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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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hätte mich gezwungen, mich im Spiegel anzusehen. Glücklicherweise konnte ich widerstehen. Stattdessen verbarg ich mein Gesicht in den Händen und fühlte das Gleiche wie beim letzten Mal. Es war unangenehm, mich anzufassen.
    Sigrid klopfte an die Tür.
    »Was machst du, Bernhard?«
    »Nichts.«
    »Dann schließ auf.«
    »Nein.«
    »Ich muss pinkeln. Beeil dich!«
    Ich antwortete nicht.
    Sigrid rüttelte an der Türklinke.
    »Bist du sauer?«
    Auch darauf gab ich keine Antwort. Das hatte sie nun davon. Ich drehte den Wasserhahn auf, um Sigrids Worte zu übertönen, aber ihre Stimme übertönte trotz allem fast alles.
    »Sei nicht kindisch, Bernhard!«
    »Ich bin nicht kindisch!«
    »Doch! Du bist unreif und kindisch. Ich habe bald keine Lust mehr, mit dir zu reden. Werde endlich erwachsen!«
    Sie hätte nichts Schlimmeres sagen können. Ich stopfte mir einen Lappen in den Mund und wusch mir achtzehn Mal die Hände in kochendheißem Wasser, während ich den Lappen in Stücke kaute. Hat schon einmal jemand darüber nachgedacht: Wenn man seine Notdurft verrichtet hat, zieht man an der Schnur, an der höchstwahrscheinlich schon vorher jemand gezogen hat, vielleicht mit Urin und Exkrementen an den Fingern. Aber das ist nicht das Schlimmste, bei weitem nicht, denn denken Sie einmal über Folgendes nach, sehr geehrte Damen und Herren: Man dreht einen Wasserhahn auf, bevor man sich die Hände säubert, aus Rücksicht sich selbst und anderen gegenüber, und anschließend sperrt man das Wasser wieder ab, indem man an demselben Hahn dreht! Der Hahn ist das schwache, das schicksalsschwangere Glied! Auf ihm befinden sich Bakterien, denn man kann sich ja nicht waschen, bevor man nicht das Wasser angestellt hat! Das ist einleuchtend! Das ist unerträglich. Man muss mit Fug und Recht wieder von vorne anfangen, immer und immer wieder, doch es nützt nichts. Wir, die Kantigen, denken an so etwas. Die Welt ist voller Schwachpunkte. Und wir, wir müssen sie vorantreiben, koste es, was es wolle, und manchmal kostet es zu viel. Dann konnte ich schließlich die Tür öffnen. Sigrid stand im Weg. Ich schob sie beiseite.
    »Willst du heute Abend Tennis spielen?«, fragte ich. »Es ist dafür sicher bis neun Uhr hell genug.«
    Sigrid sah mich nur an.
    »Wohin willst du?«
    »Auf Notto warten.«
    Ich nahm die Bahn hinunter in die Stadt und ging zum Tullinløkken, wo bereits eine große Bühne aufgebaut worden war. An der Ecke zum Hotel Savoy hatte sich schon eine ansehnliche Menschenmenge versammelt, diese Journalisten, natürlich, mit ihren Fotografen im Schlepptau, und andere Neugierige und Schaulustige, Männer wie Frauen, ja, vielleicht in erster Linie Frauen im reiferen Alter, sowie ein Dutzend Rotzbengel auf Fahrrädern, die weggejagt wurden, aber immer wieder zurückkamen, wie eine lärmende Welle. Ich betrachtete diesen Aufmarsch aus sicherem Abstand, gut hinter einem Baum verborgen. Welche Hysterie! Und dabei war es noch mindestens eine Woche hin, bis entweder die Banane, ich sprach lieber von Notto, oder das Steak im Ziel eintreffen würde. Im Fenster im zweiten Stock bekam ich kurz den dänischen Blumenbinder zu sehen, wo er Hof hielt und dem Publikum zuwinkte, als wäre er selbst zum König ernannt worden und lebte die frohen Tage eines Herrschers in Norwegens Hauptstadt, während unsere Männer sich zu dieser Zeit durch Schweden schleppten. Wie mir das alles zuwider war! Wie es allen Idealen widersprach, auf denen dieser Zweikampf aufgebaut war! Sollte er von Strangurie ereilt werden und in seinem eigenen Urin ersaufen! Ich spuckte auf den Boden. Ich schaffte es nicht einmal, die Dettweiler zu treffen, so aufgebracht war ich. Es brannte mir im Mund. Jemand drehte sich um. Ich ging schnurstracks nach Hause in den Skovveien, wo ich diese obskuren, unerträglichen Tage zubrachte. Ich aß nichts. Ich wollte dieser Verweichlichung entgehen. Ich schlief nicht. Ich wusste nicht einmal, ob Sigrid mich vermisste. Mein einziger Trost war mein letzter Ausweg: die schwarzen Drops in der Uhr, wie ein Soldat eine Giftampulle am Körper versteckt, für alle Fälle. Sie liegen übrigens immer noch dort, die Drops. Es ist mein Krieg. Ich werde ihn nicht gewinnen. Aber niemand wird mich lebendig kriegen.
    Ich wurde also auf die Folter gespannt und versuchte die Sekunden zu zählen. Unmöglich. Die Zeit stand still. Die Gerüchte dagegen liefen umher, dass es nur so rauschte ( ich halte mich hier an die sogenannten Reportagen der Zeitungen, da ich

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