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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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auf und eilte zielsicher durch das dunkle Wohnzimmer in den Flur. Höchstwahrscheinlich
hatte der Wolfshund die Absicht, die Tiere durch eines der Fenster der Bibliothek an der Südseite des Hauses zu beobachten.
    Grady war sich ganz sicher, dass diese Besucher fasziniert von ihm und gespannt auf ihn waren. Daher sah er keinen Grund, durch das düstere Haus hinter ihnen herzuhasten und dabei zu riskieren, dass er hinfiel und sich einen Knochen brach. Sie würden sich nicht in die Berge zurückziehen und ihn für alle Zeiten über ihre wahre Natur grübeln lassen. Sie hatten einen Entdeckungsprozess in die Wege geleitet, und es war unwahrscheinlich, dass sie davon ablassen würden.
    Diese Erwartungshaltung war ganz und gar außergewöhnlich. Wilde Tiere waren von Natur aus wachsam. Sogar selbstsichere Raubtiere wie Berglöwen stahlen sich beim Anblick eines Menschen im Allgemeinen davon und verbargen sich im Gestrüpp.
    In dieser unermesslichen bewaldeten Weite waren nur Bären furchtlos. Ein Braunbär von knapp vierhundert Kilo war jederzeit bereit, einen Menschen anzugreifen statt ihn zu ignorieren.
    Grady tastete sich vorsichtig durch das Wohnzimmer, vom Sofa zum Sessel und von dort aus zu einem weiteren Sessel, und als er den Flur erreichte, hörte er das leise Winseln des aufgeregten Hundes.

18
    Der Nachtfalter tanzte um die unechte Flamme der Deckenlampe, und auf den Seiten des Buchs, in dem Cammy Rivers nach Antworten suchte, schwoll sein Schatten an und schrumpfte dann wieder.
    Die Pferde und die anderen Tiere auf der High Meadows Farm hatten nicht den Eindruck gemacht, als hätte die Zeit, die sie in Trance verbracht hatten – falls es denn überhaupt ein Trancezustand gewesen war –, ihnen geschadet. Aber ein derartiges Verhalten musste bestimmt ein Symptom für eine körperliche Störung sein.
    In der Küche ihrer Wohnung über der Veterinärklinik stapelten sich Nachschlagewerke, die sie bisher nicht weitergebracht hatten, auf dem Tisch. Das Internet hatte auch nichts ergeben, und daher legte sie eines der Bücher zur Seite und schlug in einem anderen das Stichwortverzeichnis auf.
    Absencen bei Epileptikern wurden nicht von anomalen Bewegungen begleitet. Der Betroffene schien bei Bewusstsein zu sein, war es aber nicht, und der Anfall konnte irrtümlich für Tagträumerei oder Unaufmerksamkeit gehalten werden.
    Die längste Absence dauerte jedoch weniger als eine Minute. Die Vollblüter und ihre Lieblinge auf der High Meadows Farm waren den Augenzeugen zufolge länger als fünfzehn Minuten in Trance gewesen.
    Außerdem war bei keinem der Tiere auf der Farm schon früher Epilepsie diagnostiziert worden. Und es war vernunftwidrig zu vermuten, bei allen würden sich gleichzeitig Anzeichen eines Leidens zeigen, das durchschnittlich nur eines unter dreihundert Lebewesen befiel.
    Neben angeborenen Leiden konnten andere Fälle, in denen Epilepsie auftrat, auf das Geburtstrauma und Schläge auf den Kopf zurückgeführt werden, aber auch auf vorausgegangene Meningitis, Enzephalitis oder bakterielle Entzündungen des Gehirns. Symptome solcher vorausgehenden Krankheiten hätte man jedoch unmöglich übersehen können. Keines der Tiere auf der High Meadows Farm – ganz zu schweigen von ihnen allen – litt an einer solchen Krankheit.
    Nachdem sie Epilepsie ausgeschlossen hatte, wandte sich Cammy systemischen Pilzerkrankungen zu. Sie erinnerte sich vage daran, dass bestimmte exotische Pilze – nicht die weiter verbreiteten Gattungen wie Coccidiodes – Auswirkungen auf das Gehirn haben konnten, zu denen Absencen und Halluzinationen zählten.
    Pilze traten oft nur in bestimmten Regionen auf, aber sie beschränkte ihre Suche nicht auf die Gattungen, die in den Rocky Mountains vorkamen, noch nicht einmal auf die Gattungen im Westen der USA.
    Die Pilze, die solche Symptome hervorrufen konnten, waren in der Tat selten. Noch seltener waren jene, bei denen es vorstellbar war, dass sie sich in vier verschiedenen Arten festsetzen konnten – Pferden, Ziegen, Katzen und Hunden.
    Die Ente würde sie außer Betracht lassen. Sie hatte
noch nie eine Ente behandelt. Sie wusste nicht, wie Enten dachten oder ob sie sich überhaupt Gedanken machten. Die Ente war bestenfalls eine Ablenkung. Zum Teufel mit der Ente.
    Das Problem damit, den Vorfall auf eine Pilzerkrankung zurückzuführen, bestand darin, dass keines der Tiere eines oder gar mehrere der üblicheren Symptome von Pilzerkrankungen gezeigt hatte: Durchfall, Fieber,

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