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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ich stelle nur Offensichtliches fest.«
    »Nun, ich weiß nicht so recht, ob ich wirklich meine geheimsten
Wünsche in diesem Kreise offenbaren möchte«, meinte Leonie und ließ ihren Fächer kokett flattern.
    »Oder fürchten Sie nicht eher die Antwort darauf, meine Teure?«
    »Kann das Orakel mehr enttäuschen als die eintretende Wirklichkeit?«
    »Eine kluge Frage, Madame.«
    Seine blauen Augen leuchteten und verursachten ihr ein angenehmes Kribbeln unter dem Mieder.
    »Befragen denn Sie das Orakel, Herr von Crausen? Wollen Sie wissen, was das Schicksal für Sie bereithält?«
    »Nein, auch ich werde auf die Deutung der Zeichen verzichten. Das Schicksal meint es wohl mit mir.«
    »Eine erfreulich optimistische Haltung, um die Sie sicher viele Menschen beneiden.«
    »Nicht unverdient und durch Mühen erworben. Sehen Sie hier!« Er griff in seine Westentasche und zog ein dünnes Etui hervor. »Ich fand es vor geraumer Zeit auf meinen Reisen. Und seit jenem Zeitpunkt hat mich die Fortüne nicht mehr verlassen.«
    Leonie betrachtete die runde, dünne Steinscheibe neugierig. Sie war vielleicht drei Finger breit im Durchmesser und wies die opalisierende Struktur eines spiraligen Schneckenhauses auf. Am Rand war ein Loch gebohrt, damit man sie wohl auch als Anhänger an einer Kette tragen konnte.
    »Eine Versteinerung!«
    »Sehr richtig, doch eine der ganz besonderen Art. Dieses ist ein Amulett, ein Glücksbringer, man nennt es Ammonshorn. Es stammt aus Ägypten, und es heißt, es sei dem alten Gott Ammon geweiht. Es scheint, er hat noch eine gewisse Macht, der alte Herr.«
    »Ja, ich sah Abbildungen in einem Buch. Interessant, ich kannte diese Fossilien bisher unter dem Namen Schlangenstein, was sich vermutlich auch auf seine gewundene Struktur bezieht.«
    Erstaunlicherweise wirkte der Rittmeister auf ihre Bemerkung ein wenig indigniert.
    »Sie kennen sich mit Fossilien aus, Frau Mansel?«
    »Nur wenig, sehr wenig. Wissen Sie, ich habe einen Onkel, Pastor Merzenich, drüben in Königswinter, der ein leidenschaftlicher Sammler dieser Steine ist. Er kraxelt in jeder freien Minute mit Hämmerchen
und Schippe im Siebengebirge herum und sucht nach derartigen Fragmenten ausgestorbener Tiere.«
    »Du liebes bisschen, ein Pastor?«
    Sie lächelte.
    »Er ist ein vielseitig interessierter Mann. Ich habe ihn ein-, zweimal bei seinen Exkursionen begleitet und fand sie recht anstrengend.«
    »Nun, das sind solche Ausflüge auch und daher für zarte Damen auch nicht besonders geeignet.«
    »Ich war noch ein Kind, damals. Aber sagen Sie, dann haben Sie vermutlich dieses Ammonshorn auch auf Ihrer ägyptischen Expedition ins Goldland gefunden?«
    »Ganz richtig, liebe Frau Mansel, ganz richtig. Und - nun ja, wir waren vielen sehr kritischen Situationen dort ausgesetzt, aber ich bin, nachdem ich diesen Stein gefunden hatte, immer mit heiler Haut davongekommen. So etwas macht einen dann geneigt, an die schützenden Eigenschaften zu glauben, die die Einheimischen ihm nachsagen.«
    Leonie erstaunte es ein bisschen, dass ein Mann, der als tüchtiger preußischer Offizier bekannt war, einem derartigen Glauben anhing, und konnte es nicht lassen, ihn mit nur einem Hauch von Neckerei zu fragen: »Dann haben Sie vermutlich auch mit seiner Hilfe einen der sagenhaften Pharaonenschätze gefunden?«
    Es war, als gleite ein feines Zucken über sein Gesicht, und sie fragte sich, ob sie zu weit gegangen war. Aber dann lachte er auf.
    »Nein, nein, meine Teuerste. So groß ist die Macht eines hübschen Fossils nun doch wieder nicht. Und was immer sich in den Grabkammern der Pyramiden an Schätzen einst angehäuft hat, haben weit frühere Besucher schon an sich genommen. Nichtsdestotrotz hatte ich eine gute Hand beim Kauf einiger Pferde von arabischem Blut, die mir jetzt erlauben, eine sehr gedeihliche Zucht oben im Hannoverschen zu betreiben. Das ist bei Weitem mehr wert als einige staubige Tongefäße aus muffigen Gräbern.«
    Als letzte Besucherin wurde Camilla hereingeführt, und der Rittmeister entschuldigte sich bei Leonie, um sie zu begrüßen. Die Generalin nutzte die Gelegenheit, um sich an ihre Seite zu drängen, und als die schöne Ägypterin auf sie zukam, tönte sie in der Lautstärke
von gedämpftem Bühnengeflüster: »Leonora, du solltest dich nicht mit dieser - äh - Frau abgeben. Dein Gatte kann den Umgang mit ihr wirklich nicht gutheißen!«
    Die Empörung über diese Bemerkung schoss wie eine Stichflamme in Leonora hoch, und sie

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