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Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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an den Haaren gezogen, und am Dienstag hat sie mir mein Mittagessen weggenommen.«
    »Deine beste Freundin ist deine Mutter«, fauchte Mrs Bullingham mit zusammengebissenen Zähnen. »Sprich es mir nach, Eleanor: Meine beste Freundin ist meine Mutter .«
    »Meine beste Freundin ist meine Mutter« , wiederholte Eleanor pflichtbewusst.
    »Deine Lieblingsmusik?«
    »Die Beatles«, sagte Eleanor.
    »Chopin!«
    »Ah, ja – Chopin.«
    »Dein Lieblingsbuch?«
    »Anne in Avonlea.«
    »Hmmm«, machte Mrs Bullingham, die nie ein Buch las. »Okay, die Antwort klingt gut. Habe ich sonst noch irgendetwas vergessen?«
    Schönheitswettbewerbe machten Eleanor überhaupt keinen Spaß. Es gefiel ihr nicht, wenn sie geschminkt und ihre Haare kunstvoll frisiert wurden. Sie traf sich lieber mit den anderen Mädchen und Jungen aus dem Viertel, um mit ihnen gemeinsam loszuziehen und dann mit dreckigen Klamotten, mit aufgeschürften Ellbogen und mit Matsch im Gesicht nach Hause zu kommen. Aber das erlaubte Mrs Bullingham nicht.
    »Du bist eine junge Dame«, sagte sie zu ihrer Tochter. »Und entsprechend musst du dich auch benehmen. Es gibt mehr als vierzig verschiedene Schönheitswettbewerbe für Mädchen in deinem Alter im Staat New South Wales. Wenn wir uns darauf konzentrieren, können wir die ganze Tour machen und jeden einzelnen Wettbewerb gewinnen. Wäre das nicht herrlich? Bisher liegt der Rekord für die meisten gewonnenen Wettbewerbe in einer Saison bei sechsunddreißig. Und weißt du, wer das war?«
    »Wer?«
    »Ich!«
    Eleanor seufzte. Sie fand ja nicht nur die Wettbewerbe langweilig, sondern auch die anderen Kandidatinnen. Nicht ein einziges der Mädchen schien einen eigenen Willen zu haben. Sie wiederholten alle brav die Dinge, die ihre Mütter sagten, und sie lächelten so breit und strahlend, dass man sich fragte, warum ihre Wangen nicht platzten.
    Aber Mrs Bullingham ließ ihr keine Wahl. Wochenende für Wochenende stiegen sie ins Auto und fuhren von Broken Hill im Westen nach Newcastle im Osten, von Coffs Harbour im Norden zur Mornington Peninsula im Süden, wo Eleanor Songs vortrug, den Laufsteg auf und ab tänzelte und Trophäen gewann. Nie hatte sie die Chance, zur Geburtstagsparty einer Freundin zu gehen, weil die Partys ja immer samstags stattfanden, und das war der Tag, an dem sie vor Publikum auftreten und ihr Können zur Schau stellen musste.
    Über sechs Jahre lang ging das so, bis Eleanor kurz nach ihrem dreizehnten Geburtstag in den Anbau hinten am Haus marschierte, der extra gebaut worden war, um dort ihre Trophäen aufzubewahren. Doch nun eröffnete sie ihrer Mutter, dass die Tage der Schönheitswettbewerbe vorüber seien.
    »Sie sind vorüber, wenn ich sage, sie sind vorüber«, erwiderte Mrs Bullingham. »Und das wird erst der Fall sein, wenn du dein niedliches Äußeres verloren hast. Aber da bleiben dir noch ein paar Jahre.«
    »Tut mir leid – aber ich sage nein. Ich gehe nicht mehr hin. Ich hasse diese Schönheitswettbewerbe. Ich kann es nicht ausstehen, wie die Leute mich anschauen.«
    »Sie bewundern dich!«
    »Stimmt doch gar nicht. Es ist ein sehr unangenehmes Gefühl. Ich mag auch die Klamotten nicht. Dass es immer um Konkurrenz geht, passt mir nicht, und am allerwenigsten gefällt mir die ständige Aufmerksamkeit. Außerdem bekomme ich davon Pickel, und der Arzt sagt, das hängt mit dem ganzen Stress zusammen. Ich möchte nur, dass mich alle in Ruhe lassen.«
    Nach mehreren Auseinandersetzungen bekam Eleanor tatsächlich ihren Willen, obwohl Mrs Bullingham sie massiv unter Druck setzte. Das Make-up wurde weggeworfen, die komischen Klamotten landeten bei der Heilsarmee, und Eleanor hatte endlich Ruhe.
    Wenn mich nie wieder im Leben jemand anschaut , schrieb sie an dem Tag, als alle ihre Trophäen in Kartons verpackt und im Speicher verstaut wurden, in ihr Tagebuch, dann will ich glücklich und zufrieden alt werden .

    Nun ging sie ins Haus und schüttelte unterwegs den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Ein Teil von ihr wäre am liebsten zu der kleinen Tania Frederickson hin gerannt, um ihr zu sagen, dass auch sie sich weigern konnte, an den Schönheitswettbewerben teilzunehmen, wenn sie keine Lust hatte. Niemand würde schlecht über sie denken, nur weil sie dieses Jahr nicht Little Miss Blue Mountains oder Little Miss Woollongong war.
    Aber sie tat es nicht. Stattdessen setzte sie sich hin und las Barnabys Karte ein zweites Mal. Dann seufzte sie tief, legte die Karte weg und öffnete das Paket

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