Die Ungetroesteten
schaute auf und schien leicht überrascht, weil seine Frau gegangen war. Dann sah er mich gereizt an und stand auf.
»Also bitte, was wollen Sie, Mr. Ryder«, fragte er voller Überdruß.
»Meine Eltern, Mr. Hoffman. Wo sind sie? Sie haben mir versichert, daß man sich gut um sie kümmern würde. Und doch waren sie vorhin, als ich nachgeschaut habe, nicht im Publikum. Ich will jetzt gleich auf die Bühne gehen und wünsche, daß man meinen Eltern einen bequemen Platz gibt. Deshalb muß ich Sie jetzt bitten, Mr. Hoffman, mir zu antworten. Wo sind sie?«
»Ihre Eltern, Mr. Ryder.« Hoffman holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand müde durch das Haar. »Da müssen Sie Miss Stratmann fragen. Sie ist diejenige, die unmittelbar für ihr Wohlergehen verantwortlich ist. Ich habe lediglich die umfassendere Organisation der Ereignisse überwacht. Und da ich mich, wie Sie ja sehen, in der Hinsicht als völliger Versager erwiesen habe, können Sie kaum von mir erwarten, daß ich in der Lage bin, Ihre Frage zu beantworten...«
»Ja, ja, ja«, sagte ich und wurde immer ungeduldiger. »Also, wo ist Miss Stratmann?«
Hoffman seufzte und deutete über meine Schulter. Ich drehte mich um und sah, daß sich hinter mir eine Tür befand.
»Sie ist dort drin?« fragte ich streng.
Hoffman nickte, und dann taumelte er zu der verspiegelten Nische, bei der seine Frau gestanden hatte, und schaute auf sein Spiegelbild.
Ich klopfte energisch an die Tür. Als keine Antwort kam, schaute ich vorwurfsvoll zu Hoffman hinüber. Er stand jetzt über den vorstehenden Rand der Nische gebeugt. Ich wollte meine Wut schon noch weiter an ihm auslassen, als ich von innen eine Stimme hörte, die mich aufforderte hereinzukommen. Ich warf noch einen letzten Blick auf Hoffmans gekrümmte Gestalt, und dann öffnete ich die Tür.
SECHSUNDDREISSIG
Das große, moderne Büro, in dem ich mich nun befand, unterschied sich grundlegend von allem anderen, was ich bisher in dem Gebäude gesehen hatte. Es handelte sich um eine Art Anbau, augenscheinlich völlig aus Glas konstruiert. In dem Raum brannte kein Licht, und ich konnte erkennen, daß die Morgendämmerung endlich hereingebrochen war. Die weichen Strahlen des frühen Sonnenlichts zogen sich über schwankende Stapel Papier, über Aktenschränke, über Adreßbücher und Ordner, die auf den Schreibtischen verstreut lagen. Insgesamt standen drei Schreibtische in dem Büro, doch im Augenblick war außer Miss Stratmann niemand anwesend.
Sie schien beschäftigt zu sein, und es kam mir merkwürdig vor, daß sie die Lampe ausgemacht hatte, denn das bleiche Licht in dem Raum war kaum hell genug, als daß man dabei hätte lesen oder schreiben können. Ich konnte mir höchstens vorstellen, daß sie die Lampe nur für einen Moment ausgemacht hatte, um den Anblick der Sonne zu genießen, die hinter den Bäumen aufstieg. Und als ich näher kam, sah ich, daß sie einen Telefonhörer in der Hand hielt und tatsächlich mit leerem Blick aus dem riesigen Fenster schaute.
»Guten Morgen, Mr. Ryder«, sagte sie, als sie sich zu mir umdrehte. »Ich stehe Ihnen gleich zur Verfügung.« Dann sagte sie in das Telefon hinein: »Ja, in etwa fünf Minuten. Die Würstchen auch. Sie sollten mit dem Grillen innerhalb der nächsten fünf Minuten beginnen. Und das Obst. Das sollte jetzt soweit sein.«
»Miss Stratmann«, sagte ich und ging auf ihren Schreibtisch zu, »es gibt jetzt wichtigere Dinge als die Frage, wann die Würstchen gegrillt werden sollen.«
Sie schaute schnell zu mir hoch und sagte noch einmal: »Ich stehe Ihnen gleich zur Verfügung, Mr. Ryder.« Dann sprach sie wieder in das Telefon und fing an, etwas aufzuschreiben.
»Miss Stratmann«, sagte ich, und meine Stimme nahm einen harten Klang an, »ich muß Sie bitten, aufzulegen und sich anzuhören, was ich zu sagen habe.«
»Einen Moment bitte«, sagte Miss Stratmann in das Telefon. »Hier hat sich etwas ergeben, um das ich mich besser kümmern sollte. Es dauert nur einen Augenblick.« Dann legte sie schließlich auf und schaute mich an. »Also, was gibt es denn, Mr. Ryder?«
»Miss Stratmann«, sagte ich, »als wir uns kennenlernten, haben Sie mir versichert, daß Sie mich über alle Aspekte meines Aufenthaltes hier jederzeit auf dem laufenden halten würden. Daß Sie mich jederzeit meinen Terminplan und meine verschiedenen Verpflichtungen betreffend beraten würden. Ich habe geglaubt, daß ich mich auf Sie verlassen könnte. Ich bedauere sehr, sagen zu müssen,
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