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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ziemlich untrügliches Erkennungszeichen, nicht wahr?«, meinte er mit einem Lächeln, aber sie blieb ernst.
    »Das ist es bestimmt - Leo? Oder Urs?«
    »Leo. Urs, mein Bruder, hatte dieselben Augen. Wir waren Zwillinge.«
    »Darum also.«
    »Darum glaubte Camilla, mich erkannt zu haben, ja. Was nur wieder zeigt, wie unvollkommen meine Maskerade ist.«
    »Camilla sah mit den Augen der Liebe.«
    »Andere sehen mit den Augen des Hasses, und die sind genauso scharfsichtig. Mit welchen Augen hast du sie durchschaut, meine Leonie?«
    Er hatte einen Arm um ihre Taille gelegt, und diesmal ließ sie sich willig an ihn ziehen.
    »Mit denen der weiblichen Neugier.« Sie konnte ein kleines Zwinkern nicht unterlassen.
    »Nur Neugier?«

    Sein Mund war plötzlich so nahe, dass sie keine Antwort mehr wagte. Stattdessen legte sie ihre Hände an seine Schultern.
    »Darf ich mich erinnern, Vielliebchen?«, flüsterte er, und sie hob ihren Kopf.
    Sein Kuss war zart zuerst, doch dann wurde er fester, fordernder und verlangend. Er weckte Wünsche in ihr, von denen sie nicht geahnt hatte, dass sie sie haben könnte. Aber dann fiel ihr wieder ein, dass es noch etwas zu beichten gab.
    »Leo!«, hauchte sie, etwas atemlos. »Ich muss dir … Es gibt in meinem Leben …«
    »Nichts, Liebes, das ich nicht schon wüsste. Nicht nur du hast meine Geheimnisse entdeckt, auch mir blieben die deinen nicht verborgen. Und glaube mir, jedes Mal, wenn ich wieder ein Stückchen mehr herausgefunden hatte, war ich schier von Schmerz überwältigt.«
    »Du weißt von Rosalie?«
    »Ja. Und ich bin der Letzte, der dich deswegen verdammt.«
    Erleichterung überflutete sie, so sehr, dass sie sich kraftlos an seine Schulter lehnen musste.
    »Es macht dir nichts aus?«
    »Liebes, es macht mir sehr viel aus, dass du so etwas hast erleiden müssen, es macht mir überhaupt nichts aus, dass du die bist, die du bist - meine tapfere Leonie.«
    »Danke.«
    Er führte sie zu dem Kanapee und setzte sich, den Arm weiter um ihre Schultern gelegt, neben sie.
    »Ich schulde dir Erklärungen, viele, und einige kann ich dir geben, aber nicht alle.«
    »Du brauchst nichts zu erklären, was du nicht willst. Ich vertraue dir, das weißt du doch.«
    »Ja, und darauf hoffe ich auch weiterhin. Aber wenn du meinen Namen schon weißt, dann hast du auch herausgefunden, dass Urs und ich an einer Expedition nach Ägypten und in den Sudan teilgenommen haben.«
    »Ja. Dabei habt ihr Camilla - oder besser Gamila - kennengelernt. Aber sag mir, die Kinder …?«
    »Das ist eine traurige und recht unrühmliche Geschichte. Urs
ging nach unserem Studium in Freiberg nach Bonn, um bei Noeggerath weiter zu studieren und zu forschen. Ich blieb bei meinen Eltern in Barsinghausen. Mein Vater ist übrigens auch ein begeisterter Geologe, Professor in Hannover.«
    »Sie leben noch, deine Eltern?«
    »Ja, und das ist auch einer der trüben Punkte dieser unseligen Maskerade. Sie dürfen nicht wissen, dass ich noch lebe. Aber zurück zu den Zwillingen. Urs lernte ein hübsches junges Mädchen kennen und begann eine Affäre mit ihr. Sie wurde schwanger, und er versprach, für sie zu sorgen. Möglicherweise hätte er sie sogar geheiratet, obwohl viele Leute die Nase gerümpft hätten. Sie kam aus kleinen Verhältnissen und hatte sich mit ihrer Schönheit und einigem Talent am Theater etabliert. Aber dann erhielten wir das Angebot, im Auftrag unseres Königs Ernst August nach Ägypten zu reisen - mein Vater hatte da vermutlich seine Finger mit in der Sache. Jedenfalls war das für uns junge Männer - wir waren gerade siebenundzwanzig geworden - eine weit größere Herausforderung als ein Forschungsauftrag in Bonn oder Geländeexplorationen am Deister.«
    »Er verließ seine Geliebte.«
    »Ja, doch mit dem festen Versprechen, sich um sie und die Kinder, die waren damals noch keine drei Jahre alt waren, zu kümmern. Er liebte die beiden von ganzem Herzen, und ich bin sicher, er hätte Cäcilia auch geheiratet, wenn nicht …«
    »Camilla?«
    »Nein, nicht Camilla. Cäcilia starb im Winter bei einer Grippeepidemie. Wir erfuhren erst im Frühjahr davon. Die Kinder waren damals in der Obhut ihrer Mutter. Urs war am Boden zerstört, doch statt nach Hause zu fahren, überredete er mich, an der Expedition Russeggers teilzunehmen. Goldsuche - Himmel, wen reizt das nicht?«
    »Natürlich.«
    »An König Mehemet Alis Hof lernten wir die Almeh Gamila kennen, und Urs verfiel ihr augenblicklich. Es war gegenseitig, und wer

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