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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ebenso untadelige Dame wie Sie selbst, Leonie, feinsinnig, elegant, charmant - die Pächter liegen ihr zu Füßen.«
    »Lasen Sie meine Gedanken?«
    »Das war nicht schwer. Nun, Sie wissen sicher, dass die Zwillinge Urs und Leo in Freiberg studierten!«
    »Ja, Leo sagte es mir.«
    »Er hat noch zwei ältere Schwestern, die inzwischen verheiratet sind. Eine mit einem Bankdirektor in Oldenburg, die andere hat bei einem Besuch der englischen Verwandtschaft einen Vicomte bezaubert und lebt jetzt in Cornwall.«
    »Und seine Eltern wissen wirklich nicht, dass er noch lebt?«
    »Sagen wir mal so, sie hoffen noch immer, er könne eines Tages
wieder auftauchen. Statt unserer Jugendstreiche sollte ich Ihnen lieber von unserem Streich in Kom Ombo erzählen.«
    »Es wäre sicher hilfreich, Ernst, wenn ich mehr über diesen Unglücksfall wüsste.«
    »Nein, das wäre es nicht. Rühren Sie nicht daran. Aber von der Maskerade sollten Sie wissen.«
    »Nun, dann erzählen Sie mir das. Sie waren demzufolge auch im Orient?«
    »Ja, das war ich vor fünf Jahren. Wir begleiteten den Sohn eines Adligen auf seiner Grande Tour, ein bärbeißiger Major und ich, weil der Vater zumindest so klug war, einzusehen, ein jüngerer Mann könne unter Umständen mehr Einfluss auf den jungen Herren haben als der sechzigjährige Offizier. Der Dienst war nicht besonders anstrengend, bis auf die Momente, in denen ich unseren Schützling aus diversen Patschen holen musste. Auf besonderen Wunsch seines Vaters bereisten wir nicht nur Paris und Rom, sondern planten auch einen Besuch der nordafrikanischen Länder, der dann in einer Nilfahrt gipfelte. Für mich war es ein unbeschreibliches Erlebnis.«
    Versonnen strich Ernst über ein Blatt, das aus einem Korb über ihm gefallen war, und fuhr dann fort: »Aber ich will mich auf das Wesentliche konzentrieren. In Algier waren wir in einem nicht sehr komfortablen Haus untergebracht, aus irgendeinem Grund waren die besseren Quartiere alle belegt. Und hier sprach uns eines Morgens der Besitzer an, ein wenig aufgelöst und hilflos. Einer seiner Gäste war gestorben, irgendwelchen Kriegsverletzungen erlegen. Seine Kameraden aus der Legion würden sich um die Bestattung kümmern, aber er war ratlos, was er mit den Effekten des Toten machen sollte. Auf seine Art war der Wirt ein ehrlicher Mann. Er wusste, dass sein Gast von Geburt Deutscher war, und bat uns, seine Papiere und Besitztümer an uns zu nehmen und sie seinen Angehörigen zu überbringen.«
    »Hendryk Mansel!«
    »Eben der. Es war wenig genug, was er besaß, und von Wert war nichts darunter. Besonders aussagefähige Papiere nannte er auch nicht sein Eigen, aber wir versprachen, so weit wie möglich zu sehen, ob wir eine Spur von seiner Familie finden könnten. Dann reisten wir weiter, und als wir in Kom Ombo, unserem südlichsten Ziel, Halt
machten, hatte ich ein unerwartetes Erlebnis. Ich unterhielt mich gerade mit einem Edelsteinverkäufer, der meiner Meinung nach ein paar schöne Rubine anzubieten hatte, die ich eingehend prüfen wollte, als ein Mann in den winzigen Laden trat, dessen Erscheinung mir vertraut vorkam. Natürlich war mir bekannt, dass die Flemmings die Russegger-Expedition mitgemacht hatten und nicht zurückgekehrt waren. Es hatte mich zutiefst getroffen. Und nun stand hier ein Mann, zwar mit einer Klappe auf dem Auge und einem bärtigen Gesicht, aber den Zwillingen ungemein ähnlich, direkt vor mir. Ich wollte gerade Leo!, Urs! ausrufen, als er mich mit einem dermaßen abweisenden Blick maß, dass mir die Worte im Hals stecken blieben.
    Der Edelsteinhändler sprach ihn dann auch mit Mr. George an und ließ sich von ihm drei erstaunlich große Smaragde zeigen. Die beiden feilschten hart, und mehr und mehr erkannte ich an Stimme und Diktion, das mich mein erster Eindruck nicht getäuscht hatte. Ich blieb also, bis die Transaktion abgeschlossen war. Jener George tat dann auch etwas völlig Unerwartetes. Er nahm eine der Versteinerungen, die auch zu dem Angebot des Händlers gehörten, so eine Art Schnecke.«
    »Einen Ammoniten.«
    »Richtig. Er kostete einen Bettel, er kaufte ihn und schob ihn zu mir hin. »Eine Erinnerung an Kom Ombo, mein Herr«, sagte er und empfahl mir dann, das Schloss der Lady Frances zu besichtigen, einer Engländerin, die sich über Besuch aus Europa immer freuen würde. Dann war er aus dem Laden verschwunden, hinkend und mit steifen Bewegungen seiner Schultern.
    Ich war erschüttert, ihn in einem derartigen Zustand zu

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