 737 . Sie haben eine emotionale Beziehung zum 737 -Flugzeugtyp.
Ja klar, wenn man einmal eine Entführung in so einer Maschine erlebt hat und diesen Typ 25 Jahre geflogen hat, bleibt das nicht 293 aus. Ich habe hier einige Modelle der 737 stehen. Es ist ein schönes Flugzeug. Jetzt wird es allmählich vom Airbus abgelöst.
Die frühere »Landshut« steht am Rand eines Flughafens in Brasilien. Würden Sie mit dem Flugzeug etwas verbinden, wenn Sie es noch einmal zu Gesicht bekämen ?
Nicht in dem Sinne, dass ich in Euphorie oder in Trauer ausbrechen würde. Ich würde sagen: »So sieht sie also heute aus.« Da bin ich sehr rational.
Wie oft werden Sie heute noch auf das Ereignis angesprochen ?
Eher selten.
Das glaube ich nicht, Sie sind
Weitere Kostenlose Bücher