Die universellen Lebensgesetze des friedvollen Kriegers
meine Lehre.›»
«Ja», bestätigte sie. «Kinder hören nie besonders gern auf ihre Eltern, aber sie ahmen sie auf jeden Fall nach.»
«Ich glaube nicht, daß das nur für Kinder gilt.»
«Du hast recht», erwiderte die weise Frau. «Wir alle beeinflussen uns gegenseitig durch unser Vorbild, und wir alle lernen durch Nachahmung, ob wir uns dessen bewußt sind oder nicht. Wir berühren unsere Mitmenschen mehr durch unser Leben als durch unsere Worte.
Ich wanderte einmal mit einer bewundernswerten Frau über einsame, abgelegene Straßen. Sie nannte sich ‹Pilgerin des Friedens›», fuhr sie fort, «und wanderte einfach auf gut Glück in den Tag hinein, bis ihr jemand Unterkunft gewährte, und sie fastete, bis ihr jemand etwas zu essen gab. Ihr Vorbild ermahnt uns: ‹Laß dich von deinem höchsten Licht leiten, dann wird dir noch mehr Licht geschenkt werden.› Darum geht es beim Gesetz der Integrität, lieber Wanderer. Darin mußt du dich üben.»
Das Gesetz des Handelns
Die Kunst, mitten im Leben zu stehen
Gleichgültig, was wir fühlen oder wissen,
welche Gaben oder Talente wir in uns tragen –
nur durch Handeln erwecken wir sie zum Leben.
Viele Menschen verstehen abstrakte Begriffe wie
Engagement, Mut und Liebe,
doch wir kennen nur das wirklich,
was wir tun können.
Tun führt zum Verstehen,
und durch Handeln verwandelt sich Wissen in Weisheit.
Du kannst keinen Ozean überqueren,
indem du einfach nur aufs Wasser starrst.
Rabindranath Tagore
W ir verließen das Tal wieder, kletterten eine steile kleine Anhöhe empor und standen schließlich auf der Kuppe eines Hügels, direkt über der Hütte der weisen Frau. Mein Magen knurrte. Außer einer Handvoll Beeren hatte ich seit fast zwei Tagen nichts mehr gegessen. Ausgerechnet in diesem Moment verkündete die weise Frau: «Es wird Zeit, daß wir uns stärken.»
«Komisch», wunderte ich mich. «Daran habe ich gerade gedacht...»
«Ich weiß, ich habe deinen Magen knurren gehört.» Lächelnd führte sie mich in einen von ihr angelegten Garten. Durch den Garten floß ein Bach, mit dem sie die Kräuter, Früchte und Gemüsebeete bewässerte. «Pflück dir, was du haben möchtest.»
Wir kochten einen Eintopf aus Kürbis und Kartoffeln, gewürzt mit Petersilie und noch ein paar anderen Kräutern, die ich nicht kannte. Dazu gab es einen frischen Salat. Als wir uns zum Essen hinsetzten, erzählte die weise Frau mir vom Gesetz des Handelns. «Gute Vorsätze kann man nicht essen», begann sie. «Um diese Mahlzeit zuzubereiten, mußte ich erst einmal das Land roden, den Boden umgraben und Samen in die Erde legen. Dann erst konnte ich die Früchte meiner Arbeit ernten. In dieser Welt zu leben erfordert mehr als nur Träume und gute Absichten; man muß handeln.»
Während des Essens erzählte sie mir von einer Begebenheit, die sie wahrscheinlich in einer ihrer früheren Existenzen hatte. «Der Unterschied zwischen Idee und Aktion war mir nicht immer so klar wie heute», berichtete sie. «Als junge Gelehrte in Indien habe ich einmal etwas sehr Wichtiges gelernt. Ich stammte aus einer privilegierten Familie und brachte den größten Teil meiner Zeit mit Lesen zu. Als ich einmal während einer Reise einen breiten Fluß überquerte, beschrieb ich dem Fährmann, wie ich mir mein vieles Wissen erworben hatte. Der Fährmann hörte aufmerksam zu. Nach einer Weile fragte er mich, ob ich schwimmen könne. ‹Nein›, antwortete ich. ‹Dann ist, fürchte ich, dein ganzes Wissen umsonst›, erwiderte der Fährmann. ‹Unser Boot sinkt nämlich.›»
Ich begriff, was sie mir damit sagen wollte, und wir lachten beide.
«Und was passierte dann?» fragte ich sie.
«Ich bin ertrunken», antwortete sie. «Diese Lektion werde ich nie wieder vergessen. Wir leben in einer Welt der Energie und Aktion. Es spielt keine Rolle, was du alles weißt oder wer du bist, wie viele Bücher du gelesen hast und was für Talente du besitzt. Letztlich kannst du nur durch Handeln diese inneren Möglichkeiten zum Leben erwecken. Es gibt unzählige Ideen und beeindruckende Philosophien, doch Worte sind billig, so gewählt sie auch klingen mögen. Es ist einfach, von Engagement, Mut und Liebe zu sprechen, aber verstehen wird man das alles erst, wenn man entsprechend handelt. Die Weisheit erwächst aus der Praxis.»
Ich folgte ihr ans hintere Ende des Gartens. Wir erkletterten ein paar Felsblöcke, von denen aus wir den riesigen Wald unter uns überblicken konnten.
«Vielen Menschen
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