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Die Ungetroesteten

Titel: Die Ungetroesteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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respektvollsten Weise, hoffe ich, daß ich Sie, Mr. Ryder, überreden kann, von Ihrem gegenwärtigen Standpunkt abzurücken. Selbstverständlich haben alle diejenigen, die Sie gleich kennenlernen werden, den allergrößten Respekt vor Ihnen und vor dem, was Sie darstellen. Aber wir glauben, daß es selbst bei Ihrem tiefen Verständnis gewisse Aspekte unserer Situation hier geben könnte, die Sie möglicherweise noch nicht voll und ganz erfaßt haben. So, da wären wir.«
    Tatsächlich hatten wir nur noch etwa zwanzig Stufen zu bewältigen, bevor wir die Straße erreichten. Während dieses letzten Stückes unseres Abstiegs schwieg Christoff. Darüber war ich erleichtert, denn seine letzten Bemerkungen hatten mich etwas geärgert. Seine Andeutungen dahingehend, daß ich die hiesigen Gegebenheiten mehr oder weniger verkannte, daß ich jemand sei, der Schlußfolgerungen zog, ohne gewisse Aspekte zu bedenken, waren fast schon eine Beleidigung. Ich dachte daran, wie ich mich seit meiner Ankunft in der Stadt – trotz meines knapp bemessenen Terminplans, trotz meiner Erschöpfung – doch gerade der Aufgabe gewidmet hatte, mich mit der hiesigen Situation vertraut zu machen. Ich erinnerte mich beispielsweise daran, wie ich mich am vergangenen Nachmittag, als ich im komfortablen Atrium des Hotels durchaus eine wohlverdiente Ruhepause hätte einlegen können, statt dessen auf den Weg in die Stadt gemacht hatte, um Eindrücke zu sammeln. Ja, je mehr ich über Christoffs Worte nachdachte, desto verärgerter wurde ich, so daß ich, als wir schließlich zum Wagen kamen und Christoff mir die Tür an der Beifahrerseite offenhielt, einstieg und dabei kaum etwas sagte.
    »Wir sind noch nicht allzu spät dran«, sagte er und setzte sich hinter das Lenkrad. »Wenn der Verkehr nicht so stark ist, sind wir ganz schnell da.«
    Als er das sagte, fielen mir auf einmal all die anderen Verpflichtungen für diesen Tag ein. Da war zum Beispiel Fiona – die mich höchstwahrscheinlich jeden Moment in ihrer Wohnung erwartete. Die Situation verlangte, das sah ich nun, eine gewisse Entschlossenheit von mir.
    Er ließ den Wagen an, und bald fuhren wir eine steile, kurvenreiche Straße hinunter. Christoff, der mit der Straße sehr vertraut zu sein schien, nahm die scharfen Biegungen sehr sicher. Je weiter wir nach unten kamen, um so weniger schwindelerregend wurden die Kurven, und die Chalets, die er erwähnt hatte, zeigten sich allmählich zu beiden Seiten der Straße, oft bedenklich dicht am Abhang. Schließlich drehte ich mich zu ihm um und sagte:
    »Mr. Christoff, ich habe mich wirklich sehr auf dieses Mittagessen mit Ihnen und Ihren Freunden gefreut. Und auch darauf, Ihren Standpunkt kennenzulernen. Aber heute morgen sind unerwartet einige Dinge dazwischengekommen, und deshalb habe ich einen sehr anstrengenden Tag vor mir. Also, eigentlich ist es sogar jetzt, wo wir hier miteinander reden...«
    »Bitte, Mr. Ryder, Sie müssen mir das gar nicht erst erklären. Wir wußten von Anfang an, wie beschäftigt Sie höchstwahrscheinlich sein würden, und alle Anwesenden werden, das dürfen Sie mir glauben, dafür Verständnis haben. Wenn Sie uns nach anderthalb Stunden, oder auch schon nach einer Stunde, verlassen, wird niemand, bitte glauben Sie mir, deswegen gekränkt sein. Das ist wirklich ein toller Haufen, die einzigen Leute in der Stadt, deren Denk- und Empfindungsvermögen bis zu einem gewissen Niveau reicht. Was auch immer sich im Anschluß an dieses Mittagessen ergeben wird, Mr. Ryder, ich bin sicher, es wird ein Vergnügen für Sie sein, die Leute kennengelernt zu haben. Viele kenne ich noch aus der Zeit, als sie jung und voller Eifer waren. Ein toller Haufen, ich kann für jeden einzelnen garantieren. Ich nehme an, sie haben sich früher als meine Schützlinge gesehen. Noch heute schauen sie zu mir auf. Aber inzwischen sind wir Kollegen, Freunde, vielleicht sogar noch mehr. Die vergangenen Jahre haben uns einander nur noch näher gebracht. Natürlich haben mich ein paar im Stich gelassen, das ist wohl unvermeidlich. Aber alle, die geblieben sind, haben standhaft zu mir gehalten. Ich bin stolz auf sie, ich liebe sie von ganzem Herzen. Sie sind die große Hoffnung dieser Stadt, wenn ich auch weiß, daß es noch eine ganze Weile dauern wird, ehe man ihnen einen gewissen Einfluß zugesteht. Ach, Mr. Ryder, gleich kommen wir an dem Chalet vorbei, von dem ich Ihnen erzählt habe. Es ist hinter dieser Biegung. Sie sehen es dann auf Ihrer Seite.«
    Er

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