Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
Motorrädern zum Hotel Savoy gebracht, wo eine unabhängige ärztliche Untersuchung stattfand, ausgeführt durch Dr. med. Herberitz vom Ullevål Krankenhaus und Dr. med. Røgler von Gaustad, beide hervorragende Fachleute. Nach einem Bad und einiger Pflege zeigte sich, dass beide in gutem Zustand waren, sie hatten im Großen und Ganzen nur äußere Schäden, die sich einfach behandeln ließen, wie Blasen, Kratzer, Sonnenbrand. Das Steak erlaubte sich sogar, den Journalisten, die sich auf dem Flur stapelten, zu erklären: Ich hätte eigentlich einen Tag früher hier sein können. Wenn man all die Zeit abzieht, die ich in Restaurants verbracht habe, vielleicht vier Stunden am Tag, während Notto seine Bananen gemümmelt hat, dann bin ich doch sehr zufrieden.
Eklige Zitate von Siegesherren, wie schon gesagt.
Die Männer legten sich zur Ruhe, was ihnen von den unabhängigen Ärzten verordnet worden war.
Am nächsten Morgen fand ein unangenehmes Schauspiel statt. Notto wollte sich von dem Steak in der Rezeption des Hotels Savoy verabschieden, und bei dieser Gelegenheit wollte er seinem Kumpel seinen Frack schenken.
»Der gehört jetzt dir, weil du gewonnen hast, und du kannst ihn das nächste Mal anziehen, wenn du gewinnst.«
Welch Großmut!
Doch das Steak warf nur einen kurzen Blick auf den Frack und lachte:
»Der ist doch viel zu klein für mich. Behalte du ihn nur, Notto. Aber trotzdem vielen Dank für alles.«
Dann fuhr das dänische Gefolge nach Hause, dorthin, wo sie zu Hause waren, nach Dänemark.
Diese Worte brannten, und sie brennen immer noch, sie jagen und verfolgen mich, sie holen mich ein: Der ist zu klein für mich.
Notto Fipp war auch bereit zum Aufbruch.
Ich legte ihm meine Hand auf die Schulter.
»Du kannst den Frack beim nächsten Mal …«
Er unterbrach mich.
»Es gibt kein nächstes Mal. Das war das letzte Mal.«
Notto wirkte so entschieden, dass ich ihm nicht widersprechen wollte. Dafür gab er jetzt mir den Frack. Wir gingen als Kameraden auseinander. Notto fuhr zurück nach Evje, um Arbeit in den Gruben zu suchen. Auch daran konnte ich ihn nicht hindern. Ich nahm die Bahn nach Besserud, mit dem Frack auf dem Schoß. Sigrid saß auf der Terrasse mit einem weiteren großen trockenen Martini und schlug mit dem Schläger, den sie von mir zu Weihnachten bekommen hatte, nach einer Wespe.
VESTIGIA TERRENT
Die Spuren erschrecken.
Aber ich sah sie nicht.
Außerdem lasse ich mich nicht schrecken. Ich bin zu alt dafür. Die Zukunft lasse ich in aller Ruhe auf mich zukommen. Es ist eher die Vergangenheit, mit der ich keinen Frieden schließen kann.
Direktor Lund hatte, vorausschauend wie er war, meine Laufbahn bestimmt: Ich spezialisierte mich auf die Gerichtsmedizin. Ich kann wohl ohne Übertreibung sagen, dass ich eine Kapazität auf diesem Gebiet wurde. Ich war, wie der Vorausschauende gesagt hatte, am besten bei den Toten. Die Toten sind sachlich. Aber ich möchte die Leser nicht mit gedankenlosen und für die meisten Laien abstoßenden und unangenehmen Details langweilen, die zu diesem im Grunde genommen schönen Fach gehören, der medicina forensis. Ich habe ja versprochen, mich kurz zu fassen. Doch es arbeitet noch eine andere Kraft in meinem Herzen: Ich möchte es gern aufschieben, nicht mein Ableben, sondern das, was geschehen ist. Einen Herbst und einen Winter legten wir nach der brennenden Niederlage gegen das Steak hinter uns. Sigrid und ich, wir entfernten uns langsam, aber sicher voneinander. Wir schliefen, oder lagen wach, jeder in seinem Zimmer, abgesehen von unseren festen Terminen und Verabredungen. Diese verdammten Eier brannten. Ich musste die Stiche mit eigener Hand entfernen und mich mindestens ein paar Monate von Sigrid fernhalten. Ich schob es auf die Arbeit, die all meine Kräfte kostete, und dass eine Kohabitation deshalb nutzlos war, ich war von einer temporären aspermi befallen und außerstande, Prästanz zu zeigen.
»Du bist immer noch jung«, sagte ich.
Wie tief kann man sinken, bevor man keine Luft mehr bekommt?
Tiefer.
»Wenn du es sagst«, sagte Sigrid.
Sie zog sich um, fuhr mit Tora zum Nürnberger Hof und kam spät heim.
Direktor Lund verließ uns übrigens ganz überraschend an Silvester, Schlaganfall, er wurde eines Morgens im Wintergarten gefunden, und seine Ehefrau Alma zog mit dem Sohn in eine andere Stadt. Ich ging nicht zur Beerdigung. Ich hatte die gleichen Gefühle wie damals, als Vater sich das Leben genommen hatte: Ich war frei, und niemand
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