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Die Ungehorsame Historischer Roman

Titel: Die Ungehorsame Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wollten auch einen Maskenball sehen und haben in fremde Fenster geguckt. Das ist fast wahr!«
    »Gut. Hoffentlich hauen sie uns nicht so fest.«
    »Ich werde nicht weinen!«, behauptete Ursel tapfer und griff die Hand ihres Bruders, als der die Tür aufschloss.
    Sie standen direkt vor dem Herrn des Hauses, als sie in den Flur traten. Er sah fürchterlich aus. So grimmig und wütend hatten sie ihn noch nie gesehen.
    »Bitte, wir haben Unfug gemacht, gnädiger Herr!«, sagte Lennard leise. »Ich war schuld. Ich habe Ursel überredet, mitzukommen, um einen Maskenball anzuschauen.«
    »Ich wollte das aber, es war meine Idee!«, fügte Ursel hinzu, gerade als die Gnädige dazukam.
    »Mehr habt ihr nicht dazu zu sagen?«, fuhr der Herr sie an, aber die Herrin legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Wir haben uns sehr große Sorgen um euch gemacht!«, sagte sie leise und sehr traurig. Das war sogar noch schlimmer als seine Wut. »Wir dachten, ihr seid wieder fortgelaufen, weil es euch bei uns nicht gefällt.«
    Ursel schniefte und schüttelte den Kopf.
    »Nein, nein, es ist doch so schön hier. Wir waren nur ungehorsam.«

    Der Herr starrte sie noch immer mit strengem Blick an, und Lennard schluckte tapfer.
    »Hauen Sie Ursel nicht, gnädiger Herr. Nur mich!«
    »Ich hätte sehr große Lust, euch beide übers Knie zu legen, aber das werde ich nicht tun. Ihr wisst offensichtlich, was ihr getan habt. Geht jetzt zu Bett, wir werden morgen darüber reden. Ihr habt Leonie, die euch sehr lieb hat, schrecklich aufgeregt. Denkt mal darüber nach!«
    In vollkommener Zerknirschung schlichen die beiden in ihr Zimmer.
    Es war die grässlichste Nacht ihres Lebens, dessen waren sie sich einig.

Begegnung
    KÖNNEN NICHT MANCHE WEIBER BESSER SCHWEIGEN
ALS IHRE MÄNNER?
ES KOMMT NUR AUF DEN GEGENSTAND DES GEHEIMNISSES AN.
    Freiherr von Knigge: Über den Umgang mit Frauenzimmern
     
     
    Ursel und Lennard hatten Geburtstag, und der einundzwanzigste März war wie geschaffen für einen Ausflug. Um sechs Uhr morgens war es zwar noch recht frisch, aber die Sonne ging strahlend über dem Fluss auf, weshalb sie mit geradezu übersprudelnder Laune zur Schiffsanlegestelle wanderten.
    Leonie freute sich, dass die beiden miteinander fröhlich schwatzen, und legte ihre Hand in die Armbeuge ihres Gatten.
    Nach der nächtlichen Eskapade der Zwillinge hatten sie sie einige Tage sehr distanziert behandelt, das war ihre Bestrafung, und sie hatte offensichtlich eine nachhaltige Wirkung gezeigt. Die Kinder waren sehr darauf bedacht, ein einwandfreies Benehmen an den Tag zu legen, und nach einer Woche hatte Leonie ihre Strenge aufgegeben und wieder angefangen, mit ihrem Zöfchen zu scherzen. Auch ihr Gatte hatte seinen angehenden Kammerherrn wieder mit einem Extrapfennig für das besonders gründliche Ausbürsten seiner Überzieher belohnt.
    Die Concordia, das Schiff der Preußisch-rheinischen Dampfschifffahrtsgesellschaft, das für die Personenbeförderung zwischen Köln und Mainz vorgesehen war, lag am Ufer, und aufgeregt hüpften die Kinder vor ihnen an Deck. Aus dem hohen Schornstein des Dampfers quoll bereits der Rauch, und die Maschinen dröhnten, doch die Schaufelräder rechts und links vom Rumpf drehten sich noch nicht. Sie betraten die lange, schmale Kajüte, in der zierliche Möbel zum Verweilen einluden, und wählten Plätze an den Fenstern. Sie waren früh und hatten noch die Wahl, doch nach ihnen fanden sich mehr und mehr Passagiere ein. Zwei Studenten, ein wenig verkatert aussehend, ein gewichtiger Geschäftsmann mit goldener Uhrenkette, dessen tickendes Anhängsel er immer wieder hervorzog,
um die Pünktlichkeit der Abfahrt zu prüfen, eine kleine Reisegruppe Engländer, die auf der Suche nach der viel besungenen Rheinromantik waren - Leonie war stolz, schon einige Gesprächsfetzen verstehen zu können -, ein sichtlich verliebtes Paar, dem die Rheinromantik gegenüber ihrer eigenen vermutlich verblassen würde, und eine Gouvernante mit zwei schüchternen Kindern am Gängelband bildeten schließlich ihre Reisegesellschaft.
    Zwar fuhr das Schiff bis Mainz, doch sie würden bereits in Bonn wieder von Bord gehen, dort war dann der Besuch des zoologischen Instituts vorgesehen, den Sven für sie organisiert hatte. Anschließend würde man sich bei Gutermanns zum Essen treffen, was leider unumgänglich war, und später mit der Kutsche zurück nach Köln reisen.
    »Wir werden unser Frühstück an Bord einnehmen«, hatte Hendryk den Kindern versprochen, die

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