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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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schlug mir auf die Schulter.
    »Was für ein Blödsinn.«
    Ich schlug ihm auch auf die Schulter.
    »Verstehen die Dänen keinen Spaß mehr?«
    Auf dem später gedruckten Foto stehen wir lächelnd Schulter an Schulter. Diese Zeitungen habe ich schon vor langer Zeit weggeworfen. Das Lächeln ist auch nicht mehr da. Es wurde ebenfalls aus meinem Gesicht verbannt, dessen Vorderseite schon vorher hässlich genug gewesen war. Ansonsten die allerletzten Ermahnungen: Bleib im Schatten, geh morgens und abends, solange du kannst, ruhe dich aus, wenn die Sonne am höchsten steht, und nicht zuletzt, schüttle das Steak ab, versuche ihn so schnell wie möglich aus dem Blickfeld zu kriegen, lös dich von ihm und lass es um Gottes willen nicht zu, dass er dich verfolgt. Und ansonsten: Bananen und Milch! Vergiss nicht, zu essen und zu trinken. Notto nickte die ganze Zeit.
    »Hast du sonst noch Fragen?«, fragte ich schließlich.
    »Ich möchte nur zurück nach Oslo«, sagte Notto.
    Notto will nach Hause!
    Es wurde zwölf Uhr. Fanfaren, Flaggen, Feierlaune. Dann dänische Stille. Unsere Männer an der Startlinie. M. S. Hartmann, der Hoteldirektor, zur Feier des Tages in Zylinder und mit Pistole, ließ einen Schuss ertönen, und unsere Männer gingen unter ohrenbetäubendem Jubel los. Das erste Stück gingen sie Seit an Seit. Ich hatte das Meine getan. Mehr konnte ich nicht tun. Dann war Notto außer Sicht. Das Steak ging einen anderen Weg. Eine heftige, erschöpfende Einsamkeit ergriff mich. Ich war überflüssig. Ich fuhr mit dem erstbesten Schiff zurück nach Oslo. Das Gleiche tat der Däne. Er hatte die Frechheit, mir eine Flasche Champagner in meine Kabine zu schicken. Ich schickte zwei Flaschen postwendend an ihn zurück und hörte nichts mehr von ihm. Den Rest der Nacht saß ich auf der Bettkante, äußerst unruhig, und versuchte Notto vor mir zu sehen, ging er jetzt, in dem kühlen Mondlicht, oder hatte er sich in einer Scheune schlafen gelegt? Würde er es schaffen? Ich verbarg mein Gesicht in den Händen, es war, als tröstete ich einen Fremden, das Gesicht eines Fremden. Ich weinte, trampelte und heulte, alles musste raus, ich war eine Fabrik, ein atemloser Zirkus, wie ich dort saß, bis jemand eine Beschwerde schickte, wahrscheinlich der Däne, überbracht vom Steuermann selbst. Wenn ich nicht augenblicklich zur Ruhe kam, mussten sie mich in Arrest nehmen oder mich in die Schaluppe nach Horten setzen. Ja, das wurde mir in die Kabine gebracht: Champagner und Beschwerden. Ich kam zur Ruhe. Das war ich, das sah mir ähnlich, so sehe ich es heute: Ich schickte den Champagner zurück und behielt die Beschwerden.
    Am nächsten Morgen kamen wir pünktlich in Oslo an.
    Ulrik Holmsen stieg im Savoy Hotel ab, das nahe am Tullinløkken lag, und hielt dort Hof.
    Ich schlich mich an Land und fuhr hinauf nach Besserud.
    Quälende Tage. Es würde mindestens eine Woche dauern, bis Notto Oslo erreichte. Ich wusste nicht, ob ich das aushalten würde. Wie gern wäre ich selbst an seiner statt gegangen.
    Nach einem sachlichen und zielgerichteten Zusammensein mit Sigrid am selben Abend sagte sie plötzlich:
    »Du hast dich verändert, Bernhard.«
    »Wieso?«
    »Du läufst nicht mehr aufs Klo, sobald wir fertig sind.«
    Dass ich so gedankenlos sein konnte! Ich brach die goldene Regel der Kantigen, nämlich möglichst wenige Veränderungen. Veränderungen erfreuen uns nicht. Im Gegenteil, sie stellen uns in ein schlechtes Licht. Ein Leben ohne feste Regeln können wir nicht ertragen. Veränderung ist der Tod. Ich lachte.
    »Möchtest du mich lieber schnell loswerden?«
    Sigrid lachte auch.
    »Ich glaube, du denkst immer noch mehr an die Banane als an mich.«
    Sigrid drehte mir den Rücken zu.
    Ich legte ihr meine Hand auf die Schulter.
    »Habe ich dir eigentlich erzählt, dass ich von Direktor Lund zum Pathologen ernannt worden bin? Ich bin nicht mehr nur Assistenzarzt.«
    Sigrid schwieg eine ganze Weile. Dann schob sie meine Hand weg. »Pathologe? Meinst du, dass du in toten Menschen herumwühlen sollst?«
    »Das ist eine sehr angesehene Stellung und vornehme Wissenschaft.«
    »Ach was.«
    »Ach was? Ist das wirklich alles, was du dazu zu sagen hast?«
    Ich hatte gute Gründe, beleidigt zu sein.
    Sigrid drehte sich zu mir um.
    »Ich hoffe, dein Fippsfapps geht zu Grunde, so dass du ihn hinterher aufschneiden kannst.«
    Das war nicht nett gesagt, nein, ganz und gar nicht.
    Ich ging ins Bad und verschloss die Tür. Es fehlte nicht viel, und ich

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