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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ihm die mustergültigste Gattin sein, die er sich nur wünschen konnte. Auch in Boudoir und Bett. Versonnen drehte sie den Smaragdring an ihrem linken Ringfinger. Sie hatte ihn am Morgen nach seiner Abreise in einem Kästchen gefunden, das vermutlich Ursel oder Rike in seinem Auftrag zwischen ihre Haarbürsten und Puderdöschen gelegt hatte. Das Zettelchen darin lautete: »Ich denke immer an Dich, Vielgeliebte. Und ich hoffe, Du tust es mir gleich, wenn Du ihn betrachtest. Dein dich liebender Gatte Leo Flemming.«
    Ja, sie dachte an ihn.
    Und sorgte sich.
    Und sehnte sich danach, über ihn sprechen zu können.
    Da Wünsche, wenn sie besonders innig geäußert werden, immer in Erfüllung gehen, wurde ihr kurz darauf Leutnant von Benningsen gemeldet. Leonie räumte ihre Arbeit in den Korb und lief ins Wohnzimmer hinunter.
    »Leonie, Sie sehen so hübsch aus!«, begrüßte Ernst sie und reichte ihr einen Korb mit Chrysanthemen. »Haben Sie gute Nachrichten?«
    »Nein, leider keine, Ernst.«
    »Dann hatten Sie wenigstens hübsche Gedanken!«
    Sie versuchte, ihre rosigen Wangen in den Blumen zu verstecken, aber der Leutnant lachte nur leise.

    »Ich hatte es ja schon befürchtet. Mein Freund ist ein glücklicher Mann.«
    »Er ist weit weg.«
    »Ja, ich weiß. Und ich komme, um Sie aufzumuntern. Wollen wir etwas unternehmen? Eine Ausstellung besuchen, ein Konzert? Oder irgendwo Tee trinken gehen?«
    »Nein, Ernst, lieber nicht. Aber ich werde Sie weder dürsten noch hungern lassen. Jette hat ihren berühmten Rosinenkuchen gebacken, und eine neue Teesorte habe ich vorgestern auch erstanden.«
    »Ich werde mich nicht mit aller Gewalt gegen eine solche Einladung wehren. Im Wintergarten?«
    Leonie nickte freundlich.
    »Sie kennen meine Lieblingsplätze.«
    Sie trieben oberflächliche Konversation, bis der Tee serviert war und sie ungestört blieben. Im Wintergarten war es warm und hell, und inzwischen brachen auch wieder einige Sonnenstrahlen durch das graue Gewölk. Auch wenn der Garten nun wenig ansehnlich war, Grünpflanzen auf den Simsen und Farne auf weißen Säulen, Orchideen in den hängenden Körben und Azaleen in tiefen Schalen schufen eine beinahe exotische Atmosphäre.
    »Es tut mir leid, dass ich nicht schon früher vorbeischauen konnte, Leonie. Aber nach den Herbstmanövern ist immer viel zu tun. Mein Dienstplan war randvoll ausgefüllt mit Appellen und Inspektionen, Berichten und Besprechungen.«
    »Das verstehe ich doch. Sie haben von Mansels Missgeschick gehört?«
    Ernst sah sie lange an.
    »Leo hinterließ mir eine kurze Nachricht.«
    »Oh, gut. Oh wie gut. Ist es nicht albern, Ernst - seit ich es weiß, drängt es mich so sehr, seinen Namen auszusprechen.«
    »Das ist nicht albern, Leonie. Sie haben es von Anfang an nicht leicht mit ihm gehabt, und ich muss gestehen, ich habe ihm damals sehr übel genommen, dass er Sie unter falschen Vorspiegelungen geheiratet hat. Er hätte beinahe unsere Freundschaft aufs Spiel gesetzt.«
    »Nur das nicht, Ernst. Es ist ja alles gut geworden.«
    »Sie sind ja auch eine erstaunliche Frau, Leonie. Leo wollte es
nicht sehen, ich weiß, er hat mit Gewalt die Augen davor verschlossen. Aber Ihre beharrliche Liebenswürdigkeit, Ihr Verständnis und Vertrauen haben gewonnen.«
    »Vielleicht. Sie kennen einander schon sehr lange. Dürfen Sie mit mir darüber sprechen?«
    »Natürlich. Welche Jugendstreiche möchten Sie wissen?«
    Leonie lachte auf.
    »Nun ja, diese schaurige Geschichte mit der Heidentaufe am Deister hat er im Sommer schon erzählt, allerdings ohne Namen zu nennen. Sie waren dabei, nicht wahr?«
    Mit einer Fingerspitze berührte der Leutnant die Brandnarbe auf seiner Wange.
    »Ja. Aber das war eine hässliche Sache, Leonie, ein Streich, der sich zu einer bedrohlichen Situation auswuchs. Ich verdanke Leo und Urs meine heile Haut. Ohne sein Eingreifen wäre ich damals buchstäblich über den Deister gegangen.«
    »Sie lebten in enger Nachbarschaft, nehme ich an.«
    »Ja, Laurens Flemming hatte das Nachbargut erworben, als er Olivia Carmichael heiratete, und meine Eltern freundeten sich bald mit ihnen an. Leos Vater ist allerdings nicht eigentlich ein Gutsherr, er ist Wissenschaftler mit Leib und Seele und machte seinen Weg in der akademischen Welt. Olivia leitet de facto das Gut.«
    Leonie hatte augenblicklich das Bild einer stämmigen Landfrau vor sich, und Ernst grinste.
    »Glauben Sie nur nicht, man würde sie für eine derbe Bäuerin halten können. Sie ist eine

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