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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Mädchen.
    »Festgehalten? Waren denn noch andere dabei?«
    Auch Leonie schauderte es.
    »Es glaubt mir ja keiner. Es waren Dämonen dort. Mit Teufelsfratzen.
Ein Bockskopf und ein Vogel mit scharfem Schnabel und so.«
    »Die haben dich festgehalten?«
    »Ja, und dabei unheimliche Lieder gesungen.«
    »Und der Mann, der dich dorthin mitgenommen hat?«
    Rike würgte erstickt, und Leonie hatte ein Einsehen. Sie wusste nur zu gut, was der Mann getan hatte.
    »Wie bist du nach Hause gekommen, weißt du das noch?«
    Kopfschütteln. Dann: »Ich bin hier vor der Haustür wach geworden. Morgens, als der Milchmann kam. Und dann ging der Ärger los.«
    Leonie ging in dem Zimmer ein paarmal auf und ab, um ihre Gedanken zu sortieren. Die Geschichte hörte sich unwahrscheinlich an, aber sie konnte wahr sein. Unter bestimmten Voraussetzungen.
    »Rike, du hast nur ein Glas Wein getrunken, richtig?«
    »Ja, Madame.«
    »Hat der irgendwie anders geschmeckt?«
    »Ich weiß nicht. Ich bekomme nicht oft Wein. Nur zu Weihnachten den Punsch.«
    »Hast du noch irgendetwas anderes zu dir genommen, während du mit dem jungen Mann zusammen warst?«
    »Nur ein paar Bonbons.«
    »Die auch ganz normal geschmeckt haben?«
    »Sie waren sehr süß.«
    »Hat er auch von den Bonbons gegessen?«
    »Nein, die waren nur für mich, hat er gesagt.«
    »Vermutlich. Ich denke, es war ein Medikament darin, das dich so etwas wie betrunken gemacht hat. Und darum, fürchte ich, ist das, was dir widerfahren ist, leider Wirklichkeit. Beschreibe mir den Mann, Rike.«
    »Sie glauben mir tatsächlich, Frau Mansel?«
    »Ja, ich glaube dir. Beschreib den Mann.«
    »Er … nun, ich fand ihn anfangs recht hübsch. Ein bisschen mager und blass. Er hat so kräuselige, rote Haare und trägt eine Brille.«
    »Wie alt etwa?«
    »Er sagt, sechsundzwanzig.«
    »Wie war er gekleidet? Hat er über seinen Beruf gesprochen?«

    »Nein, das hat er nie!«, stellte Rike gerade mit Erstaunen fest. »Auch nicht über seine Familie.«
    »Kleidung?«
    »Na ja, korrekt, lange Hosen, Weste und Überrock.«
    »Also nicht wie ein Fabrikarbeiter.«
    »Nein, nein, eher wie ein Beamter oder Schreiber. Er hatte Tinte an den Fingern.«
    In Leonie nährte ganz allmählich ein geradezu grotesker Verdacht ihre Phantasie.
    »Er nannte sich Karl?«
    »Ja, Karl Schmitz.«
    »Wo wohnt er?«
    »Weiß ich nicht, wir haben … Gottchen, ich muss Ihnen wie die dämlichste Schlampe vorkommen.«
    »Nein, nur wie ein sehr, sehr leichtsinniges Mädchen. Erinnerst du dich noch an eine Besonderheit in seinem Aussehen?« Die letzte Bestätigung brauchte sie noch. Und bekam sie prompt.
    »Ja, da ist etwas, worüber wir anfangs sehr gelacht haben. Auf der Nase bilden ein paar Sommersprossen eine Mondsichel. Kennen Sie ihn etwa?«, fragte Rike mit plötzlich aufflackernder Intelligenz.
    »Ich hätte zumindest eine Ahnung. Nun, wir werden sehen. Was gedenkst du jetzt zu tun, Rike?«
    »Ich weiß nicht, Frau Mansel. Meine Eltern …«
    »Würde es etwas helfen, wenn ich mit ihnen rede?«
    Rike stöhnte leise.
    »Nein. Sie meinen, ich sei schuld daran. Und das bin ich ja auch. Ich hätte mich nicht betören lassen dürfen.«
    »Kluges Mädchen.«
    »Ich kann auch nicht bei Großvater bleiben. Sie sehen ja, wie eng es hier ist. Und die Eltern wohnen übern Hof.«
    »Hast du etwas gelernt, Rike?«
    »Ich hab die Schule besucht, vier Jahre lang. Dann hab ich der Mutter geholfen. Und im Laden.«
    »Gibt es Freunde oder Verwandte, die dich aufnehmen würden?«
    »Nur den Großvater. Die Eltern der Mutter …« Sie schüttelte sich, und Leonie dachte an Hannos abfällige Bemerkung über die Spießigkeit seiner Schwiegertochter. Wie es war, mit gottesfürchtigen
Heuchlern zusammenzuleben, kannte sie zur Genüge und wünschte es keiner Kreatur.
    »Es gibt da noch etwas zu bedenken, Rike.«
    »Was denn?«
    »Du könntest - mh - ein Kind empfangen haben.«
    Rike wurde fahl und schwankte.
    »Davon?«
    »Dummerweise ja. Davon.«
    Sie sank auf der Bettkante nieder und verbarg das Gesicht in den Händen.
    Leonie seufzte.
    »Auch da wird man Rat finden. Wenn es denn passiert ist. Und nun sag mir, ob du in der Lage bist, Kleider in Ordnung zu halten, Handarbeiten zu machen und feinste Wäsche zu bügeln.«
    Ungläubig und mit offenem Mund starrte Rike sie an, und Leonie zweifelte kurz an ihrer Entscheidung. Das Mädchen wirkte reichlich beschränkt.
    »Ja, Frau Mansel, das kann ich. Warum?«
    »Weil ich überlege, ob ich dich als meine

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