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Die Übermacht - 9

Die Übermacht - 9

Titel: Die Übermacht - 9 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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Gott dienen, der das Beste für Seine Kinder ersehnt und wünscht, dass eben jene Kinder aus freudiger Liebe zu ihm kommen, nicht aus Furcht. Ich kann nicht glauben, dass es Sein Wille ist, uns leiden zu sehen oder mit der Peitsche in Seine Arme getrieben zu werden.
    Ich halte, wie Sie wissen, die freie Entscheidung für eine gesunde Beziehung zu Gott für wichtig. Sie und ich waren nur unterschiedlicher Meinung darüber, in welchem Ausmaß freier Wille und freie Entscheidung die Gefahr bergen, unser rechtgläubiges Verständnis von Gottes Willen zu verwirren. Trotzdem habe ich nie daran gezweifelt, dass Sie, mein Sohn, sich der Aufgabe, unter den Kindern von Mutter Kirche für Disziplin zu sorgen, mit der Liebe und dem Mitgefühl verschrieben haben, die gute Eltern für ihre Kinder empfinden. Ich habe nie erlebt, dass Sie böswillig gehandelt oder auch nur aus einer Laune heraus eine Entscheidung gefällt hätten. Vielmehr habe ich gesehen, dass Sie sich voller Geduld und Ruhe selbst ausgewachsenen Idioten widmen, die sogar einen Erzengel in den Wahnsinn getrieben hätten. Und ich habe gesehen, wie unerschütterlich Sie für die Dinge eintreten, an die Sie glauben, ohne jemals in die geistige und spirituelle Arroganz und Überheblichkeit zu verfallen, die uns wissen lassen, jeder, der anderer Ansicht ist als wir selbst, müsse völlig und unzweifelhaft im Unrecht sein. Das ist der Priester, den ich sehe, wenn ich darüber nachdenke, ob Sie wahrhaftig berufen sind oder nicht, Pater Paityr. Und ich bitte Sie, nicht zu vergessen, dass die Heilige Schrift lehrt, ein Priester sei immer ein Priester. Erst die Inquisition hat diese Worte so interpretiert, dass ein Priester, der seine Berufung verliert, von Anfang an kein wahrhaftiger Priester gewesen sein könne. Studieren Sie die Heilige Schrift , mein Sohn, und Sie werden nirgendwo einen Beleg für diese Lehrmeinung finden!«
    Er schwieg, und wieder senkte sich Stille über das Arbeitszimmer. Doch Paityr wusste, dass der Erzbischof noch nicht fertig war. Also blieb er reglos sitzen und wartete. Es dauerte einen Moment, doch dann fuhr Staynair tatsächlich fort.
    »Ich bin Bédardist. Mein Orden weiß mehr darüber, wie der menschliche Verstand und der menschliche Geist sich selbst schaden können, als die meisten von uns jemals zu lernen gewünscht hätten. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir uns selbst buchstäblich von allem überzeugen können, was wir für die Wahrheit halten wollen. Es besteht ebenso wenig Zweifel daran, dass wir ungleich skrupelloser – ungleich grausamer – dabei sein können, uns selbst zu strafen, als jeder andere das jemals sein könnte. Wir können unzählige Mittel und Wege finden, uns selbst in Frage zu stellen und für Dinge zu verurteilen, von denen nur wir etwas wissen – für angebliche Missetaten, von denen nur wir wissen, dass wir sie jemals begangen haben. Das können wir, und das tun wir auch, mein Sohn, glauben Sie mir! Es gibt Zeiten, wo genau das tatsächlich eine Art Gerechtigkeit ist. Doch in den meisten Fällen wird da ein Unschuldiger bestraft. Oder zumindest werden auf diese Weise echte oder eingebildete Missetaten ungleich strenger bestraft, als wir jemals einen anderen Menschen für eben diese Missetat strafen würden.
    Das heißt nicht, dass ich glaube, genau das täten Sie gerade! Ich könnte eine beliebige Anzahl von Faktoren in Ihrem Leben nennen, die Grund für seelische Anspannung, für Sorge, für Entrüstung wären, sogar für das Bedürfnis, sich selbst zu strafen – dafür, dass Ihr Vater und Ihr Onkel und so viele andere Menschen, die Sie schon Ihr ganzes Leben lang gekannt haben, so grausam abgeschlachtet wurden. All diese Faktoren zusammengenommen, mein Sohn, reichten aus, um einen jeden dazu zu bringen, seinen Glauben in Frage zu stellen. Und genau das ist die Grundlage einer jeden Berufung, mein Sohn. Glaube ... und Liebe.
    Aber ich meine im Gegensatz zu Ihnen nicht, Ihr Glaube sei ins Wanken geraten.« Staynair schüttelte den Kopf und kippte seinen Sessel ein wenig weiter zurück. »Ich habe dafür keinerlei Anzeichen gesehen. Ich weiß, dass Ihre Liebe für die Kinder Gottes ebenso warm und leidenschaftlich ist wie je zuvor. Trotzdem mag selbst das gläubigste und Liebe im Überfluss schenkende Herz nicht zum Amt des Priesters berufen sein. Im Widerspruch zu dem, was das Offizium der Inquisition lehrt, habe ich Männer gekannt, die meines festen Glaubens nach wahrhaft berufen waren und die diese

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