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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Traum gehabt, in dem er in einer Höhle mit glatten gewölbten Wänden direkt über der Flutmarke lebte und hereinströmender Wind manchmal in vielen Stimmen sprach. In dem Traum erhob sich das Meer und schwoll zu einer Monsterwelle an, die zu ihm kam, während er dalag und beobachtete, wie das Wasser die Sterne für sich forderte.
    Nach dem zweiten Traum kam er an die Küste und lief meilenweit über einsame Sand- und Kiesstrände, bis er seine derzeitige Unterkunft mit ihren glatten gewölbten Wänden fand. Er hatte an die Verheißung des Tsunami geglaubt und er hatte gewusst, was er zu tun hatte: auf die große Welle warten, die ertränkende Strömung.
    Der Vorfall auf dem Parkplatz änderte alles. Er wusste nicht mehr, was er nun tun sollte.
    Er saß in der Brandung, während der Tag verblasste. Wenn das Meer sein Versprechen nicht halten wollte, das es ihm gegeben hatte, dann würde es durch das stetige Anströmen gegen seine Brust vielleicht Verständnis dafür in ihn schwemmen, was er gesehen hatte, was das Gesehene zu bedeuten hatte und was er jetzt tun musste, statt weiter auf die Welle zu warten.
    Zwei Leute auf dem Parkplatz riefen ihm von oben etwas zu. Er nahm keine Notiz von ihnen. Später kletterten zwei junge Männer an der Klippe hinunter, entweder um zu sehen, ob sie ihm helfen konnten, oder, was wahrscheinlicher war, um zu sehen, ob sie sich grausame Scherze mit ihm erlauben konnten. Als sie näher kamen, sagte einer von beiden: »He, Alter, wo ist dein Surfboard? «
    Als er sich umdrehte und sie ansah, blieben sie beim Anblick seines Gesichts abrupt stehen. Ihre Haltung und ihre Mienen veränderten sich, und sie wichen ein paar Schritte zurück.
    Während die beiden miteinander tuschelten, hob Tom seine Hände aus der Brandung und zeigte ihnen seine riesigen Pranken.
    Die jungen Männer zogen sich bis zur Klippe zurück und kamen nicht wieder.
    Nach einer Weile zog sich auch Tom so weit auf den Strand zurück, dass die Wellen vor seinen Füßen brachen.
    Weder die Abenddämmerung noch der Anbruch der Nacht brachten ihm Klarheit.
    Der Mond versilberte den Schaum der Brandung.
    Weit draußen auf dem schwarzen Meer bewegten sich Schiffslaternen nach Norden und nach Süden, leuchteten heller und entschwanden.
    Als käme er durch die Zeit aus einer vormenschlichen Welt herausgetreten, tauchte ein prachtvoller Blaureiher von einmaliger Größe südlich von ihm auf, ein prähistorisches Wesen von fast eineinhalb Metern Höhe, watete durch das seichte Wasser mit dem Purpurschimmer, das die Welle zurückgelassen hatte, als sie brach, und pickte, während er auf ihn zukam, Nahrung auf.
    Reiher trompeteten oft während der Jagd. Dieser kam stumm heranstolziert. Der Vogel blieb nicht weit von Toms Füßen stehen und betrachtete ihn mit seinen winzigen Augen, vor die der Mond Monokel zauberte. Statt seine gewaltigen Flügel auszubreiten und sich in die Luft zu erheben oder aggressiv seinen drohenden Schrei auszustoßen, blieb er nur kurz stehen, lief dann geringschätzig an ihm vorbei, setzte seinen Weg nach Norden am Ufer fort und spießte mit dem scharfen Schnabel kleine Fische auf.
    Der Mond, die Schiffe und der jagende Reiher schienen dieselbe Botschaft für Tom Bigger zu haben: Steh auf, lauf los, bleib in Bewegung.
    Da er plötzlich fröstelte, streifte er seine nassen Sachen ab und ließ sie auf dem Strand liegen. Er zog dicke Socken, Laufschuhe, Jeans und ein Jeanshemd an, seine Wechselklamotten, von denen er je zwei zur Auswahl hatte.
    In seinen Rucksack packte er sechs Halbliterflaschen Tequila und ließ seine übrigen Vorräte am hinteren Ende der Höhle im Sand vergraben, obwohl er den Verdacht hatte, er würde nie mehr zurückkehren.
    Da sein Bettzeug abgenutzt und schmutzig war, ließ er es in der Höhle zurück, doch die Dose mit den Joints und seine Pistole packte er ein.
    Noch hatte er kein Ziel vor Augen und ließ sich von dem Verkehr auf See die Richtung weisen. Im Moment waren die Lichter von zwei Schiffen zu sehen. Beide zogen nach Süden, und daher lief auch Tom Bigger nach Süden, in Richtung Stadt.
    Er glaubte nicht, dass die Stadt sein Endziel sein würde. Vielleicht würde er bei seiner Ankunft ein Zeichen erhalten, das ihm sagte, wohin er von dort aus gehen sollte.
    Manchmal traf er Entscheidungen aufgrund von Träumen, die ihm prophetisch erschienen. Wie vor einigen Monaten, als er diesem Traum zu der Höhle am Meer gefolgt war, in der Hoffnung auf die zerstörerische Flutwelle. Die

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