Die unendliche Geschichte
zuliebe tut. Aber das betraf nur Bastian, denn Jicha fand tatsächlich den schneeweißen, geflügelten Hengst und machte Hochzeit mit ihm. Und sie bekam später einen Sohn, der ein weißer, schwingentragender Maulesel war und Pataplán genannt wurde. Er machte noch viel von sich reden in Phantasien, doch das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden.
Von nun an reiste Bastian in Xayídes Sänfte weiter. Sie hatte ihm sogar angeboten, auszusteigen und zu Fuß nebenher zu gehen, um ihm alle nur erdenkliche Bequemlichkeit zu verschaffen, aber das hatte Bastian nicht von ihr annehmen wollen. So saßen sie nun also zusammen in der geräumigen Korallensänfte, die sich an die Spitze des Heerzuges setzte. Bastian war noch immer ein wenig verstimmt, auch Xayíde gegenüber, die ihm ja den Rat gegeben hatte, sich von der Mauleselin zu trennen. Und Xayíde hatte das sehr bald heraus. Seine einsilbigen Antworten ließen keine rechte Unterhaltung zustande kommen. Um ihn aufzumuntern, sagte sie heiter:
»Ich möchte dir ein Geschenk machen, mein Herr und Meister, wenn du die Gnade haben willst, es von mir anzunehmen.«
Sie zog unter den Sitzpolstern ein äußerst kostbar verziertes Kästchen hervor. Bastian richtete sich erwartungsvoll auf. Sie öffnete es und holte einen schmalen Gürtel daraus hervor, der wie eine Art Kette aus beweglichen Gliedern bestand. Jedes Glied und auch die Schließe waren aus klarem Glas.
»Was ist das?« wollte Bastian wissen.
Der Gürtel klirrte leise in ihrer Hand.
»Es ist ein Gürtel, der unsichtbar macht. Doch du, Herr, mußt ihm seinen Namen geben, damit er dir gehört.«
Bastian betrachtete ihn. »Gürtel Gemmai«, sagte er dann.
Xayíde nickte lächelnd. »Nun gehört er dir.«
Bastian nahm den Gürtel entgegen und hielt ihn unschlüssig in der Hand.»Willst du ihn nicht gleich einmal ausprobieren«, fragte sie, »um dich von seiner Wirkung zu überzeugen?« Bastian legte sich den Gürtel um die Hüfte und fühlte, daß er wie angegossen paßte. Allerdings fühlte er es nur, denn er konnte sich selbst nicht mehr sehen, weder seinen Leib noch seine Füße, noch seine Hände. Es war ein höchst unangenehmes Gefühl, und er versuchte, die Schließe gleich wieder zu öffnen. Doch da er weder seine Hände noch den Gürtel mehr sehen konnte, gelang es ihm nicht.
»Hilfe!« stieß er mit erstickter Stimme hervor. Er hatte plötzlich Angst, nie wieder diesen Gürtel Gemmai abstreifen zu können und für immer unsichtbar bleiben zu müssen. »Man muß es erst lernen, damit umzugehen«, sagte Xayíde, »das ging mir auch so, Herr und Gebieter. Erlaube, daß ich dir helfe!«
Sie griff in die leere Luft, und im Nu hatte sie den Gürtel Gemmai geöffnet, und Bastian sah sich selbst wieder. Er stieß einen erleichterten Seufzer aus. Dann lachte er, und auch Xayíde lächelte und sog Rauch aus dem Schlangenmundstück ihrer Wasserpfeife.
Jedenfalls hatte sie ihn auf andere Gedanken gebracht.
»Nun bist du besser gegen jeden Schaden geschützt«, meinte sie sanft, »und daran liegt mir mehr, als ich dir sagen kann, Herr.«
»Schaden?« erkundigte sich Bastian, noch immer ein wenig konfus, »was für ein Schaden denn?«
»Oh, niemand ist dir gewachsen«, flüsterte Xayíde, »nicht, wenn du weise bist. Die Gefahr liegt in dir selbst, und deshalb ist es schwer, dich vor ihr zu schützen.«
»Was meinst du damit - in mir selbst?« wollte Bastian wissen.
»Weise ist es, über den Dingen zu stehen, niemand zu hassen und niemand zu lieben. Aber dir, Herr, liegt noch immer an Freundschaft. Dein Herz ist nicht kühl und teilnahmslos wie ein schneeiger Berggipfel - und so kann einer dir Schaden zufügen.«
»Und wer sollte das sein?«
»Der, dem du trotz all seiner Anmaßung noch immer zugetan bist, Herr.«
»Drück dich deutlicher aus!«
»Der freche und ehrfurchtslose kleine Wilde aus dem Stamm der Grünhäute, Herr.« »Atréju?«
»Ja, und mit ihm der unverschämte Fuchur.«
»Und die beiden sollten mir schaden wollen?« Bastian mußte fast lachen.
Xayíde saß mit gesenktem Kopf.
»Das glaube ich nie und nimmer«, fuhr Bastian fort, »ich will nichts mehr davon hören.« Xayíde schwieg und senkte den Kopf noch tiefer.
Nach einer langen Stille fragte Bastian:
»Und was sollte das überhaupt sein, was Atréju gegen mich vorhat?«
»Herr«, flüsterte Xayíde, »ich wollte, ich hätte nichts gesagt!«
»Nun sag auch alles!« rief Bastian, »und mache nicht nur
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