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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Leonie sich gegen Abend gut gelaunt von ihrer neuen Freundin.

Weihnachten 1842
    WO (IN DER FAMILIE) GAR KEINE SYMPATHIE
IN DER DENKUNGSART IST,
WO GAR KEINE EINIGKEIT UND FREUNDSCHAFT HERRSCHEN,
DA LASSE MAN SICH DOCH LIEBER UNGEPLAGT,
BETRAGE SICH HÖFLICH GEGENEINANDER, WÄHLE SICH
ABER FREUNDE NACH SEINEM HERZEN.
    Freiherr von Knigge: Von dem Umgange unter Eltern,
Kindern und Blutsfreunden
     
     
    Es hatte gefroren, aber nicht geschneit, weshalb die Kutschfahrt nach Bonn zwar holperig war, aber nicht zu unangenehm. Aufgeweichte Wege, in denen man stecken blieb, wären bei Weitem ein größeres Ungemach gewesen als das Rumpeln durch die vereisten Fahrspuren. Unter ihren Füßen hatten sie in Flanell eingewickelte heiße Steine, Pelzdecken lagen über ihren Knien, und seine Gattin ihm gegenüber hatte die Hände in dem flauschigen weißen Muff verborgen, den er ihr geschenkt hatte. Sie war überrascht und gerührt gewesen, aber noch mehr hatten die Kinder sich über die Geschenke gefreut, die sie ihnen gemacht hatten. Leonora hatte Kleider für sie gekauft, solide, aber auch hübsche Sachen, die besser aussahen als die tristen Dienstbotengewänder, die sie bisher getragen hatten. Sie hatten sich erfreut bedankt, vollends überwältigt aber waren sie von den Gaben, die er ihnen überreichte - einen bunten Atlas mit Bildern von Tieren, Menschen und Landschaften aus aller Welt und einen kleinen Sammelkasten mit einigen Mineralien und Fossilien darin.
    Und die Krönung, das musste er zugeben, war Leonoras Überraschung - zwei gleich aussehende Plüschbären, einer als Mädchen, der andere als Junge gekleidet.
    Die Dienstboten hatten frei an diesem Tag, und noch einmal waren Ursel und Lennard überrascht, dass er sie nicht auf ihr Zimmer schickte, sondern sie bat, sich mit ihm und Leonora zu einem ernsten Gespräch im Wohnzimmer einzufinden. Dort hatte er ihnen erklärt, es würde sich ab jetzt einiges für sie ändern. Zwar sollten sie
weiterhin ihren häuslichen Pflichten nachkommen und ihre Lektionen erhalten, aber darüber hinaus würden sie nun als Mitglieder der Familie gelten und an Tagen, an denen keine Gäste erwartet wurden, an den gemeinsamen Mahlzeiten teilnehmen. Ihr Erstaunen darüber war selbstredend groß. Als Grund für diese Entscheidung gab er ihnen an, es sei nun endgültig geklärt, dass sie die leiblichen Abkommen eines entfernten Verwandten seien, der durch einen tragischen Unfall ums Leben gekommen sei, bevor er ihre Mutter habe heiraten können. Es habe aber wegen der Unterbringung im Waisenheim einige Schwierigkeiten gegeben, dem wahren Sachverhalt auf die Spuren zu kommen.
    Sie hatten es ohne weitere Fragen akzeptiert, genau wie Leonora, was er wohlwollend registrierte. Sie hatte sich Gedanken über die Herkunft der Kinder gemacht, das wusste er nur zu genau, und so völlig von der Hand zu weisen war der Verdacht ja auch nicht, sie könnten seine eigenen Bastarde sein.
    Später hatten sie gemeinsam den Gottesdienst in der Antoniterkirche besucht und sich dann an den kalten Speisen bedient, die Jette auf der Anrichte für sie bereitgestellt hatte. Der gestrige Heiligabend war danach sehr ruhig verlaufen, am Weihnachtstag aber stand der Besuch bei der Familie in Bonn an - die Einladung Gutermanns konnte man schlichtweg nicht ausschlagen. Großes Vergnügen erwartete sich Hendryk nicht davon, wollte aber Leonora die Festlichkeit im Kreise ihrer Lieben nicht versagen.
    Sie verhielt sich schweigsam die Fahrt über, und so vertiefte er sich in ein Magazin.
     
    Das Haus der Gutermanns war mit Tannenzweigen geschmückt und hell erleuchtet. Als sie eintrafen, waren bereits zahllose Familienangehörige versammelt, einige erkannte er von der Hochzeitsfeier her wieder, andere waren ihm fremd. Leonora, so stellte er fest, be- grüßte ihren Vater mit steifer Höflichkeit, aber ohne jede Wärme, ihre Stiefmutter etwas herzlicher und auch die anderen, offensichtlich diverse Onkel, Tanten oder Cousins aus unterschiedlichen Linien. Einzig Edith und Sven umarmte sie mit echter Herzlichkeit. Ihm selbst begegnete man mit einer gewissen, mehr oder weniger verborgenen, Neugier. Lediglich Rosalie lächelte ihn überschwänglich
an und plapperte fröhlich über die Geschenke, die sie erhalten hatte. Er musste sich von ihrer stürmischen Umarmung freimachen, um endlich dem Diener zu folgen, der ihn zu einem Raum brachte, in dem er die Reisekleidung gegen den Gesellschaftsanzug wechseln konnte.
    Da er nicht

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