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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wolle!«
    »Gesprochen wie ein Mann!«
    Er aß die Mandel und lächelte sie mutwillig an.
    »Wie lauten Ihre Regeln, Madame?«
    »Wann immer Sie etwas aus meiner Hand entgegennehmen, haben Sie sich zu erinnern! Ab morgen früh gilt’s, Herr Mansel.«
    Hansemann lachte und hob warnend den Finger.
    »Eine harte Zeit steht Ihnen bevor. Aber nun spielen die Musiker zum letzten Walzer des Jahres auf. En avant!«
    »Geben Sie mir die Ehre, Madame, diesen Walzer mit Ihnen zu tanzen?«
    »Mit großem Vergnügen, mein Herr!«
    Es war das erste Mal, dass sie mit ihm tanzte, ihre Hochzeitsfeier war ja rüde durch einen Erdstoß beendet worden. Ein wenig hatte sie die Befürchtung, sein schwacher Fuß könne ihn möglicherweise unbeholfen wirken lassen, aber das zerstreute sich, als sie die ersten Schritte mit ihm durch den Saal schwebte. Er tanzte hervorragend,
und sie ließ sich gehorsam und willig von ihm durch die gleitenden Drehungen führen.
    Mit einem lauten Akkord endete die Musik, und der Kapellmeister verkündete die letzte Minute vor Mitternacht. Fast alle Herren hatten ihre Taschenuhren hervorgezogen, und die Damen verfolgten den Zeiger der großen Pendeluhr, die man auf das Podium gestellt hatte.
    Dann schlug das Läutwerk zwölfmal.
    »Ein glückliches neues Jahr, Hendryk!«, sagte Leonie und legte ihrem Mann eine Hand auf die Schulter. Sie sah in sein braunes Auge und lächelte ihn an.
    »Ein glückliches neues Jahr, Leonora!«, erwiderte auch er, zögerte noch einen Moment und küsste sie dann sanft auf die Lippen.
    Sie schloss die Augen, und ohne nachzudenken führte sie ihre Hand weiter um seinen Nacken, um ihn festzuhalten. Es schien ihm genauso zu gefallen wie ihr, und der Kuss wurde zärtlicher, eindringlicher und schließlich sogar ein wenig fordernd. Gleichzeitig zog er sie fester an sich und hielt ihre Taille umfangen.
    Ein zusammengefalteter Fächer klopfte scharf auf ihre Schulter, und eine Frauenstimme flüsterte vorwurfsvoll: »Sie vergessen sich, Madame!«
    Leonie zuckte zurück, und ihr Mann ließ sie los.
    »Fanny, Sie sind eine Pedantin. Die beiden sind just ein halbes Jahr verheiratet!«, wies Hansemann seine Frau zurecht, aber Leonie hatte sich schon, über und über rot geworden, losgerissen, war aus dem Ballsaal gelaufen und hatte sich in die Damengarderobe geflüchtet.
    Wie konnte ich nur?, fragte sie sich, als sie ihr glühendes Gesicht im Spiegel betrachtete. Wie konnte ich das nur zulassen? Was muss er nur von mir denken? Was wird er daraus folgern? Gerade jetzt, gerade jetzt hatte sie angefangen, sich in Sicherheit zu wiegen. Wenn er nun ihr schändliches Geheimnis entdeckte, würde alles zusammenbrechen.
    Denn es stand ihm wirklich nichts im Wege, die Ehe aufzulösen.
    Ihr schmachvoller Makel wäre ein guter Grund dafür.

1838: Rückkehr in die Höhle
    HIER ÖFFNE SICH DIE HEIMAT DEM VERBANNTEN,
HIER ENDIGE DES DULDERS DORNENBAHN.
    Schiller: Resignation
     
     
    Fast ein Jahr hatte es gedauert, bis all seine Verletzungen verheilt wa- ren und er seine alte Form wiedererlangt hatte. Und als er sich endlich dazu bereit fühlte, machte er sich auf den beschwerlichen Weg zurück, um das zu holen, was er verloren hatte.
    Nur auf Grund seiner langen Ausbildung und verschiedener anderer Fähigkeiten fand der den schmalen Spalt wieder, den der trockene Dornbusch verdeckte. Der andere, bei Weitem bequemere Eingang zu der Höhle war wie erwartet mit Geröll und schweren Steinen verschüttet.
    Es war etwas einfacher, mit dem entsprechenden Werkzeug in den dunklen Gang zu gelangen. Eine Grubenlampe beleuchtete ihm den Weg, und schaudernd musste er immer wieder die Erinnerung zurückdrängen, wie er sich hier, blutend und halb besinnungslos vor Hunger, Durst und Schmerzen, durch die beklemmende Enge des Ganges gewunden hatte.
    Dann weitete sich die Höhle, und er befand sich in einer etwa dreieckigen Kammer. Verblüfft beleuchtete er die Wände. Das war kein natürliches Gewölbe, das waren von Menschenhand bearbeitete Felswände. Doch er mahnte sich, seine wissenschaftliche Neugier zu bezähmen und einen Schritt nach dem anderen zu tun. Sorgfältig suchte er den Boden ab, bis er die Stelle fand, an der er das Amulett versteckt hatte. Es war noch da. Leicht opaleszierend leuchtete das Spiralmuster in seiner Hand, und ein erleichterter Seufzer entrang sich ihm. Er drückte es mit Ehrfurcht an seine Stirn, dann holte er eine Silberkette aus der Tasche, fädelte sie durch das kleine Loch am Rand und

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