Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
laut der Wettbewerbsregeln Notto nicht beistehen durfte) : Die Banane verschwand in Malmö, das Steak wurde vor Göteborg gesehen. Beide verschwanden bei Uddevalla. Das Steak wurde in einem Restaurant gesehen, wo er sich ein halbes Bier und eine Zigarre gönnte. Notto war aufgrund einer ärgerlichen Fußverletzung zurückgefallen und hielt sich bedeckt, um dem Steak nicht den Triumph zu gönnen. Trotzdem gelang es ihm, in der dritten Nacht hundert Kilometer zu gehen. Das wurde bereits als der halbe Sieg angesehen. Ich zitterte vor Freude, bis mich der Zweifel erzittern ließ. Sursum corda! Die Osloer Presse hatte sich in Østfold versammelt, am Samstag, dem 11. Juni, um die beiden Kämpfer in Empfang zu nehmen. Entlang des Weges standen die Menschen dicht an dicht. Niemand wusste, wer zuerst auftauchen würde. Es wurde leise diskutiert, einige setzten auf den einen, die anderen auf den anderen, aber niemand war sich seiner Sache sicher. Es war alles möglich. Um halb elf brach die Sonne plötzlich durch die Wolkendecke. Der Journalist eines christlichen Blattes beschrieb es als biblisch. Eine Gestalt kommt aus dem Wald heraus. Er ist fast nicht wiederzuerkennen, aber es besteht kein Zweifel, wer es ist. Es ist das Steak. Seine Augen sind vor Schlafmangel fast zugeschwollen, und sein Bart hängt in langen Strähnen in dem sonnenverbrannten Gesicht. Einige wollen einen Arzt herbeirufen, der Mann wirkt ja geisteskrank, aber das Steak weist dieses Ansinnen auf das Heftigste zurück, will ihn etwa jemand hier in der Wildnis aufhalten, damit die Banane den Sieg davonträgt? Außer Blasen hat er keine Beschwerden. Ansonsten ist das Steak bester Laune. Er wird interviewt, während er unverdrossen weitergeht.
»Notto ist ein prächtiger Kerl. Wir sind das erste Stück in Schweden zusammen gegangen.«
»Habt ihr euch gestritten?«
»Keine Sekunde lang. Wir sind die besten Freunde auf der Welt und werden es immer sein. Er ist unglaublich gut im Gehen.«
»Aber Sie liegen dennoch vor der Banane?«
»Ach ja, ich bin ja auch nicht so schlecht im Gehen.«
In Hølen nahm das Steak sich die Zeit, sich ein Päckchen Teddy zu kaufen, welche Arroganz, und dann weiterzustapfen, während der Qualm wie eine Wolke um ihn schwebte.
»Haben Sie nicht das Gefühl, dass es schlecht ist, Zigaretten zu rauchen?«
»Wie bitte?«
»Haben die keinen schlechten Einfluss auf Lunge und Herz?«
»Ich habe jeden Tag dreißig Zigaretten geraucht, und sie haben mich sehr erquickt.«
Aber wo blieb Notto ab? Wo war er? Seit Uddevalla war nichts mehr von ihm gehört oder gesehen worden. Warum war ich nicht bei ihm? Ich wiederhole, warum war ich nicht bei Notto? Warum fuhr ich nicht in dieses jämmerliche, sonnenverbrannte Østfold in dieser schicksalsträchtigen Stunde und stand ihm bei? Ich tat es nicht, weil es, wie gesagt, im Vertrag stand, unterzeichnet in Kopenhagen, bezeugt von Hartmann, dem Direktor des d’Angleterre, dass wir unseren Männern nicht folgen durften oder ihnen in irgendeiner Weise assistieren oder sie anfeuern durften. Dann kam mir zu Ohren, dass der Hoflieferant, dieser fette Stachel, sich eine Zeitlang in der Nähe der Grenze aufgehalten hatte, und dem Steak über seine Lakaien sogar Cognac und Lendenbraten gegeben hatte. Wir, die Kantigen, sind es gewohnt, unser Wort zu halten. Ein Wort muss gehalten werden und darf nicht verbogen, gedehnt, verdreht und umgekehrt werden. Wenn das Wort nicht gehalten wird, bricht alles zusammen. Oh verflucht sei manchmal unser Wesen!
Das Steak kam als Erster nach Norwegen.
Notto kam 28 Minuten nach ihm zum Vorschein. Der Abstand zwischen ihnen betrug also gut und gern drei Kilometer. Die Aufgabe erschien unlösbar. Das, was mein und Nottos Meisterstück werden sollte, lief Gefahr, in Schutt und Asche zu zerfallen und als ein Machwerk zu enden. Mein Königsgedanke ähnelte mehr und mehr einem Schwanengesang. Einen derartigen Vorsprung konnte Notto nicht mehr aufholen. Dann hätte er laufen müssen. Und wäre ich dort gewesen, ich hätte es ihm zugerufen, ganz entgegen Punkt vier: Lauf, Notto! Lauf! Oder wir mussten hoffen, dass ein Blutpfropf dem Steak ein Ende setzte. Doch ich war nicht dort. Ich wartete treu und brav am Tullinløkken. Die Bühne war mit frischem Birkenlaub und norwegischen und dänischen Flaggen dekoriert. Zwei Spielmannszüge spielten um die Wette. Und ich wartete nicht allein. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass mehr als zwanzigtausend Bürger gekommen waren, um
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