Die unschuldige Geliebte
Geste verblüffte sie, allerdings lange
nicht so sehr wie seine lässige Frage, als er eine Aktentasche
hochhob und öffnete.
"Hast
du genug Geld?"
"Ja",
wehrte Suzy schnell ab.
Nach
seinen vorherigen Bemerkungen war seine Besorgnis Balsam für
ihre Seele, und sie beobachtete schweigend, wie er die Aktentasche
wieder zumachte und dann den Raum durchquerte, um ihre kleine
Handtasche zu holen. In seiner Hand wirkte sie richtig winzig.
"Und
vergiss nicht", warnte er sie grimmig. "Ich werde dir nicht
von der Seite weichen. Falls du gedacht hast …"
"Heißt
das, du kommst mit?"
Lucas
hatte ihr Handgelenk umfasst, und sie konnte nicht mehr klar denken.
"Warum
nicht? Schließlich bist du meine Freundin, und Peter zufolge
ertrage ich es nicht, dich aus den Augen zu lassen", meinte er
höhnisch.
Jetzt
wirkt er alles andere als besorgt, ging es ihr durch den Kopf. Er
stand so dicht vor ihr, dass ihr das Atmen schwer fiel. Automatisch
wich sie einen Schritt zurück. Sie war innerlich zerrissen, weil
ihr Verstand und ihr Körper ihr widersprüchliche Signale
übermittelten. Am liebsten hätte sie sich an einen ruhigen
Ort zurückgezogen, um sich zu sammeln. Stattdessen musste sie
mit Lucas in den Ort fahren und gute Miene zum bösen Spiel
machen.
Impulsiv
wandte sie sich an ihn, um ihn davon zu überzeugen, dass er ihr
glauben konnte, überlegte es sich jedoch anders, als sie seinen
Gesichtsausdruck sah. Also gut, wenn er sie so verachten konnte,
würde sie lernen müssen, genauso für ihn zu empfinden!
Sie befreite sich aus seinem Griff und ging zur Tür.
Lucas
verspürte die widersprüchlichsten Gefühle, während
er Suzy beobachtete. Er zweifelte nicht daran, dass er sie zu Recht
verdächtigte. Und deshalb musste er unbedingt verhindern, dass
sie zu irgendjemandem, dem sie Informationen liefern konnte, Kontakt
aufnahm. In der Hinsicht, also was seinen Job betraf, war sie seine
Feindin.
Seine
Wut auf sie und seine Bitterkeit ihr gegenüber waren allerdings
rein persönlicher Natur und auf dieser Ebene inakzeptabel, wie
er sich grimmig sagte. Außerdem gefährdeten sie
möglicherweise seine Arbeit.
Wenn
Soldaten keine Lust mehr hatten zu kämpfen, waren sie nicht mehr
nützlich. Das war einer der Gründe, warum er aus der Army
ausgeschieden war. Er hatte in zu vielen Kriegen gekämpft und zu
viele Tote gesehen. Ging es ihm nun mit seinem Job ähnlich?
Setzte Suzy Roberts ihm so zu, weil er aus irgendeinem Grund kein
guter Bodyguard mehr war? Oder war es genau umgekehrt?
Letzteres
würde es auf jeden Fall nicht sein! Eine solche Schwäche
durfte er sich nicht erlauben! Sollte er wegen einer Frau wie ihr den
Verstand verlieren? Sich nach ihr sehnen und sie so verzweifelt
begehren, dass diese Gefühle sein ganzes Leben bestimmten?
Niemals!
Dass
sie die Kinder an diesem Morgen so geschickt manipuliert hatte,
bewies, dass sein Misstrauen ihr gegenüber begründet war.
Als sie ihm vorhin mit jenem gespielt schmerzlichen Ausdruck in den
Augen angesehen hatte, war er allerdings versucht gewesen, sie in die
Arme zu nehmen und …
Und
was? Gar nichts, sagte er sich nun wütend. Absolut nichts!
"Da
ist eine Parklücke, Lucas!" rief Suzy.
"Ich
habe sie gesehen", erwiderte Lucas kurz angebunden, bevor er den
Geländewagen geschickt in die Parklücke lenkte.
Ein
trauriger Ausdruck trat in ihre Augen, und sie wandte das Gesicht ab.
Sie war wütend auf sich selbst, weil sein abweisendes Verhalten
ihr die Tränen in die Augen trieb. Schließlich wollte sie
die Tür öffnen.
"Warte",
befahl Lucas und stieg aus.
Hatte
er Angst davor, dass sie hinausspringen und versuchen könnte zu
fliehen? Suzy beobachtete, wie er um den Wagen herumging und ihr die
Tür öffnete. Als sie aussteigen wollte, umfasste er ihre
Taille und hob sie hinaus. Die Kehle war ihr wie zugeschnürt,
und sie brachte kein Wort über die Lippen, während sie vor
ihm stand.
Für
einen Außenstehenden hatte es vermutlich wie eine liebevolle
Geste ausgesehen. Doch Lucas liebte sie nicht. Er verachtete sie!
Ihr
Herz krampfte sich zusammen. Sie spürte, wie er sie betrachtete,
weigerte sich allerdings, seinen Blick zu erwidern. Schließlich
hatte sie ihren Stolz, und er sollte auf keinen Fall merken, wie ihr
zu Mute war. Als sie sich zu befreien versuchte, verstärkte er
seinen Griff. Nun sah sie ihn an.
Ärgerlich
fragte sich Lucas, was das für ein verdammtes Parfum war, das
Suzy benutzte. Der Duft beschwor unerwünschte Bilder vor seinem
geistigen Auge
Weitere Kostenlose Bücher