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Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition)

Titel: Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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ja auch von der zerknitterten Haut und den dunkelroten Narben schockiert gewesen, die von direkt unter seinem rechten Auge bis zur linken Seite der Kinnpartie gingen. Auch eines seiner Ohren sah ziemlich gruselig aus, und nur über der rechten Augenbraue war eine intakte weiße Hautstelle, die ganz glatt und unversehrt schien. Obwohl er wusste, dass es unhöflich war, starrte er immer weiter, bis Charles die Zeitung sinken ließ und seinen Blick erwiderte.
    »Was ist los?«, fragte er.
    »Nichts.« Barnaby wurde rot und schaute lieber wieder aus dem Fenster.
    »Du hast mein Gesicht angeschaut.«
    Jetzt drehte Barnaby sich wieder zu ihm. Verlegen biss er sich auf die Unterlippe. »Ich wollte nur …«, begann er. »Also, ich wollte nur wissen, was passiert ist. Macht es Ihnen etwas aus, wenn ich Sie frage?«
    »Nein, das macht mir nichts aus«, sagte Charles und faltete die Zeitung zusammen. »Ehrlich gesagt – es wäre mir lieber gewesen, du hättest mich gleich direkt gefragt, statt mich so anzugaffen, als wäre ich ein wildes Tier im Zoo.« Er redete bewusst etwas lauter, damit Betty-Ann und ihre Mutter ihn ebenfalls hören konnten. Aber die beiden ignorierten ihn jetzt vollständig. Das Kind spielte irgendein Computerspiel, und die Mutter las etwas über Promis. »Und es ist interessant, dass du mich jetzt fragst, weil ich nämlich gerade das hier entdeckt habe.«
    Er schlug die Zeitung wieder auf und zeigte Barnaby ein Foto im Style-Magazin: eine wunderschöne junge Frau auf einem Laufsteg bei einer Modenschau. Die Leute im Publikum schauten sie alle total verzückt an. So hatten wahrscheinlich die Menschen in der Urzeit dreingeschaut, wenn irgendwelche Götter die Erde besuchten, um sich unter die Sterblichen zu mischen. Das Model starrte hingegen total gelangweilt ins Objektiv der Kamera.
    »Siehst du diese Frau?«, fragte Charles, und Barnaby nickte. »Du erkennst sie, nehme ich an?«
    Barnaby schüttelte den Kopf. »Nein«, murmelte er.
    »Wirklich nicht? Du bist vermutlich der einzige Mensch in diesem Zug, der sie nicht kennt. Aber du hast doch schon mal ihren Namen gehört – Eva Etheridge?«
    Barnaby zuckte die Achseln und überlegte kurz, ob er flunkern sollte. »Ist sie ein Model?«, fragte er.
    »Ist sie ein Model?« Charles lachte laut. »Sie ist zufällig eins der berühmtesten Models auf der ganzen Welt. Sie ist das Gesicht von so vielen Werbekampagnen, dass sie vermutlich die Hälfte schon wieder vergessen hat. Aber sie will natürlich nicht nur Model sein. Sie ist auch Sängerin. Und Schauspielerin. Eine Fernsehpersönlichkeit. Sie entwirft eine Kollektion Unterwäsche, speziell für andere unterernährte Frauen. Sie vertritt alle möglichen Kosmetikprodukte.« Er überlegte einen Moment, dann schüttelte er grinsend den Kopf. »Und sie ist meine Schwester. Das hätte ich fast zu erwähnen vergessen.«
    Barnaby nahm die Zeitung von Charles’ Schoß und schaute sich das Bild genauer an, weil er sehen wollte, ob eine Ähnlichkeit mit dem Mann neben ihm festzustellen war, aber man konnte ja nicht ahnen, wie er unter diesen grässlichen Narben aussah.
    »Und die beiden Personen hier …«, fuhr Charles fort und blätterte zu einer Serie kleinerer Fotos von derselben Modenschau. »Das sind meine Eltern, Edward und Edwardine Etheridge. Er ist ein wahnsinnig berühmter Designer, und sie ist eine mindestens so berühmte Fotografin.«
    »Aber die Modenschau war gestern Abend«, sagte Barnaby und deutete auf das Datum oben auf der Seite.
    »Stimmt.«
    »Und Sie sind trotzdem lieber zu Joshuas Ausstellung gegangen?«
    »Ja, klar.«
    »Waren Sie nicht eingeladen?«
    »Doch, natürlich war ich eingeladen«, sagte Charles mit einem ziemlich bitteren Lachen. »Sie laden mich jetzt immer zu solchen Veranstaltungen ein – seit ich ein bekannter Kunstkritiker bin. Aber ich gehe nie hin.«
    »Warum nicht?« Barnaby legte die Stirn in Falten.
    »Es gab eine Zeit, da hätte ich sie dringend gebraucht, aber sie waren nicht für mich da.« Charles klang nun sehr traurig. »Sie haben sich überhaupt nicht für mich interessiert, bis ich jemand war. Aber für mich ist es zu wenig, zu spät.«
    »Aber sie sind Ihre Familie«, sagte Barnaby.
    »Denk doch nur daran, was deine Familie mit dir gemacht hat«, sagte Charles, der am vergangenen Abend sowohl von Vincente als auch von Joshua Pruitt gehört hatte, welches schreckliche Ereignis sich am Mrs Macquarie’s Chair zugetragen hatte. »Du wolltest wissen, woher meine

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