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Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Die Unbekannten: Roman (German Edition)

Titel: Die Unbekannten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Manchmal war falsch richtig und manchmal war richtig falsch, und die meiste Zeit über traf keiner der beiden Begriffe zu. Denke, handle, akzeptiere dein Tun, zieh weiter.
    Als er in der Küche aus den jämmerlichen Lebensmittelvorräten, die ihm seine dahingeschiedenen Verwandten hinterlassen hatten, ein unzulängliches Mittagessen zubereitete, hörte er Geräusche auf dem Dachboden. Jemand kroch dort oben herum.

54
    Noch am Montagmorgen, keine zwei Stunden nach seinem Treffen mit Liddon Wallace auf dem achtzehnten Grün, flog Rudy Neems von Seattle nach San Francisco.
    Er hatte dem Anwalt gesagt, er würde die Reise am kommenden Nachmittag antreten. Er hatte ihm außerdem zugesagt, die Ehefrau und den Sohn am Dienstagabend zu töten.
    In beiden Fällen hatte Rudy gelogen.
    Er traute Liddon Wallace nicht. Bei einem Typen, der dich beauftragte, seine Familie zu töten, war kein Verlass darauf, dass er dich mit Fairness und Respekt behandelte.
    Wallace hatte zugegeben, dass er noch andere Kerle von Rudys Sorte an der Hand habe. Angenommen, einer von ihnen hieße Burt.
    Und angenommen, Burts Job bestünde darin, in Rudys Hotelzimmer zu warten, wenn Rudy zurückkam, nachdem er Kirsten und ihren kleinen Jungen getötet hatte.
    Angenommen, Burt tötete Rudy und ließe es wie einen Selbstmord aussehen.
    In dem Abschiedsbrief, den Burt in einer perfekten Imitation von Rudys Handschrift abfasste, konnte stehen, Rudy habe im Lauf der Jahre viele Mädchen getötet und hasse sich selbst, und Liddon Wallace hätte er dafür gehasst, dass er im Fall Hardy einen Freispruch für ihn erwirkt hatte, obwohl Rudy sich in Wirklichkeit gewünscht
hatte, jemand würde ihn aufhalten, bevor er wieder mordete.
    Wenn er am Leben blieb, war Rudy ein Problem, das es noch zu lösen galt. Wenn er tot war, konnte er Wallace nicht verpfeifen.
    Und wenn Rudy dann tot war, würde man wiederum nicht in Burts Haut stecken wollen.
    Angenommen, einer der anderen Typen, die Liddon Wallace an der Hand hatte, hieße Ralph – es könnte auch Kenny oder irgendein anderer Name sein. Wenn Burt im Hotel in sein eigenes Zimmer zurückkehrte, würde ihn dort vielleicht schon Ralph erwarten.
    Ralph würde nicht wissen, dass Burt gerade Rudy getötet hatte, und daher wäre, wenn Burt tot war, keiner mehr am Leben, der den Anwalt mit der Ermordung seiner Frau und seines Kindes in Verbindung bringen könnte. Keine ungelösten Probleme mehr.
    Aber wenn Ralph in sein Zimmer in dem Hotel zurückkehrte, konnte es sein, dass ihn dort Kenny – oder vielleicht hieß er auch Fred – erwartete. Vielleicht ging es immer so weiter, bis das ganze Hotel voll mit Toten wäre.
    Rudy Neems besaß ausreichende Selbsterkenntnis, um zu wissen, dass er paranoid war. Das war einer der Gründe, weshalb er Menschen umbrachte. Aber natürlich war das nicht der vorrangige Grund, denn wenn es sein Hauptgrund gewesen wäre, dann hätte er verrückt sein müssen.
    Rudy war jedoch bei bester geistiger Gesundheit. Er tötete nicht aus rasender Wut. Er wusste genau, warum er
tötete. Seine Motivation war komplex und durch reine Vernunft erlangt: herrenlose Freiheit.
    Daher belog er Liddon Wallace. Er flog acht Stunden vor der Zeit, die er ihm angegeben hatte, in Seattle los. Rudy hatte die Absicht, Kirsten und Benny noch am selben Abend zu töten und nicht erst am Abend des folgenden Tages, wenn Burt Rudy erwarten würde, um ihn zu töten.
    Der Hinflug hätte nicht erfreulicher verlaufen können. Sie gerieten in keine Turbulenzen und sie stürzten auch nicht ab.
    Rudy plauderte während des gesamten Fluges mit Pauline, einer älteren Dame, die zur Geburt ihres Ururenkels nach San Francisco flog.
    Sie trug ein kleines Album mit Schnappschüssen von ihrer Familie bei sich. Sie hatte auch Bilder von ihren zwei Katzen. Die waren niedlicher als ihre Familie.
    Rudy verspürte kein Verlangen, Pauline zu töten. Da er keinen Sex mit älteren Frauen hatte, tötete er auch nie ältere Frauen.
    Am Gepäckband wurde Pauline von ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn erwartet. Sie hießen Don und Jennifer.
    Pauline stellte ihnen Rudy vor und bezeichnete ihn als »den Engel, der mich meine Flugangst hat vergessen lassen«.
    Tatsächlich verhielt es sich so, dass Rudy in Flugzeugen deshalb mit seinen Sitznachbarn redete, weil auch er sich vor dem Fliegen fürchtete. Er musste sich davon ablenken, an all die Dinge zu denken, die in der Luft schiefgehen
konnten. Wie zum Beispiel, dass ein Triebwerk abreißen

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