Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Kopf wackeln und mit dem Schwanz wedeln ließ. Ganz zum Schluss - und das war wirklich zum Quieken - hob er dann auch noch ein Bein!
     
    Es wäre fast ein vollkommener Tag gewesen, hätte Lennard sie nicht dazu gebracht, später am Abend an der Tür zur Bibliothek zu lauschen. Die Gnädige war auf einen Sprung zur Nachbarin gegangen, um sich deren nachgehende Wanduhr anzusehen, und der Leutnant war vorbeigekommen und von dem Herrn empfangen worden. Die
beiden hatten sich in besagtes Bücherzimmer zurückgezogen, und ein Kammerdiener hatte doch wohl das Recht, zu horchen, ob seine Dienste möglicherweise gefordert waren. Sie waren es nicht, aber das, worüber die beiden sprachen, ging auch sie etwas an.
    Ursel spürte, dass Lennard sie bei sich haben wollte, und schlich aus dem Boudoir, wo sie den Frisiertisch aufgeräumt hatte, nach unten.
    »Es ist wegen der Gnädigen!«, wisperte Lennard.
    Er hatte Recht. Soeben sagte der Herr mit müder Stimme: »Ernst, mein Freund, du hast dich doch tatsächlich in meine Frau verliebt, sollte man meinen!«
    »Hendryk, ich würde nie …«
    »Du vergisst, ich kenne dich schon sehr lange und sehr gut. Ich nehme es dir in keiner Weise übel, versteh’ mich nicht falsch.«
    »Gott, ja. Sie ist eine so hinreißende Frau. Du siehst es nicht in ihr, aber sie besitzt Mut und Stärke und nicht nur äußere, sondern auch große innere Schönheit und sehr viel Charakter.«
    »Ich weiß, Ernst. Ich bin nicht ganz blind. Aber ich kann mir Gefühle nicht leisten - und sie sich offenkundig auch nicht. Darum werden wir uns, wenn meine Aufgabe erledigt ist, sicher in Freundschaft trennen. Wenn du es also gut mit ihr meinst, dann nähere dich ihr jetzt schon. Du kannst sicher sein, ich werde alle mir verfügbaren Augen zudrücken.«
    »Du bist ein widerwärtig kalter Hund, Henrik.«
    »Nein, nur ein Jagdhund auf der Fährte.«
    Dann war es still geworden zwischen ihnen, und unten im Flur klappte die Haustür.
    »Die Gnädige kommt zurück. Weg hier, Lennard!«
    Sie liefen die Treppe hoch und gingen wieder ihren Pflichten nach, aber am Abend, als sie alleine in ihrer Mansarde waren, überlegten sie noch lange, was aus ihnen werden sollte, wenn sich ihre Herrschaften trennen würden.
    »Ich glaub’s aber nicht!«, war schließlich Ursels Urteil. »Er mag sie nämlich und will das nicht zeigen. Darum ist sie traurig, denn sie mag ihn auch und will das auch nicht zeigen. Aber irgendwann werden sie es schon merken.«
    »Hoffentlich. Komm, lass uns zur Maria beten. Jetzt sieht es ja keiner!«

Die Narbe
    WICHTIG IST DIE SORGFALT, WELCHE EHELEUTE
ANWENDEN MÜSSEN,
WENN SIE SICH TÄGLICH SEHEN UND ALSO MUSSE
UND GELEGENHEIT GENUG HABEN,
EINER MIT DES ANDEREN FEHLERN UND
LAUNEN BEKANNT ZU WERDEN.
    Freiherr von Knigge: Von dem Umgange unter Eheleuten
     
     
    Hendryk wollte selbstverständlich nicht in ihrer privaten Post herumwühlen, aber er suchte nach einer Rechnung über die letzte Kohlelieferung, für die er eine Mahnung erhalten hatte. Normalerweise kümmerte Leonora sich sehr gewissenhaft um die häusliche Buchhaltung und legte ihm wöchentlich die Lieferantenrechungen sortiert, aufgelistet und sorgfältig addiert vor. Diese eine mochte ihr entgangen oder unter andere Schreiben gerutscht sein. Er hätte sie lieber danach gefragt, als in den Unterlagen zu stöbern, aber sie war mit den Kindern zu irgendeinem bildenden Ausflug unterwegs, und er hatte an diesem Vormittag etwas Zeit, die fälligen Abrechnungen zu machen.
    Sie hielt ihren kleinen Sekretär sehr ordentlich, auch in ihrer privaten Korrespondenz. Beantwortete Schreiben lagen gebündelt in den Fächern, Federn akkurat aufgereiht in einem Kästchen, das Tintenfass war sauber und fest verschraubt, Siegelwachs lag daneben, feines, elfenbeinfarbenes Briefpapier ruhte in einer rotledernen Mappe. Er blätterte die losen, noch nicht beantworteten Briefe durch, fand die Rechnung jedoch nicht, aber plötzlich blieb sein Blick an seinem Namen hängen.
    Natürlich durfte sie im Briefverkehr mit ihren Freunden und Verwandten seinen Namen erwähnen, und dieses Antwortschreiben stammte offensichtlich von ihrem Onkel Sven, den er selbst kennen und schätzen gelernt hatte. Er hätte das Billet sicher auch ungelesen beiseite gelegt, wäre ihm nicht zusätzlich der Begriff Fremdenlegion aufgefallen.

    Verdammt, was wusste der Mann darüber? Er hatte einige Andeutungen gemacht, als er sie besucht hatte, das hatte er bereits gemerkt. Ganz vorsichtige

Weitere Kostenlose Bücher