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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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gelehrt hat, haben wir immer geglaubt, wir seien in irgendeiner Weise auserwählt und wären die einzigen Hüter dieser Kammer und dieses Altars. Aber es ist natürlich gut möglich, dass es in Wahrheit noch andere gab und gibt. Dass es den Stein Schuelers gab, war natürlich allgemein bekannt, obwohl die meisten glaubten, er sei nach dem Tode Sankt Evyrahards für alle Zeiten verloren. Soweit wir das wussten, wurde auch niemand anderes über die Existenz des Schlüssels in Kenntnis gesetzt, obwohl sich Vater in den letzten Jahren genau deswegen zunehmend Sorgen gemacht hat. Er hatte wohl erfahren, jemand wisse, dass es den Schlüssel und den Stein immer noch gibt. Vater hat nie gesagt, wer das sein könnte. Aber ich weiß, dass ihn die Vorstellung beunruhigt hat, die beiden Dinge könnten jemandem in die Hände fallen, der sie missbrauchen könnte.«
    »Ich wünschte, wir könnten diesen verdammten Schlüssel in die Finger bekommen!« Merlin fauchte es fast und war sehr überrascht, als er hörte, dass Wylsynn leise in sich hineinlachte.
    »Was denn?« Merlin kniff die Augen zusammen. »Habe ich irgendetwas Komisches gesagt?«
    »Nein«, gab Wylsynn zurück, »aber als ich gesagt habe, Vater und Onkel Hauwerd hätten gewiss niemals Gott darum ersucht, die Reformisten niederzustrecken, hätte ich mich vielleicht besser anders ausdrücken sollen. Ich hätte sagen müssen, dass sie das auch gar nicht gekonnt hätten. Als Vater mir nahelegt hat, den Posten als Erzbischof Erayks neuer Intendant hier in Charis anzunehmen, hat er mich zumindest zum Teil auch fortgeschickt, damit Clyntahn mich nicht mehr erreichen kann. Natürlich habe ich den Stein Schuelers mitgenommen, aber auch noch ein altes Familienerbstück. Einen Briefbeschwerer.«
    »Der Schlüssel befindet sich hier in Charis?!«, setzte Cayleb nach.
    »Er liegt auf meinem Schreibtisch im Patentamt, Euer Majestät«, bestätigte Wylsynn.
    »Wenn Sie gestatten, Pater, würde ich gern eine von Owls Fernsonden ausschicken. Sie wird den Schlüssel in Nimues Höhle bringen, damit wir ihn gründlich untersuchen können«, sagte Merlin und blickte Wylsynn aufmerksam an.
    »Natürlich gestatte ich das ... nicht, dass ich mir vorstellen könnte, ich könnte Euch irgendwie davon abhalten«, erwiderte Wylsynn, und ein halbes Lächeln umspielte seine Mundwinkel. Dann wurde er wieder ernst. »Ebenso wie ich mir noch bei etwas anderem recht sicher bin: Sollte sich herausstellen, dass es doch ... nicht so ratsam war, mir die Wahrheit über die Kirche und die Erzengel anzuvertrauen, würde ich Euch wohl kaum davon abhalten können, diesen Fehler wieder gutzumachen.«
    Die Stille, die sich jetzt über das Arbeitszimmer des Erzbischofs legte, war angespannt, beinahe schon bedrohlich. Wylsynn selbst löste den Bann: Er stieß ein trockenes Lachen aus.
    »Ich bin ein Inquisitor – ein Schuelerit«, sagte er. »Ihr werdet doch wohl nicht gedacht haben, ich könnte mir das anhören, was Ihr zu sagen hattet, und nicht erkennen, was Ihr tun müsstet, wenn Ihr zu dem Schluss kämet, ich könnte Euch verraten? Sicherlich würden Sie alle – vor allem Ihr, Eure Eminenz – diese Notwendigkeit zutiefst bedauern, aber Ihr würdet es trotzdem tun. Und wenn Ihr mir die Wahrheit erzählt habt – und ich glaube, dass Ihr das getan habt –, dann hättet Ihr auch gar keine andere Wahl.«
    »Ich hoffe, dass Sie sich dadurch nicht beleidigt fühlen, Pater, aber im Augenblick erinnern Sie mich frappierend an Prinz Nahrmahn«, sagte Merlin.
    »Ja, ich könnte mir vorstellen, dass der Prinz ebenfalls auf diesen Gedanken gekommen ist«, entgegnete Wylsynn nachdenklich.
    »Und auch seine Gemahlin«, setzte Cayleb hinzu. »Ich halte sie für ebenso klug wie ihn. Nachdem sie nun schon so lange mit ihm zusammenlebt, erkennt sie eine Notwendigkeit ebenfalls sofort.«
    »Ich kann Euch nur sagen, dass ich mich im Augenblick nicht genötigt fühle, Euer Vertrauen zu enttäuschen, Euer Majestät.« Wylsynn zuckte mit den Schultern. »Natürlich bin ich immer noch ziemlich schockiert. Ich weiß noch nicht, wie ich morgen darüber denke oder übermorgen. Aber eines will ich Euch versprechen. Wenn Ihr gestattet, Eure Eminenz, bitte ich um Erlaubnis, mich erneut nach Sankt Zherneau zurückziehen zu dürfen, vielleicht noch einen weiteren Fünftag lang. Ich muss wirklich ein wenig Zeit in Meditation und Nachdenken verbringen – und das aus Gründen, die wohl offensichtlich sein dürften.« Er verzog das Gesicht.

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