Die UnderDocks - Verschwörung in der Hafencity
tun. Doch dann kam ihm plötzlich eine geniale Idee.
»Sag mal«, begann er vorsichtig. »Wenn du so gut im Türöffnen bist ...«
»Was heißt hier, wenn !«, unterbrach der Junge ihn sofort. »Nicht umsonst nennt man mich Kevin, the key !«
»The key?«, wiederholte Leon ungläubig. Wie konnte sich jemand der Schlüssel nennen lassen? In einer Zeit, in der es längst keine Schlüssel mehr gab!
Doch Kevin nickte stolz. »Zeig mir die Tür, die ich nicht aufbekomme!«
Leon zeigte auf die Ausgangstür. »Die da!«
»Keine schlechte Idee«, fand Kevin. »Ich weiß zwar nicht, wo ich bin. Aber ich will hier weg.« Er schaute sich um.
»Was suchst du?«, fragte Leon.
»Klamotten!«, antwortete Kevin. »Oder willst du etwa in Unterhose raus?«
»Es bleibt uns wohl nichts anderes übrig«, glaubte Leon, was ihm erneut einen skeptischen Blick von Kevin einbrachte.
»Und was hast du mit Tjark gemacht, dass du hier gelandet bist? Wenn du kein Einbrecher bist?«
Leon biss sich auf die Lippen. Gute Frage!, dachte er. Leider hatte er nicht die geringste Idee, was er darauf antworten sollte. Auf keinen Fall würde er Kevin the key von den UnderDocks erzählen!
»Ich ... äh ...«, stotterte Leon. Mit einem Mal kam ihm der Steckbrief in den Sinn, den er im Fahrstuhl entdeckt hatte. »Ich bin auf der Suche nach Timor.Der ist seit zwei Tagen verschwunden. Und die Spur führte hierher.« Daran war nicht mal etwas gelogen, dachte er zufrieden.
»Timor?«, fragte Kevin nach. »Die Schmiere?«
»Die was?« Dieser Kevin schien in einer gänzlich anderen Welt zu leben. Leon verstand nur jedes zweite Wort.
»Timor stand bei Tjark meistens Schmiere. Auch bei unserem Apotheken-Deal. Ist ja ein Ding! Wo ist er?«
»Keine Ahnung«, antwortete Leon wahrheitsgemäß.
»Komisch«, fand Kevin. Erst jetzt, als er aufstand, sah er das zweite Bett neben sich. Vorher hatte er nur zur anderen Seite geschaut, wo Leon vor der Tür stand. »Ach du Kacke!«
»Was ist?«, wunderte sich Leon.
Kevin sprang aus seinem Bett, eilte auf das Mädchen zu und begann, es wie wild zu schütteln.
»Tanja!«, rief Kevin. »Wach auf!«
»Du kennst sie?«, fragte Leon.
Kevin drehte sich zu Leon um. »Logisch kenn ich die. Das ist meine Schwester!« Wieder wandte er sich dem Mädchen zu. »Tanja. Wach auf!«
»Ich weiß nicht, ob das so klug ist«, wagte Leon einzuwenden. »Wie gesagt, ich glaube, du bist außerplanmäßig zu früh aufgewacht.«
»Wie, zu früh?«, fragte Kevin nach. »Was machtdie überhaupt hier? Wenn wir abhauen, muss sie mit!«
»War sie auch ...«, begann Leon vorsichtig, seine Frage zu formulieren, »... mit bei dem Apotheken-Deal?«
Kevin schaute Leon an. »Spinnst du? Tanja doch nicht. Das hat die gar nicht nötig!«
»Aha?«, Leon fragte sich, wie diese Bemerkung wohl wieder gemeint war.
»Warte ab, bis sie wach ist! Tanja quatscht dir so lange die Ohren ab, bis du ihr freiwillig dein gesamtes Vermögen vermachst. Glaub’s mir. Eher bringt sie den Polizeipräsidenten dazu, eine Bank auszurauben, als dass sie sich selbst die Finger schmutzig machen würde.«
»Vielleicht solltest du sie dann lieber in Ruhe liegen lassen?«, schlug Leon unbedacht vor.
»Hey! Spinnst du?!«, fuhr ihn Kevin an. »Ich hab doch gesagt: Das ist meine Schwester!«
»Schon gut«, entschuldigte sich Leon.
Kevin war inzwischen dazu übergegangen, Tanja ein paar leichte Ohrfeigen zu verpassen, um sie aufzuwecken. Mit Erfolg.
Und ganz offenbar hatte Kevin seine Schwester auch vortrefflich beschrieben. Denn das Erste, was sich bei Tanja öffnete, waren nicht etwa ihre Augen, sondern ihr Mund. Und sie sprach so schnell, dass Leon den Inhalt gar nicht mitbekam. Obwohl sieauch nur in einem OP-ähnlichen Nachthemd im Bett lag, erkannte Leon, dass sie augenscheinlich sehr viel Wert auf Mode legte. Denn so, wie es seit Kurzem angesagt war, hatte Tanja sich farbig schillernde Edelstein-Imitate auf die Schneidezähne geklebt. Bei den schnellen Mundbewegungen des Sprechens blitzten die Steine wie kleine Discokugeln immer wieder aus dem Mund hervor.
Sie erzählte irgendwas von anderen Mädchen, die sie angerufen hatte oder eben nicht und dass sich alle hatten treffen wollen, aber etwas dazwischengekommen sei, und sie stattdessen ...
Leon rauchte schon der Kopf. Alles, was er begriff, war, dass es sich um komplett belangloses Zeug handelte, was Tanja da vor sich hinplapperte. Er vermutete, dass auch sie während des Aufwachstadiums noch sehr benebelt
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