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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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sehen, und machte mich schnellstmöglich auf die Suche nach Informationen über besagte Lady. Denn mit dem Stein hatte er mir bestätigt, was ich wissen wollte.«
    »Sie fanden einen solchen auf der Heidentaufe, das erzählte er.«
    »Genau das war die Anspielung. Welcher der Zwillinge er war, wusste ich natürlich noch nicht, aber das fand ich drei Tage später heraus, denn die Lady war eine Legende in jener Gegend. Sie zu finden war nicht schwer, und als ich eintraf, war mein Besuch schon angekündigt.
Leo berichtete mir, was bei der Expedition geschehen war und dass er unter falschem Namen nach Hause zurückkehren wollte, weil er sich unbedingt um die Kinder von Urs kümmern wollte. Meine Idee war es, dazu die Papiere dieses Söldners zu verwenden, und wir bauten darum eine einigermaßen belastbare Biographie auf.«
    »Sie sind ihm ein guter Freund, Ernst. Ich bin froh, dass er Sie getroffen hat.«
    »Oh, er hätte seinen Weg auch alleine gemacht. Er hatte Glück im Unglück, diese aufgelassene Mine zu finden. Ihm fiel ein Vermögen an Edelsteinen in den Schoß, und, Leonie, mit Geld kann man eine Menge erreichen.«
    »Und nun verfolgt er Urs’ Mörder. Er weiß, wer er ist und wo er ist. Es macht mich wahnsinnig, Ernst.«
    »Nein, Leonie, das tut es nicht. Sie sind weit entfernt vom Wahnsinn. Aber jener Mann hat die Grenze dazu überschritten. Leo weiß jedoch, wie er ihn einschätzen muss, darum müssen wir es ihm überlassen, das Tempo vorzugeben und die nächsten Schritte zu planen. Er ist der Lösung sehr nahe, das Schlimmste wäre, wenn wir ihm jetzt in die Quere kämen. Haben Sie Vertrauen zu ihm.«
    »Habe ich nicht, seit ich ihn kenne, Vertrauen zu ihm?«
    »Verzeihung. Ja, das haben Sie. Ich hoffe, seine Eltern haben auch etwas Vertrauen, denn in Assiut haben wir auch ausgemacht, ich würde ihnen von Nachforschungen berichten, die zwar Urs’ Tod bestätigten - ein bedauerlicher Unfall mit Einheimischen -, aber auch, dass Leo geflohen und von der Expeditionsleitung als verschollen gemeldet worden ist. Ich habe bei meiner Reise Gerüchte gehört, ein Mann seines Aussehens habe auf eigene Faust Explorationen im Goldland vorgenommen. Wie weit die Hoffnung reicht, weiß ich nicht. Sie werden sich selbstverständlich Gedanken darüber machen, dass er ihnen so gar keine Nachricht zukommen lässt. Aber sie werden auch nicht vollends erschüttert sein und ihn für einen von den Toten Auferstandenen halten, wenn er wieder auftaucht.«
    Leonie hört die Haustür zugehen und die ausgelassenen Stimmen der Kinder im Treppenhaus.
    »Von den Zwillingen wissen seine Eltern nichts, es war Urs’ Mesalliance.
Aber sie werden sie in ihre Herzen schließen, wenn sie sie kennenlernen.«
    »Das werden sie bestimmt. Nun, eben waren die Kinder mit Sven rudern«, erklärte Leonie lächelnd. »Vielleicht schmollen sie jetzt nicht mehr so arg mit mir.«
    »Warum schmollen?«
    »Weil ich sie streng beaufsichtige, seit ich von dem Anschlag weiß.«
    »Sie haben Schlimmeres in ihrem Leben erfahren. Und für das Wochenende denke ich mir eine Unterhaltung für sie aus, einverstanden?«
    »Nehmen Sie Lennard mit in den Boxklub.«
    Ernst lachte auf.
    »Himmel, was sind Sie für eine verständige Frau! Ich hole ihn morgen Nachmittag ab. Und am Wochenende werden wir alle gemeinsam einen Ausflug machen.«
     
    Der Abend verlief zum ersten Mal seit Leos Abreise in gelösterer Stimmung, und in der Nacht betrat Leonie die Schrankkammer, um die Briefe von Lady Frances zu lesen. Was sie zwischen den Zeilen fand, drehte ihr gelegentlich das Herz im Leib um. Leo musste in einem furchtbaren Zustand zu ihr gekommen sein.
    Mit ihrer Sehnsucht nach ihm schlief sie ein und träumte von ihm.

Lünings Bestrafung
    KEIN TOTER KAM AUS SEINER GRUFT GESTIEGEN,
UND FEST VERTRAUT ICH AUF DEN GÖTTERSCHWUR.
    Schiller: Resignation
     
     
     
    In dem Kellergewölbe war es fast dunkel, nur das kleine Licht auf dem Altar brannte und ließ die goldene, aufgerichtete Kobra fast lebendig erscheinen. Die Mitglieder des Ordens waren gegangen, nur Fra Chnum kniete noch vor dem Herrn des Chaos. Die Widdermaske hatte er abgenommen, aber seine Finger spielten mit dem Amulett, das ihm bisher so viel Erfolg beschert hatte.
    Ungebrochenen Erfolg, bis jetzt. Er hatte herausgefunden, was er wissen wollte, war einige Tage erstaunt darüber gewesen, dass wirklich ein Totgeglaubter aus seiner tiefen Höhle entkommen war. Vermutlich sann er auf Rache, aber das focht ihn nicht an.

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