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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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eigentlich sein sollte.«
    »Damit stehen Sie kaum allein da, mein Sohn«, gab Staynair betrübt zurück und wippte nachdenklich mit dem Sessel. »Alle Kinder Gottes – zumindest alle Kinder Gottes, die über einen funktionierenden Verstand verfügen – plagen sich mit Fragen und Nöten ab, die mehr als ausreichen, um ihre Seelen mit tiefster Sorge zu füllen.«
    »Dessen bin ich mir bewusst, Eure Eminenz. Aber was ich momentan spüre, ist mir so vorher noch nie passiert. Ich spüre Zweifel. Nicht nur Fragen, nicht nur Ungewissheit darüber, welchen Weg ich einschlagen soll, sondern ernste, aufrichtige Zweifel.«
    »Zweifel woran?«, fragte Staynair sofort und kniff konzentriert die Augen zusammen. »An Ihrem eigenen Handeln? An Ihrem Glauben? An den Lehren der Kirche von Charis?«
    »Grundlegender als all das, Eure Eminenz«, gestand Paityr. »Natürlich gibt es immer wieder Nächte, in denen ich wach liege. Ich frage mich dann, ob es vielleicht Hochmut war, was mich dazu bewogen hat, Erzbischof Erayks Anweisung zu befolgen und hier in Charis zu bleiben, um mit Euch und Seiner Majestät zusammenzuarbeiten. Ich frage mich, ob ich nur stolz darauf war, Dinge besser zu wissen als Mutter Kirche. Ich bin weder so töricht noch so selbstgerecht, derartigen Zweifeln gegenüber immun zu sein. Ich hoffe, dass sich das niemals ändern wird. Aber ich kann in aller Aufrichtigkeit sagen, dass ich kaum Zweifel verspürt habe, ob die Kirche von Charis den Willen Gottes besser versteht als dieser Schlächter Clyntahn und seine Freunde. Vergebt mir, dass ich das so sage, aber Ihr konntet Gottes Willen unmöglich noch weniger als Clyntahn verstehen!« Er schüttelte den Kopf. »Nein, woran ich zweifele, ist, ob ich in Wahrheit überhaupt zu diesem Amt berufen bin.«
    Staynair hörte auf, mit dem Sessel zu wippen; das Quietschen der Federn verstummte schlagartig. Stille senkte sich über das Arbeitszimmer. Der Erzbischof neigte den Kopf ein wenig zur Seite und schürzte die Lippen.
    »Ich könnte mir vorstellen, dass kein Priester jemals gänzlich vor dieser Frage gefeit ist«, sagte er gedehnt. »So eindeutig wir auch von Gott gerufen sein mögen, wir bleiben doch immer noch Sterbliche, mit all den damit einhergehenden Schwächen. Aber ich muss Ihnen sagen, Pater, dass ich unter all den Priestern, die ich im Laufe der Jahre kennen gelernt habe, keinen einzigen zu benennen wüsste, dessen Berufung unverkennbarer gewesen wäre als die Ihre. Ich weiß wohl, dass die Meinung eines anderen nie ein hinreichender Panzer zum Schutz vor eigenen Zweifeln ist. Ob jemand wahrhaftig in das Priesteramt berufen wurde, kann jeder letztendlich nur mit Gott ausmachen, nicht mit einem Mitmenschen. Trotzdem muss ich Ihnen sagen, dass ich mir niemanden vorstellen könnte, in dessen Hände ich Gottes Werk lieber legen würde.«
    Paityrs Augen weiteten sich. Er bewunderte und respektierte Maikel Staynair zutiefst, und er hatte auch gewusst, dass Staynair ihn schätzte – dass er ein Schützling des Erzbischofs geworden war. Doch Staynairs Worte – und vor allem der ernsthafte, gemessene Ton, in dem er sie hervorgebracht hatte – überraschten Paityr doch.
    »Ich fühle mich geehrt, Eure Eminenz«, erwiderte er schließlich. »Aus Eurem Munde bedeutet mir das wirklich viel. Doch meine Zweifel bleiben bestehen. Ich bin mir meiner Berufung nicht mehr sicher. Kann ein wahrer Priester, ein wahrhaft Berufener, sich jemals verlieren?«
    »Was lehrt das Offizium der Inquisition?«, beantwortete Staynair die Frage mit einer Gegenfrage.
    »Dass ein Priester immer Priester bleibt«, erwiderte Paityr. »Dass eine wahrhaftige Berufung niemals verloren geht, sonst sei es von Anfang an keine wahrhaftige Berufung gewesen. Vielleicht heißt das, Eure Eminenz, dass ich nicht von Anfang berufen war!«
    »So lehrt es uns die Inquisition. Aber wie Ihnen sicher nicht entgangen ist«, entgegnete Staynair trocken, »habe ich mich in jüngster Zeit des Öfteren im Widerspruch zur Inquisition befunden, im Hinblick auf die eine oder andere dogmatische Lehre.«
    Paityrs sorgenvoller Stimmung zum Trotz entlockte der Tonfall des Erzbischofs ihm unwillkürlich ein Lachen. Staynair lächelte. Dann wurde die Miene des Erzbischofs wieder ernst.
    »Ernsthaft, mein Sohn: Ich bin der Ansicht, dass die Inquisition in mancherlei Hinsicht irrt. Sie wissen, wo ich hauptsächlich im Widerspruch zum Großinquisitor stehe. Sie wissen auch, dass ich aufrichtig glaube, wir würden einem liebenden

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