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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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chronischer Husten, Atemnot, Gewichtsverlust, Lethargie …
    Bevor sie die High Meadows Farm verlassen hatte, hatte Cammy sieben Pferden, drei Ziegen und drei Hunden Blutproben entnommen. Am Morgen würde sie diese Proben per Kurier an das Labor in Colorado Springs senden.
    Wenn man bedachte, dass keines der Tiere litt und dass keines von ihnen andere beunruhigende Symptome als die gemeinsame Trance aufwies, brauchte sie bloß den Bericht des Labors abzuwarten, um ihre Pflicht erfüllt zu haben. Dennoch nahm sie sich nach den Pilzen etliche dicke Bände vor, die sich mit seltenen und exotischen Protozoeninfektionen befassten.
    Sie hatte ihr Leben ganz und gar der Heilung von Tieren und der Linderung ihrer Leiden verschrieben. Sie lebte für nichts anderes. Ihre Patienten waren ihre Familie, ihre Kinder, ihre Leidenschaft, ihre Mission, ihr einziger Weg zu innerem Frieden.
    Kein Tier hatte sie jemals verraten. Kein Tier hatte sie jemals ihrer Würde beraubt. Kein Tier hatte sie jemals unterdrückt und erniedrigt. Kein Tier hatte sie jemals gequält.
    Über den Bücherstapeln wuchsen die Schatten lautloser Flügel an und schrumpften wieder. Sie fielen auch auf die weißen Seiten des aufgeschlagenen Bandes und auf ihre schlimm vernarbten Hände.

19
    Auf der Südseite des Flurs im Erdgeschoss lag das Esszimmer, das Grady mit Regalen gesäumt hatte, um dort die Bücher aufzubewahren, die nicht mehr in sein Arbeitszimmer passten. Er brauchte kein Esszimmer. Er aß immer an dem kleinen Tisch in der Küche, wo nur zwei Stühle hinpassten, und bei den seltenen Gelegenheiten, wenn er abends Gesellschaft hatte, lud er immer nur einen einzigen Gast ein.
    Als er dem aufgeregten Winseln des Wolfshundes folgte, überquerte Grady die Schwelle zur Bibliothek.
    Merlin stand aufgerichtet da, mit den Pfoten auf dem Fensterbrett wie schon in den bisherigen Räumen, und zeichnete sich als Silhouette vor der Scheibe ab.
    Grady machte drei Schritte, ehe ihn der Anblick dessen, was er vor dem Fenster sah, erstarren ließ, da er sich beim besten Willen keinen Reim darauf machen konnte.
    In Relation zum Haus stand der Mond weiter im Osten als im Westen, weiter im Norden als im Süden. Kein Vordach ragte aus dieser Seite des Hauses, und doch konnte der Mondschein diese Scheiben an der Südseite ebenso wenig erreichen wie die im Wohnzimmer.
    Freischwebend, als seien sie schwerelos, hingen in der Dunkelheit jenseits der Scheibe, etwas höher als der stämmige Kopf des Hundes, vier leuchtende goldene Kugeln,
von denen jede einen Durchmesser von sieben bis acht Zentimetern hatte, so hell wie Kerzenlicht, aber konstant in ihrem Schein, ohne jedes Pulsieren oder Flackern. Zwei befanden sich nebeneinander auf einer horizontalen Linie, und zwei schwebten in einem spitzen Winkel dazu.
    Seifenblasen , dachte er. Nicht nur, weil sie frei zu schweben schienen, sondern auch, weil ihre Farbe weniger konstant war als ihre Leuchtkraft. Sie erwiesen sich als leicht schillernd. Verschiedene Goldtöne durchzogen sie, kupferne Sprenkel und Ströme von Silber, ganz so, wie sich ein vollständiges Farbspektrum auf der Oberfläche einer Seifenblase manifestiert.
    Wenn es ihm auch noch so leichtfiel, sich die schwebenden Kugeln als Blasen vorzustellen, war ihm doch intuitiv klar, dass sie nicht so vergänglich waren. Sie besaßen mehr Substanz, als ihr erster Eindruck vermuten ließ.
    Die Kugeln waren zwar voller Licht, schienen jedoch kein Licht von sich zu geben. Die Fensterscheiben gewannen durch sie keinen Glanz und der Hund auf der Innenseite der Scheibe auch nicht. Der Fensterrahmen aus mattsilbernem Zedernholz war einheitlich dunkel. Diese Kugeln leuchteten nicht in dem Sinn, dass sie ihr Licht und ihre Farbe abgaben. Irgendwie behielten sie beides für sich.
    Grady trat näher an das Fenster, und als er dicht neben Merlin stand, nahm das Schillern der Objekte zu. In zweien zog sich Saphirblau durch das Gold und dann viele Blautöne auf einmal. Wiederholt brach das Gold
durch die anderen Farbtöne, wie die Grundfarbe eines raschelnden Gewandes aus schimmernder Seide. Die dritte und die vierte Kugel gingen ganz von Gold in Blau- und Grüntöne über.
    Der Wolfshund drückte unablässig seine Aufregung und seinen Eifer aus, und zwar mit einer Stimme, die so dünn war, dass sie klang, als gehöre sie einem wesentlich kleineren Hund.
    Die Kugeln mochten noch so schön sein, doch das, was ihm besonders naheging, war ihre Fremdheit. Eine fortwährende Aurora

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