Die Unbezähmbare
festhielt. “Sind sie immer noch aktiv?”
“Nein, sie waren von einer Regierung unterstützt worden, die inzwischen nicht mehr im Amt ist. Die neue Regierung ist uns freundlich gesonnen.”
Offenbar versuchte er sie zu beruhigen. Das gab ihr den Mut, weiter zu sprechen, obwohl sein eisiger Ton mehr als abweisend war.
“Aber dass es überhaupt passiert ist!”
Seine nächsten Worte trafen sie wie ein Schlag ins Gesicht: “Sie hielten mich für ein leichtes Ziel, nachdem ich kurz zuvor von einer Frau in die Knie gezwungen worden war.”
Jasmine hätte fast aufgeschrien vor Verzweiflung. Ihretwegen wäre Tariq fast getötet worden, das machte ihr Angst. Und natürlich wurde es dadurch für sie noch unendlich schwieriger, alles wieder einzurenken, vielleicht sogar unmöglich. Inzwischen war ihr klar, welche Rolle Stolz und Ehre in Tariqs Leben spielten. Er war von Natur aus ein stolzer Mensch, und sein Stolz war auf grässliche Weise verletzt worden. Seine Stärke als Krieger und Führer seines Volkes war infrage gestellt worden, weil er sich den Luxus von Emotionen gestattet hatte. Wie könnte er jemals der Frau verzeihen, die schuld daran war, dass es überhaupt zu dieser schweren Beleidigung kommen konnte?
Ein Ruf von einem der Männer unterbrach das schwer lastende Schweigen. Tariq antwortete, ohne den Blick von Jasmine zu lösen. Sein Ausdruck war undurchdringlich, seine Stimme rau und kehlig, als ob auch er starke Gefühle unterdrücken müsste.
“Wir müssen gehen.”
Betäubt von dem Schock nickte Jasmine und folgte Tariq. Als er ihr etwas zu Essen in die Hand drückte, rührte sie sich nicht. Da flüsterte er ihr ins Ohr: “Iss, Mina, sonst nehme ich dich auf den Schoß und füttere dich.”
Sie glaubte ihm und zwang sich einen Bissen nach dem anderen hinunter. Auch sie hatte ihren Stolz.
Vorsichtig hob Tariq Jasmine auf das Kamel. Er wusste, dass sie einen Brechreiz bekämpfen musste, aber sein Beschützerinstinkt ließ es nicht zu, dass sie diese beschwerliche Reise mit leerem Magen antrat. Sie würde ihre Kräfte brauchen.
Geschickt stieg er hinter ihr auf, ohne sie anzurempeln. Seit seinem Bericht über das Attentat schwieg sie. Es missfiel ihm, dass sie so still war. Seine Jasmine war sprühende Lebendigkeit und Fröhlichkeit. Er wusste, dass er sie mit seinem unwirschen Verhalten abgestoßen hatte. Er hatte im Zorn mit seiner Frau gesprochen. Und nun, da dieser verraucht war, wusste er nicht, wie er zu ihr zurückfinden sollte.
“Halt dich fest”, sagte er, dabei hatte er den Arm so fest um ihre Taille gelegt, dass gar nichts passieren konnte. Niemals würde er sie fallen lassen, niemals zulassen, dass ihr etwas geschah.
Sie hielt sich an ihm fest, doch nur so lange, bis das Kamel aufgestanden war. Ihr weißer Kopfschutz gab ihr die Möglichkeit, sich vor ihm zu verbergen, das missfiel ihm. Sie sollte wieder mit ihm sprechen, er brauchte das. Diese Tatsache machte ihn wütend. Ein Scheich brauchte niemanden. Der Mann war ein Narr, der eine Frau brauchte, die ihre Unfähigkeit, treu zu sein, unter Beweis gestellt hatte. Er hatte sich einfach an ihre Anwesenheit und an ihre Stimme gewöhnt. Das war alles.
“Wirst du den ganzen Tag ein langes Gesicht machen?” Er wusste, er war nicht fair, aber er konnte nicht anders und hoffte, dass sie sich zur Wehr setzten würde. Sie sollte auch etwas empfinden, selbst wenn es nur Wut war.
“Ich mache kein langes Gesicht.” Ein wenig von ihrem Temperament war Jasmines Stimme anzuhören.
Ein Teil von ihm, der Teil, den er verleugnete, fühlte sich erleichtert. Sie war also nicht völlig am Boden zerstört. “Es ist besser, wenn du die Wahrheit weißt.”
“Du meinst, dass du mir niemals wieder dein Herz öffnen wirst?”
Fast hätte ihre direkte Frage ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. “Ja. Ich werde nicht noch einmal so ein leichtes Ziel sein.”
“Ziel?” Es war nur ein Flüstern. “Aber wir sind doch nicht im Krieg.”
“Schlimmer.” Nach ihrer Zurückweisung vor vier Jahren war er kaum noch zu einem klaren Gedanken fähig gewesen. Er hatte sie mehr geliebt als die endlose Wüste seines Heimatlandes, doch es war diese endlose Wüste gewesen, die ihm geholfen hatte, über den Schmerz hinwegzukommen, den sie ihm zugefügt hatte.
“Ich will nicht mit dir streiten.”
Ihre Antwort besänftigte ihn. “Du gehörst jetzt zu mir, meine Jasmine, für immer. Es gibt keinen Grund zu streiten.” Sein Herz würde er ihr nicht mehr
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