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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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auszustopfen.«
    »Dürfen wir mitkommen?«
    »Nein, ihr werdet jetzt eure Hausaufgaben machen, und am Wochenende fangen wir an.«
    Die Zwillinge zeigten keinen Unmut, und das freute sie. Friedfertig schlugen sie ihre Hefte auf und begannen mit ihren Arbeiten.
     
    Es war ein schöner, warmer Tag, und Leonie kannte sich in Köln nun so gut aus, dass sie den Weg zu der Gasse, die auf den passenden Namen »Unter Goldschmied« hörte, alleine zurücklegen konnte. Es war so weit auch nicht. Der junge Altenberger empfing sie jedoch ungewohnt misslaunig, als sie nach seinem Vater fragte, und verwies sie kurz angebunden an den Anbau hinten im Hof, wo der Alte seine Wohnung und seine Werkstatt hatte.

    »Guten Tag, Hanno. Wie geht es Ihnen?«, grüßte sie fröhlich in die offene Tür der Werkstatt hinein.
    »Ach, Frau Leonie. Kommen Sie herein.«
    Sie folgte der Aufforderung, aber auch hier erkannte sie auf den ersten Blick, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
    »Ist etwas geschehen, Hanno? Sie sehen so sorgenvoll aus.«
    »Gottchen, ja. Aber setzen Sie sich erst einmal.«
    »Ich will nicht stören, Hanno. Ich hoffe nur, Sie erfreuen sich alle guter Gesundheit.«
    »Ja, danke. Das ist es nicht. Was kann ich denn für Sie tun? Sie haben wieder so eine große Tasche dabei. Womit soll die gefüllt werden? Mit Perlen und Rubinen, Saphiren und Ketten aus getriebenem Gold?«
    »Mit Zahnrädchen aus Messing und zierlichen Schräubchen.«
    Da ihr alter Freund offensichtlich noch nicht bereit war, über das Ungemach zu sprechen, das ihn grämte, wandte sie sich erst einmal dem Geschäftlichen zu und erklärte ihm, was sie vorhatte. Zu ihrer Freude bemerkte sie, wie ihn die Idee mit den Aufziehmäusen aufheiterte, und gemeinsam suchten sie das Material dafür zusammen. Dann aber trübte sich seine Miene wieder, als sie fragte: »Wo ist denn Rike? Ich vermisse ihren Krümelkuchen!«
    »Ach Gottchen, ja, die Rike!«
    »Hanno, was ist mit der Rike? Ist ihr etwas passiert?«
    »Ja, so könnte man wohl sagen.« Er versank einen Moment in bedrücktes Nachdenken, dann sah er sie an. »Sie sind ja eine verheiratete Frau, Leonie. Ich kann’s Ihnen ja sagen. Das Mädchen hat sich ins Unglück gestürzt.«
    »Erwartet sie ein Kind?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nun, das wäre auch kein so ganz schlimmes Unglück. Was hat sie getan? Dem falschen Mann Freiheiten gestattet?«
    »So sehen es ihre Eltern.«
    »Und sie selbst?«
    »Sagt, man habe ihr Gewalt angetan. Aber meine Schwiegertochter, die prüde Bohnenstange, will’s nicht glauben. Sie haben sie rausgeworfen, wollen nichts mehr mit ihr zu tun haben.«
    Leonie musste schlucken. Wenn es stimmte, was Rike sagte, dann
war sie doppelt gestraft. Was es bedeutete, wenn einer Frau Gewalt angetan wurde, war ihr beklemmend bekannt.
    »Wo ist Rike?«
    »Oben bei mir und weint sich die Augen aus dem Kopf.«
    »Darf ich zu ihr gehen? Vielleicht weiß ich eine Hilfe, Hanno.«
    »Frau Leonie, Sie sind ein Engel aus Gottes Himmel!«
    »Nein, Hanno. Nur ein mitfühlendes Weib. Sie braucht, wenn es wahr ist, Mitgefühl und nicht Schimpf und Schande.«
    »Wie wahr, wie wahr!«
     
    Leonie fand das Mädchen mit rot verweinten Augen am Fenster von Hannos kargem Schlafgemach sitzen und trostlos in den Sonnenschein starren. Sie trat hinter sie und legte ihr den Arm um die Schulter.
    Laut schluchzte sie auf und lehnte ihren Kopf an Leonies Brust.
    »Schon gut, Rike, schon gut. Und nun schnäuz dich, es nützt nichts, über vergossene Milch zu heulen. Erzähl mir lieber, was wirklich passiert ist. Und zwar ganz aufrichtig.«
    Es war eine beinahe alltägliche Geschichte - ein junges, lebenslustiges Mädchen begegnet einem jungen, charmanten Mann, man trifft sich, tauscht Küsse in der süßen Maiennacht, erlaubt sich Vertraulichkeiten. Aber dann nahm die Geschichte plötzlich eine unerwartet grausige Wendung. »Ich habe nur ein Glas Wein getrunken, ehrlich, Frau Mansel. Nur eins. Aber es muss besonders schwerer Wein gewesen sein, ich weiß gar nicht mehr, wie wir aus der Schenke gekommen sind. Und dann hat Karl mich in dieses Haus geführt. Es war dunkel da, und ich wusste nicht, wo ich war. Nur, dass es wie in der Kirche gerochen hat. Und dann …« Sie schauderte und suchte sichtlich nach Worten.
    »Hat er dir Gewalt angetan?«
    Ein heiseres Flüstern nur brachte Rike hervor: »Ja!«
    »Hast du dich nicht gewehrt?«
    »Konnte nicht. Sie haben mich festgehalten.« Schauder überflogen das

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