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Die Ungetroesteten

Titel: Die Ungetroesteten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kazuo Ishiguro
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abend.«
    »Das ist schön. Ich freue mich schon sehr darauf.«
    »Es gibt keinen Grund, weshalb wir so etwas nicht auch in dieser Wohnung haben sollten. Und du warst so verständnisvoll wegen... wegen allem. Ich habe über alles nachgedacht. In dem Bus auf der Rückfahrt. Wir müssen das, was gewesen ist, jetzt hinter uns lassen. Wir müssen wieder anfangen, gemeinsam etwas zu unternehmen. Etwas Schönes miteinander zu unternehmen.«
    »Ja. Du hast vollkommen recht.«
    Sophie starrte eine Weile aus dem Fenster. Dann sagte sie: »Ach, das hätte ich ja beinahe vergessen. Diese Frau hat andauernd angerufen. Die ganze Zeit, als ich beim Kochen war. Miss Stratmann. Sie hat mich gefragt, ob ich wüßte, wo du wärst. Hat sie dich erreicht?«
    »Miss Stratmann? Nein. Was wollte sie denn?«
    »Es hat da wohl ein paar Mißverständnisse bei einigen deiner Termine heute gegeben. Sie war sehr höflich, hat sich andauernd für die Störungen entschuldigt. Sie meinte, sie sei sich sicher, daß du alles im Griff hättest, sie habe nur angerufen, um sich zu vergewissern, das sei alles, sie würde sich keinerlei Sorgen machen. Aber eine Viertelstunde später ging erneut das Telefon, und das war sie dann schon wieder.«
    »Tja, darüber müssen wir uns wohl keine Gedanken machen. Äh... meinte sie denn, ich müßte jetzt irgendwo anders sein, oder was?«
    »Ich weiß nicht genau, was sie gesagt hat. Sie war ja sehr nett, aber sie hat andauernd angerufen. Deswegen habe ich auch ein Blech mit Hähnchen-Torteletts zu lange im Ofen gelassen. Als sie dann das letzte Mal angerufen hat, wollte sie wissen, ob ich mich auch darauf freue. Auf diesen Empfang heute abend in der Galerie Karwinsky. Davon hast du mir gar nichts erzählt, aber sie hat es so gesagt, als ob ich auch dort erwartet werde. Also habe ich gesagt, ja, ich freue mich sehr darauf. Dann hat sie gefragt, ob sich Boris auch freue, und ich habe gesagt, ja, er freue sich auch, und dasselbe gelte für dich, wir freuen uns wirklich alle sehr darauf. Das schien sie zu beruhigen. Sie hat gesagt, sie mache sich gar keine Sorgen, sie wolle es einfach nur erwähnen, das sei alles. Ich habe den Hörer aufgelegt, und zuerst war ich ein wenig enttäuscht. Ich habe gedacht, dieser Empfang wird unserem kleinen Fest in die Quere kommen. Aber dann habe ich eingesehen, daß noch Zeit genug war, alles vorzubereiten, und daß wir dann alle hingehen und wieder zurückkommen können; wenn wir nur nicht allzulange bleiben müssen, können wir immer noch einen schönen Abend zusammen haben. Und dann habe ich gedacht, daß es auch sein Gutes hat. Es ist gut für mich und für Boris, einmal zu so einem Empfang zu gehen.« Plötzlich streckte sie die Hand nach Boris aus, der nach seinem Rundgang wieder zu uns gekommen war, und umarmte ihn stürmisch.« Du wirst schwer Eindruck machen, nicht, Boris? Die Leute werden dich gar nicht weiter stören. Du bist einfach du selbst und amüsierst dich. Du wirst schwer Eindruck machen. Und noch bevor du es dich versiehst, wird es Zeit sein, nach Hause zu gehen, und dann machen wir uns einen richtig tollen Abend, nur wir drei. Ich habe schon alles fertig, all deine Lieblingsgerichte.«
    Gelangweilt wehrte Boris die Umarmung seiner Mutter ab und ging wieder weg. Sophie beobachtete ihn lächelnd, dann drehte sie sich zu mir um und sagte:
    »Sollten wir uns nicht lieber bald auf den Weg machen? Zur Galerie Karwinsky brauchen wir von hier aus sicher eine ganze Weile.«
    »Ja«, erwiderte ich und schaute auf die Uhr. »Ja, da hast du wohl recht.« Ich wandte mich an die untersetzte Frau, die gerade wieder ins Zimmer gekommen war. »Vielleicht könntest du uns einen Rat geben«, sagte ich zu ihr. »Ich bin mir nicht sicher, mit welchem Bus wir zu dieser Galerie fahren können. Weißt du, ob bald einer fährt?«
    »Zur Galerie Karwinsky?« Die untersetzte Frau warf mir einen verächtlichen Blick zu, und nur die Anwesenheit von Boris schien sie daran zu hindern, auch noch einen sarkastischen Kommentar hinzuzufügen. Dann sagte sie: »Von hier fährt kein Bus zur Galerie Karwinsky. Ihr müßtet einen Bus zurück ins Stadtzentrum nehmen. Dann müßtet ihr vor der Bücherei auf eine Straßenbahn warten. Aber ihr kommt auf keinen Fall mehr pünktlich hin.«
    »Ach. Wie schade. Ich hatte damit gerechnet, daß man mit dem Bus hinfahren könnte.«
    Die untersetzte Frau warf mir einen weiteren abschätzigen Blick zu, dann sagte sie: »Nehmt meinen Wagen. Ich brauche ihn heute

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